Fuchs | Richter Prüfinstanz Viel Mittelmaß im Private Banking: Anbietern fehlt das Alleinstellungsmerkmal

Ralf Vielhaber vom Fuchsbriefe-Verlag

Ralf Vielhaber vom Fuchsbriefe-Verlag: Er fordert vom Private Banking mehr Sinn für die Nische. Foto: Fuchsbriefe-Verlag

Wer sich lange und intensiv mit dem Markt der Private-Banking-Anbieter beschäftigt, stellt fest: Der Kunde trifft auf ein großes Einerlei und Allerlei. Nur wenige Banken machen durch ein Alleinstellungsmerkmal – dem berühmt-berüchtigten Unique Selling Point – auf sich aufmerksam.

Noch weniger Anbieter ragen damit aus dem Meer an undifferenzierten Angeboten heraus. Für den interessierten Private-Banking-Kunden ist es angesichts des breiten Angebots an Vermögensverwaltern, Privat- und Universalbanken ausgesprochen schwierig, den richtigen Finanzdienstleister zu finden.

Denn bei der Suche nach einem Partner für die eigenen Finanzen stoßen Kunden im Private Banking auf die meist immer gleichen Floskeln: ein „Höchstmaß an Unabhängigkeit“ ist beispielsweise eine von ihnen, auffindbar in beinahe jeder Imagebroschüre und auf so ziemlich jeder Webseite. Eine weitere: „Maßgeschneiderte Strategien und Anlagevorschläge“. Oder: „Das Beste aus zwei Welten“ – immer dann zu lesen, wenn eine Privatbank von einer Großbank übernommen wurde oder ein Zusammenschluss mehr oder oft weniger freiwillig stattfand.

Dann machen die Häuser aus der Not eine Tugend – aber schaffen keinen USP. Mit „dem Kunden auf Augenhöhe“, „der Kunde als Partner“ oder dem vermeintlich „sicheren Finanzplatz“ – dessen Image sich schnell mieten lässt – wird der Kunde landauf, landab, europaweit beglückt.

Um keine Kunden(-gruppen) zu verlieren, können alle Private-Banking-Anbieter alles

Phrasen sind das eine, Prägnanz das andere. An der Aufgabe, einmal das Alleinstellungsmerkmal des Hauses konkret in ein, zwei kurzen Sätzen zu benennen, scheitern viele Private-Banking-Anbieter zusätzlich rundweg. Stattdessen kommt ein Sammelsurium an Dienstleistungsangeboten, das durch seine vermeintlich besondere Kombination dann auch das Besondere des Hauses darstellen soll.

Der Umfang an Zeilen ist oft gewaltig und mit jedem Wort unspezifischer. Das ist ein sicheres Signal – der Anbieter weiß nicht, wozu er da ist und wozu der Markt gerade ihn braucht. Und: Wahrscheinlich braucht der Markt ihn auch nicht, denn Anbieter gibt es wahrhaftig genug. Eine Fülle an Mittelmaß belebt aber eben noch nicht den Wettbewerb im Private Banking. 

Natürliche Alleinstellungsmerkmale, wie beispielsweise „Fürstenbank“ zu sein und dem Kunden das fürstliche Portfolio anbieten zu können, sind von Natur aus selten. Viel schlimmer ist aber, dass der Mut zur Spezialisierung fehlt. Nur wenige Häuser fokussieren sich explizit auf spezielle Private-Banking-Dienstleistungen wie nachhaltige Beratung oder konzentrieren sich auf die Bedürfnisse einer speziellen Kundengruppe.

Dabei wäre hier sehr viel drin: für den Anbieter wie für den Kunden. Die Bankenwelt im Private Banking wird am Mut zu diesem Schritt nicht vorbeikommen. Sie sollte sich auf die alte Lebensweisheit verlassen: Weniger ist meistens mehr.


Über den Autor:

Ralf Vielhaber ist seit 2007 Geschäftsführer des Verlags Fuchsbriefe. Nach Studium der Germanistik und Geschichter volontierte er beim Weser Report in Bremen und war seit 1995 Chefredakteur und Verlagsleiter bei Fuchsbriefe. Zusammen mit Jörg Richter vom Institut für Qualitätssicherung und Prüfung von Finanzdienstleistungen (Dr. Richter | IQF) bildet er als Partner die Fuchs | Richter Prüfinstanz.

Die Fuchs | Richter Prüfinstanz hat in ihrem aktuellen Markttest TOPS 2022, der am 16. November erscheint und am 15. November auf dem Berliner Private Banking Gipfel vorgestellt wird, auch eine Analyse der Alleinstellungsmerkmale vorgenommen und dieser ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Ergebnisse des Markttests können Sie am Dienstag auch auf der Seite des private banking magazins lesen.

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