Konsequenzen für internationale Unternehmerfamilien
Die beschlossene Verschärfung wirkt sich nachteilig auf inhaberstrategische Entscheidungen zur Mobilität von Gesellschaftern aus. Gerade der Auf- und Ausbau von Geschäftsmodellen im Ausland kann einen (zeitweisen) Wegzug von operativ tätigen Gesellschaftern ins Ausland erfordern. Daneben kann es generell Sinn machen, die nächste Generation einmal im Ausland „schnuppern“ und Erfahrungen sammeln zu lassen. Und schließlich greift es in die Privatsphäre sämtlicher Gesellschafter ein, wenn sie ihren Wohnsitz nicht mehr frei wählen können, ohne erhebliche Steuernachteile zu erdulden.
Laufende Fälle...
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Konsequenzen für internationale Unternehmerfamilien
Die beschlossene Verschärfung wirkt sich nachteilig auf inhaberstrategische Entscheidungen zur Mobilität von Gesellschaftern aus. Gerade der Auf- und Ausbau von Geschäftsmodellen im Ausland kann einen (zeitweisen) Wegzug von operativ tätigen Gesellschaftern ins Ausland erfordern. Daneben kann es generell Sinn machen, die nächste Generation einmal im Ausland „schnuppern“ und Erfahrungen sammeln zu lassen. Und schließlich greift es in die Privatsphäre sämtlicher Gesellschafter ein, wenn sie ihren Wohnsitz nicht mehr frei wählen können, ohne erhebliche Steuernachteile zu erdulden.
Laufende Fälle und Handlungsempfehlung
Vor dem 31. Dezember 2021 erfolgte Wegzüge fallen noch unter die bisherige Regelung des Paragrafen 6 AStG. Bereits gewährte Stundungen für bereits erfolgte Umzüge ins europäische Ausland werden nicht berührt.
Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Anteile im Rahmen einer laufenden Stundung auf andere im Ausland lebende Personen übertragen werden (zum Beispieldurch Schenkung oder Erbfall), die ebenso die Voraussetzungen für die fortlaufende Stundung aufgrund eines Wohnsitzes in der EU/EWR erfüllen. Bisher war die weitere Übertragung kein Widerrufsgrund und die gewährte Stundung wurde vom Rechtnachfolger fortgeführt. Dies sollte für bereits nach altem Recht gewährte Stundungen so bleiben. Unter Umständen empfiehlt sich aber eine Abklärung mit der Finanzverwaltung.
Im Falle von (alten) einbringungsgeborenen Anteilen ist eine Verzahnung mit dem Umwandlungssteuergesetz bisher unterblieben. So besteht insbesondere die Gefahr, dass in diesen Fällen trotz Rückkehrabsicht eine Besteuerung nach Paragraf 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) erfolgt. Aufgrund des Zeitfensters bis zum 31. Dezember 2021 sollten betroffene Inhaber zeitnah überlegen, einen geplanten Wegzug oder die Übertragung auf im Ausland lebende Familienmitglieder vorzuziehen.
Sollte dies inhaberstrategisch nicht möglich sein, sollte man alternative Gestaltungsmöglichkeiten erwägen. Vor einem geplanten Wegzug kann sich die Übertragung des Wegzugswilligen auf Inlandsgesellschafter unter sorgfältiger Ausgestaltung eines Nießbrauchvorbehalts empfehlen. Für den nicht planbaren Erbfall sollten testamentarische Sicherheitsnetze wie aufschiebend bedingte Erwerbe zur Vermeidung eines sofortigen Übergangs auf eine im Ausland lebende Person oder die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft angedacht werden. Eine ultimative, aber auch weitreichende Entscheidung ist die Errichtung einer Familienstiftung als Konsolidierungseinheit für die Anteile internationaler Familien.
Flankierend sollte die Dokumentation des Lebensmittelpunktes bei zeitweise im Ausland studierenden Kindern ernst genommen werden. Auch die Dokumentation einer nur vorübergehenden Abwesenheit und des Rückkehrwillens, etwa durch befristete Verträge für berufliche Tätigkeiten, rückt in den Vordergrund. Hierbei ist auch während der Abwesenheit auf ein Controlling des Ausschüttungsumfangs zu achten, da eine zu hohe Ausschüttung jetzt neu einen Widerrufstatbestand darstellt, der trotz Rückkehrwille zu einer Wegzugsbesteuerung und deren Fälligkeit führen kann. Daneben sind die Rückkehrfristen zu überwachen.
In jedem Fall bedarf es eines laufenden Monitorings im Gesellschafterkreis. Dies sollten auch externe Berater von Unternehmerfamilien und insbesondere bestehende Family-Office-Einheiten als Aufgabe begreifen.
Ausblick und Fazit
Das ATAD-Umsetzungsgesetz ist ein weiteres Beispiel dafür, wieweit das Steuerrecht in persönliche Entscheidungen eingreift und welche Steuerrisiken für internationale Unternehmerfamilien bestehen. Dies ist umso bedauerlicher, weil die Unternehmen immer globaler agieren – nur vom Unternehmer wird verlangt, dass er seinen Wohnsitz weiterhin in Deutschland hat.
Aus unserer Tätigkeit mit Unternehmerfamilien wissen wir, dass eine mögliche weitere Einschränkung des persönlichen Lebensstils – zusätzlich zu dem Erfordernis eines Ehevertrages und sonstigen Regelungen – durch Vorgabe des Lebensmittelpunktes in Deutschland zu heftigen emotionalen Diskussionen innerhalb des Gesellschafterkreises führen können. Deshalb sollte man alle Familienmitglieder für dieses Thema sensibilisieren.
Außerdem sind frühzeitig alternative Modelle zu prüfen, die auch in Zukunft einen Wegzug oder einen Lebensmittelpunkt innerhalb der EU erlauben, ohne dass es zu wesentlichen Steuerzahlungen kommt. Über dieses unbefriedigende Ergebnis sollte der Gesetzgeber unseres Erachtens noch einmal nachdenken. Zudem bleibt abzuwarten, inwieweit sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit diesen Änderungen auseinandersetzen wird.
Über die Autoren:
Maren Gräfe ist Gründungspartnerin der Kanzlei gkn Gräfe Klümpen-Neusel, die vermögende Privatpersonen, Family Offices und Stiftungen in Steuer- und Strukturierungsfragen berät. Zuvor verantwortete die promovierte Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO den Fachbereich Unternehmerfamilien und Family Offices in Deutschland und international.
Karin Ebel ist Partnerin der Peter May Family Business Consulting in Bonn. Als Rechtsanwältin und Steuerberaterin begleitet sie Unternehmerfamilien und Family Offices seit über zwei Jahrzehnten bei strategischen, rechtlichen und steuerlichen Fragen.