Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB) steht nach kritischen Medienberichten unter Druck. So schrieb etwa die „Wirtschaftswoche“ über „fragwürdige Geschäfte“ und einem Portfolio mit einer „wilden Mischung an Einzelbeteiligungen“. Zudem droht dem VZB das dritte Jahr in Folge mit einer Nettoverzinsung unterhalb des Rechnungszinses. In einer Stellungnahme betont das Versorgungswerk nun, „wirtschaftlich solide aufgestellt“ zu sein – und prüft rechtliche Schritte gegen einzelne Medienberichte.
Auch andere Versorgungswerke kritisieren die „pauschale Presse-Berichterstattung“. Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein führt die Berliner Probleme auf „mangelnde Risikostreuung“ zurück, die eigene Lage sei damit nicht vergleichbar. Doch wie steht es denn wirklich um deutsche Versorgungswerke?
Eine Analyse der Geschäftsberichte zeigt ein differenziertes Bild. Dafür hat die Redaktion überprüft, welche Versorgungswerke Geschäftsberichte veröffentlicht haben. Lagen Berichte vor, hat die Redaktion die Zahlen ausgewertet. So lagen etwa für das Geschäftsjahr Zahlen von bis zu 40 Versorgungswerken vor, für frühere Jahre waren es teilweise deutlich weniger. Im Fokus der Analyse: die Nettorendite. Denn mit der Nettorendite müssen die Versorgungswerke im langjährigen Mittel über dem Rechnungszins liegen, um die langfristigen Verpflichtungen bedienen zu können.
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Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB) steht nach kritischen Medienberichten unter Druck. So schrieb etwa die „Wirtschaftswoche“ über „fragwürdige Geschäfte“ und einem Portfolio mit einer „wilden Mischung an Einzelbeteiligungen“. Zudem droht dem VZB das dritte Jahr in Folge mit einer Nettoverzinsung unterhalb des Rechnungszinses. In einer Stellungnahme betont das Versorgungswerk nun, „wirtschaftlich solide aufgestellt“ zu sein – und prüft rechtliche Schritte gegen einzelne Medienberichte.
Auch andere Versorgungswerke kritisieren die „pauschale Presse-Berichterstattung“. Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein führt die Berliner Probleme auf „mangelnde Risikostreuung“ zurück, die eigene Lage sei damit nicht vergleichbar. Doch wie steht es denn wirklich um deutsche Versorgungswerke?
Eine Analyse der Geschäftsberichte zeigt ein differenziertes Bild. Dafür hat die Redaktion überprüft, welche Versorgungswerke Geschäftsberichte veröffentlicht haben. Lagen Berichte vor, hat die Redaktion die Zahlen ausgewertet. So lagen etwa für das Geschäftsjahr Zahlen von bis zu 40 Versorgungswerken vor, für frühere Jahre waren es teilweise deutlich weniger. Im Fokus der Analyse: die Nettorendite. Denn mit der Nettorendite müssen die Versorgungswerke im langjährigen Mittel über dem Rechnungszins liegen, um die langfristigen Verpflichtungen bedienen zu können.
So unterscheiden sich die Nettorenditen der Versorgungswerke
Das schon erwähnte Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin verfehlte den Rechnungszins von aktuell 3,0 Prozent mit einer Nettoverzinsung von 0,6 Prozent im Jahr 2023 nämlich deutlich – und das zweite Jahr in Folge. Das zeigt auch die untere Grafik. Auch für das Geschäftsjahr 2024 dürften Abschreibungen die Nettorenditen drücken, sodass sie wieder unter dem Rechnungszinssatz liegen – keine gute Aussicht für das Versorgungswerk und seine Mitglieder.
Doch wie sieht es aber bei anderen Versorgungswerken aus? Zumindest im Durchschnitt deutlich besser. So lagen die Nettorenditen 2023 bei etwa 2,8 Prozent – und damit höher als noch im Jahr 2022. Und doch übertrafen die Versorgungswerke ihren eigenen Rechnungszinssatz nicht immer. Ein Blick in die Geschäftsberichte der Versorgungswerke verrät nämlich: Im Schnitt liegt der Rechnungszinssatz für das Geschäftsjahr 2023 und aktuelle Anwartschaften bei etwas über 3 Prozent.
Für ältere Anwartschaften liegt der Rechnungszinssatz teilweise sogar noch deutlich höher. Die Versorgungswerke passten ihren Rechnungszinssatz schon in den vergangenen Jahren kontinuierlich an das Marktumfeld an. Schließlich hat die jahrelange Niedrigzinsphase vielen Versorgungswerken die sichere Kalkulationsgrundlage der kapitalgedeckten Altersvorsorge entzogen.
Versorgungswerke haben Rechnungszinsen meist schon abgesenkt
Das Resultat: In den letzten zehn Jahren senkten fast alle Versorgungswerke ihren Rechnungszinssatz – teilweise von über 4,0 auf heute durchschnittlich rund 3,0 Prozent. Trotzdem kam es in den vergangenen Jahren häufiger vor, dass die Nettorendite hinter dem Rechnungszinssatz zurückblieb. Das zeigt die Grafik unten, in der die durchschnittlichen Nettorenditen ins Verhältnis zum aktuell durchschnittlichen Rechnungszinssatz gesetzt wurden. Auffällig ist: Neben den schon erwähnten schwierigen Jahren 2022 und 2023 taten sich die Versorgungswerke auch in 2020 schwer, den Rechnungszinssatz zu knacken.
Die durchschnittlichen Nettorenditen der verfügbaren Geschäftsberichte zeigen aber natürlich kein vollständiges Bild der Branche. Denn allein für das Geschäftsjahr 2023 unterscheiden sich die Nettorenditen der Versorgungswerke teilweise deutlich: Während die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte in Baden-Württemberg eine Rendite von 4,4 und die Bayerische Apothekerversorgung von sogar 4,5 Prozent erzielte, kämpfte das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein im gleichen Jahr mit einem Minus von 0,15 Prozent. Damit verfehlte auch das norddeutsche Zahnärzte-Versorgungswerk den Rechnungszins deutlich.
Kein Versorgungswerk sowohl 2022 als auch 2023 im Minus
Im Jahr 2022 musste die Ingenieurversorgung Baden-Württemberg sogar eine Nettorendite von minus 5,27 Prozent verzeichnen. Abschreibungen von über 16 Millionen Euro drückten die im Vergleich eher kleine Kapitalanlage auf etwa 260 Millionen Euro. Auch das Versorgungswerk der Steuerberater in Baden-Württemberg und die Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt verfehlten mit einem Minus von 3,25 und 1,13 deutlich ihre Rechnungszinsen. Immerhin zeigt die untenstehende Grafik auch: Keines der Versorgungswerke, von denen ein Geschäftsbericht in beiden Jahren vorlag, musste auch in beiden Jahren ein Minus verzeichnen.
Dass sich die Nettorenditen so unterscheiden, zeigt auch, wie unterschiedlich die Versorgungswerke auf die Niedrigzinsphase reagierten – und wie verschieden die Anlagestrategien sind. Die Versorgungswerke, die 2023 besonders gute Ergebnisse erzielten, verfügen nicht nur über international diversifizierte Portfolios, sondern meist auch über ein aktives Risikomanagement.
Unterschiedliche Reaktionen auf Marktturbulenzen
Die Architektenversorgung Nordrhein-Westfalen, die 2023 eine Rendite von 3,66 Prozent erzielte, verteilte ihre Kapitalanlagen schwerpunktmäßig auf mehrere Anlagebereiche um, darunter Wertpapiersondervermögen, Alternative Anlagen und Immobilieninvestitionen.
Dagegen standen die Mezzanine- und Sachwerte-Investments einiger Versorgungswerke in der jüngsten Medienberichterstattung als riskante Geldanlage in der Kritik. So berichtete das „Handelsblatt“ etwa jüngst über Zahlungsfälle bei der Apotheker- und Zahnarztversorgung Schleswig-Holstein. Ungeachtet dessen reagierten die Versorgungswerke der Landesärztekammer Hessen und der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe sowie der Ärztekammer Hamburg mit Stellungnahmen auf die Medienberichte.
Alle drei wiesen darauf hin, dass sie wegen der Risiken nicht in Mezzanine-Strukturen investiert hatten. Gleichzeitig stellte das Hamburger Versorgungswerk klar, dass etwa Sachwerte durchaus sinnvoll zum Inflationsausgleich seien: „Das Versorgungswerk hat mit den Sachwerten Immobilien, Private Equity und Aktien in den letzten Jahren die höchsten Erträge erzielt.“ Verluste habe man 2022 nicht mit Sachwerten, sondern mit Anleihen erlitten. Und damit war das Hamburger Versorgungswerk sicher nicht allein.
Dass 2022 für Versorgungswerke ein schwieriges Kapitalanlagejahr war, zeigt nämlich auch die obere Grafik. Die Median-Nettorendite lag mit 2,3 Prozent deutlich unter den Werten der anderen Jahre. Auch die maximalen Verluste lagen deutlich im negativen Bereich, die Spanne zwischen unterem und oberen Quantil weitete sich deutlich aus. In 2023 normalisierte sich die Situation ein wenig – und trotzdem liegen die Nettorenditen nicht auf den Niveaus vergangener Jahre.
Jahresprognosen der Versorgungswerke fallen unterschiedlich aus
Das Berliner Versorgungswerk der Zahnärzte beantwortet die Frage „Wird 2024 besser für uns als 2023?“ in seinem Geschäftsbericht mit einem klaren „Nein“ und verweist auf den weiterhin darniederliegenden Immobilienmarkt. Doch auch andere Versorgungswerke zeigen sich aufgrund der geopolitischen Lage, der Inflation und der Situation auf den Immobilienmärkten pessimistisch.
Die Nordrheinische Ärzteversorgung prognostiziert ein schwaches Wachstum der Weltwirtschaft und anhaltende Unsicherheiten. Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe erwartet, dass die US-Wahl das Vertrauen der Anleger strapazieren wird.
Deutlich optimistischer zeigt sich die Apothekerversorgung Niedersachsen, die ihre aktuelle Situation als „ausgesprochen zufriedenstellend“ bewertet. Die Architektenversorgung Nordrhein-Westfalen geht davon aus, dass auch 2024 die gesetzten Ziele erreicht werden können. Grundlage hierfür seien die richtigen strategischen Entscheidungen und eine hohe Diversifikation der Kapitalanlage.
Neutral positioniert sich das Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg, das für 2024 vergleichsweise defensiv agiert und sich auf Anleihen guter bis sehr guter Bonität fokussiert. Allerdings bestehe die Gefahr, dass das Wachstum enttäuscht und die hohen Bewertungen gemessen am Gewinnwachstum nicht gehalten werden können.