Bei den liquiden Portfolios ist das, auch durch die bessere Datenverfügbarkeit, einfacher. Wir richten uns hier nach ESG-Ratings eines großen Ratingunternehmens und haben einen Comply or Explain-Ansatz implementiert. Grundsätzlich muss jeder Portfoliomanager in Investments mit gutem oder sehr gutem ESG-Rating investieren. Ist er der Meinung, dass er auf ein Investment nicht verzichten kann, das diese Bedingungen nicht erfüllt, dann muss er uns das erklären. Und das darf dann keine Erklärung sein, die nur zwei Sätze lang ist. Das hat im vergangenen Jahr dazu geführt, dass weniger als 5 Prozent der Neu-Investments gegen die Vorgabe verstoßen haben. Wir nehmen die Nachhaltigkeit der Anlage also...
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Bei den liquiden Portfolios ist das, auch durch die bessere Datenverfügbarkeit, einfacher. Wir richten uns hier nach ESG-Ratings eines großen Ratingunternehmens und haben einen Comply or Explain-Ansatz implementiert. Grundsätzlich muss jeder Portfoliomanager in Investments mit gutem oder sehr gutem ESG-Rating investieren. Ist er der Meinung, dass er auf ein Investment nicht verzichten kann, das diese Bedingungen nicht erfüllt, dann muss er uns das erklären. Und das darf dann keine Erklärung sein, die nur zwei Sätze lang ist. Das hat im vergangenen Jahr dazu geführt, dass weniger als 5 Prozent der Neu-Investments gegen die Vorgabe verstoßen haben. Wir nehmen die Nachhaltigkeit der Anlage also ganz konkret in die Anlageentscheidung mit rein und vermeiden so Aktien- und Unternehmensanlagen mit einem schlechten ESG-Rating.
Wie berücksichtigen Sie bei diesen Entscheidung Transformations-Technologien?
Voß: Auch das geschieht auf Basis der ESG-Daten, die wir unseren Anlagen zuordnen.
Die Daten besagen nun bald, dass Kernenergie und Gas nachhaltig sind…
Voß: Ja, das werden wir wohl so sehen. Man kann an diesem Beispiel sehen, dass es bei ESG-Ratings keine absoluten Wahrheiten gibt.
Wie steht die Nürnberger Versicherung zu Kryptowährungen?
Voß: Kryptowährungen sind für uns keine Anlageklasse. Es geht hier eher um innovative Lösungen für Themen wie Zahlungsverkehr und Kassenhaltung. Wir haben in diesem Bereich etablierte Lösungen, die gut funktionieren, bei denen es aber Druck auf die Margen geben kann. Insofern ist die Entwicklung zu begrüßen. Aber noch fehlt die Skalierbarkeit. Wir beobachten die Entwicklung.
Und wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, welche die Blockchain-Technologie bieten kann?
Voß: In der Kapitalanlage sehe ich derzeit in der Blockchain-Technologie derzeit noch kein Potenzial dafür, Probleme zu lösen, die wir heute haben. Deshalb sind wir auch hier eher Beobachter.
Und haben Sie Angst, einen Trend zu verschlafen?
Voß: Ich denke, jeder der Verantwortung trägt, hat ab und zu Sorge, ob er all seinen Verpflichtungen gerecht wird - das schärft ja auch die Aufmerksamkeit. Aber um es mal ganz diplomatisch auszudrücken: Meine größte Sorge als Kapitalanlagenvorstand ist es mit Sicherheit nicht, bei der Blockchain-Technologie, oder bei Kryptowährungen einen Trend zu verpassen. Da gibt es aktuell andere, wichtigere Themen.
Welche Felder meinen Sie, was ist ihre größte Sorge?
Voß: Eine sehr große Sorge ist sicher, dass wir, wie bereits kurz angesprochen, vor lauter Regulierung unser Geschäftsmodell nicht mehr richtig betreiben können. Das betrifft die Kapitalanlage, aber auch unser Kerngeschäft. Die Regulatorik ist an vielen Stellen überbordend geworden und die Frage ist, wieviel Nichtproduktivität wir uns auf Dauer erlauben können.
Ich denke, mit dieser Sorge bin ich in der Branche nicht allein. Dazu kommt, dass Kapitalanleger globale Entwicklungen sehr unmittelbar spüren. Wir sind schließlich in der ganzen Welt aktiv investiert. Aktuell der Krieg in der Ukraine, Inflation, Taxonomie, das alles macht mir mehr Sorgen, als bei der Blockchain-Technologie den Anschluss zu verpassen.
Sie sind seit 2006 in leitenden Funktionen bei der Nürnberger Versicherung. Sind die Sorgen in dieser Zeit mehr geworden?
Voß: Das ist schwer zu beantworten. Sorgen entstehen ja auch durch die Möglichkeit, falsche Entscheidungen zu treffen. Mir kommen Entscheidungen heute insgesamt durchdachter und sicher sehr viel besser dokumentiert als früher vor. Aber das Umfeld ist auch komplexer. Es ist also offen, ob die Entscheidungen besser geworden sind.
Sie tragen viel Verantwortung – wie planen Sie ihren Tag?
Voß: Ich versuche Aufgaben so frühzeitig wie möglich anzugehen, damit ich sie in Ruhe und mit ausreichend Nachdenken lösen kann. Wenn das gelingt, erleichtert das die Tagesplanung ungemein.
Haben Sie Hobbys oder Rituale, die ihnen bei der Strukturierung helfen?
Voß: Seit meiner Jugend bin ich Modellbauer und -flieger. Wenn ich in Ruhe mein Modellflugzeug steuern kann, bin ich entspannt und kann zumindest danach sehr offen über Dinge nachdenken.
Über den Interviewten:
Jürgen Voß seit 2006 in leitenden Funktionen in der Nürnberger Versicherung. Seit 2015 ist er Mitglied in diversen Vorstands- und Aussichtsräten des Versicherungskonzerns. Seit 2021 ist er zudem Vorsitzender des Aufsichtsrats der konzerneigenen Fürst Fugger Privatbank.