Vernachlässigte Beratungsthemen, Teil 2 Sechs Bereiche gibt es bei der Vorsorgevollmacht zu beachten

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Alles gut geregelt

Die Vorsorgevollmacht regelt genau, welche Rechte dem Bevollmächtigten übertragen werden sollen und welche nicht. Für den Fall, dass der Vollmachtgeber die Fähigkeit einbüßt, selber entscheiden zu können, überträgt er einer andern Person die Wahrnehmung einzelner oder auch aller Angelegenheiten.

Somit kann der Bevollmächtigte handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Betreuungsgerichte werden eingeschaltet, wenn es zur Kontrolle des Bevollmächtigten erforderlich ist und wenn es um medizinische Eingriffe und Fixierungen geht.

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Die Vorsorgevollmacht kann grundsätzlich formfrei ausgestellt erteilt werden und sollte über den Tod hinaus gelten. Der Umfang kann schriftlich oder durch ein Ankreuzverfahren bestimmt werden und darf keine Bedingungen enthalten. Rechtsichere Vordrucke halten das Bundesministerium der Justiz (bit.ly/Z4LQ2U) oder das bayerische Staatsministerium der Justiz (http://www.bestellen.bayern.de/application/stmug_app000045) kostenfrei bereit.

Die Wirkungsbereiche erstrecken sich auf die Gebiete:

  1. Gesundheitsfürsorge/Pflegebedürftigkeit
    Der Bevollmächtige darf in allen Angelegenheiten der Gesundheitssorge entscheiden. Das gilt auch für Entscheidungen zur ambulanten oder (teil-)stationären Pflege. Hat der Vollmachtgeber eine Patientenverfügung erstellt, ist diese zu beachten.

    Bevollmächtige dürfen in sämtliche Maßnahmen zur Untersuchung des Gesundheitszustandes, in Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe einwilligen. Das gilt auch wenn Eingriffe mit Lebensgefahr für den Betroffenen verbunden sind oder schwere beziehungsweise länger anhaltende gesundheitliche Schäden eintreten können.

    Insbesondere kann der Bevollmächtigte seine Einwilligung bei jeder Maßnahme zur Untersuchung des Gesundheitszustandes, in Heilbehandlungen und ärztliche Eingriffe verweigern oder widerrufen.

    Diese Entscheidung gilt auch, wenn die Nichtbehandlung für den Betroffenen mit Lebensgefahr verbunden sein könnte oder dadurch ein schwerer oder länger dauernder gesundheitlicher Schaden erlitten werden könnte. Somit darf der Bevollmächtigte auch die Einwilligung zum Unterlassen oder Beenden lebensverlängernder Maßnahmen erteilen.

    Bevollmächtigte dürfen Krankenunterlagen einsehen und die Herausgabe an Dritte bewilligen. Parallel werden die behandelnden Ärzte und nichtärztliches Personal von der Schweigepflicht gegenüber dem Bevollmächtigten enthoben.

    Über die Unterbringung mit freiheitsentziehender Wirkung und über freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettgitter, Medikamente, Gurte und ähnliches in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung kann der Bevollmächtige entscheiden, solange es zum Wohle des Betroffenen ist. Bedingung ist, dass es eine schriftlich erteilte Vorsorgevollmacht gibt in der die Unterbringung sowie die ärztliche Zwangsmaßnahme ausdrücklich formuliert ist.

    Ist das nicht der Fall wird das Betreuungsgericht eingeschaltet. Bei schwierigen Operationen, Zwangseinweisungen oder bei Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen ist immer das Betreuungsgericht einzuschalten und die Zustimmung des Betreuungsrichters einzuholen. Im Falle von Fixierungen streben Pflegepersonal und Betreuungsrichter mittlerweile an, möglichst ohne Fixierungen auszukommen.

  2. Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten
    Der Bevollmächtige darf den Aufenthalt des Betroffenen bestimmen, Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag über die Wohnung des Betroffenen und eine Kündigung wahrnehmen. Er darf den Haushalt auflösen, einen neuen Wohnraummiet- oder Heimvertrag abschließen und wieder kündigen.

  3. Post und Fernmeldeverkehr
    Die für den Vollmachtgeber bestimmte Post, auch Einschreiben mit dem Vermerk „eigenhändig“ dürfen vom Bevollmächtigten entgegen genommen und geöffnet werden. Ebenfalls darf über den Fernmeldeverkehr entschieden und alle hiermit zusammenhängenden Willenserklärungen, zum Beispiel Vertragsabschlüsse, Kündigungen, abgeben werden.

  4. Vertretung vor Behörden und Gerichten
    Bevollmächtigte vertreten den Vollmachtgeber bei Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Das gilt auch bei der Vertretung gegenüber Gerichten sowie Prozesshandlungen aller Art.

  5. Vermögenssorge
    Das Vermögen darf vom Bevollmächtigen vollumfänglich verwaltet werden. Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im In- und Ausland sind mit einbezogen. Erklärungen jeder Art dürfen abgegeben und entgegengenommen werden. Anträge dürfen gestellt, abgeändert und zurückgenommen werden. Namentlich darf der Bevollmächtigte:

    • über Vermögensgegenstände jeder Art verfügen,
    • Zahlungen und Wertgegenstände annehmen und Verbindlichkeiten eingehen,
    • den Vollmachtgeber im Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten vertreten,
    • Willenserklärungen bezüglich der Konten, Depots und Safes abgeben, und
    • Schenkungen vornehmen, wie sie einem rechtlichen Betreuer rechtlich gestattet sind.


Anhand der aufgezeigten Inhalte ist ersichtlich, dass der Auswahl des Bevollmächtigten ein großer Stellenwert zugeordnet werden sollte. Auch mehrere Bevollmächtigte können Sinn machen.

Vollmachten können auf unterschiedliche Personen verteilt werden, denen der Vollmachtgeber vertraut und zutraut, dass sein Wille gegenüber gegen über Medizinern und Juristen durchgesetzt wird. Auch Ehepartner und Angehörige müssen bevollmächtigt werden. Eine Ausnahme gilt bei Eltern gegenüber minderjährigen Kindern.

Frau L. (76) hat ihrer Tochter (Ärztin) die Vollmacht in Fragen der Gesundheitsfürsorge und ihrem Sohn (Volkswirt) die Vollmacht für die Vermögenssorge erteilt. Das Beispiel zeigt wie die Vollmacht sinnvoll verteilt werden können.

Damit Bevollmächtigte entsprechende Rechte erhalten, sollten mögliche Szenarien bei Einrichtung der Vorsorgevollmacht in der Familie offen angesprochen werden. Je mehr im Vorfeld besprochen wird, je besser kann bei medizinischen Behandlungen wie zum Beispiel der Zustimmung zu Operationen und Untersuchungen entschieden werden. Eventuell muss auch über einen Umzug in eine Pflegeeinrichtung oder über den Hausverkauf entschieden werden.

Fazit

Ziel der Vorsorgevollmacht ist die Vermeidung einer gesetzlichen Betreuung nach Paragraf 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuches sein. Eine solche sollte ab dem 18. Lebensjahr vorhanden sein.

Im ersten Teil der Serie geht es um das Thema Patientenverfügung. Im dritten Teil der Serie geht der Autor auf die Auswahl des/der Bevollmächtigten und auf Ausgestaltungsdetails von Vorsorgevollmacht ein.



Über den Autor:
Ulrich Welzel ist geschäftsführender Gesellschafter der Beratungsgesellschaft Brain Active aus Taufkirchen bei München. Er hat selbst viele Jahre in der Betreuung vermögender Privatkunden und Nachlassplanung gearbeitet und trainiert heute Vorstände, Personalentwickler, Führungskräfte und Betriebsräte aus Banken, Versicherungen und mittelständischer Industrie im Umgang mit trauernden Angehörigen.

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