Alternative für Anbieter Wie sich Vermögensverwalter digital positionieren können

Laura Paul von Consileon

Laura Paul von Consileon erklärt, was Vermögensverwalter bei Ihrem digitalen Auftritt beachten sollten, Foto: Consileon Frankfurt

Im Bereich der digitalen Vermögensverwaltung tummeln sich zahlreiche Anbieter, die mit vielversprechenden Slogans um die Gunst der Anleger werben. Von „Investieren auf Family-Office-Niveau“ bis hin zu „der menschlichste Robo von allen“ versprechen Plattformen maßgeschneiderte Lösungen für private Investoren. Doch wie unterscheiden sich diese Angebote tatsächlich voneinander, und wie schaffen es Anbieter, sich in einem hart umkämpften Markt von der Konkurrenz abzuheben? Dafür braucht es einen Blick auf die aktuelle Marktlage und die wichtigsten Kriterien und Alleinstellungsmerkmale von 20 digitalen Vermögensverwaltern vor.

Produktstrategien Online-Vermögensverwaltungen

Quelle: Consileon

Unterscheidungsmerkmale unter Online-Vermögensverwaltern

Die Analyse von 20 Online-Vermögensverwaltern zeigt, dass die Mehrheit der Anbieter auf ETFs und ETCs setzt. 18 der 20 untersuchten Vermögensverwalter investieren hauptsächlich in diese beiden Finanzinstrumente, wobei einige zusätzlich aktiv gemanagte Fonds in ihre Portfolios integrieren. Nur zwei Anbieter setzen auf Einzeltitel-Investments, was eine seltene Strategie in der digitalen Vermögensverwaltung ist, die sich dennoch im Preiswettbewerb behaupten kann.

Aufteilung durchschnittliche Kosten

Quelle: Consileon

Betrachtet man zusätzlich noch die durchschnittlichen Produktkosten, liegen die Gesamtkosten des günstigen Anbieters bei 0,56 Prozent per annum. Das teuerste Angebot liegt bei 1,48 Prozent per annum. Ein Preisrahmen, der zeigt, dass es zwar keine extremen Ausreißer gibt, allerdings doch deutliche Preisunterschiede aufzeigt.

 

Gesamtkostenvergleich Online Vermögensverwalter

Quelle: Consileon

Dennoch suchen Anleger nicht nur nach dem günstigsten Anbieter, sondern auch nach zusätzlichen Vorteilen, die echten Mehrwert bieten.

Sparpläne, konfigurierbare Strategien und thematische Investments sind einige der Faktoren, die Online-Vermögensverwalter voneinander unterscheiden. 17 der 20 Anbieter ermöglichen es ihren Kunden, mittels Sparplänen zu investieren. Nur fünf erlauben es ihren Kunden, ihre Strategie individuell zu konfigurieren. Was thematische Investments und spezielle Anlagestrategien angeht, gibt es diverse Ansätze, die sich auf Zukunftstrends, bestimmte Branchen, Technologien oder regionale Märkte fokussieren.

Darüber hinaus ist es eine Seltenheit, dass Kunden direkt mit Beratern sprechen können. Nur drei Anbieter bieten eine persönliche Kontaktoption zu Beratern.

Unterscheidungsmerkmale nach Angebot

Angesichts dieser Vielzahl an ähnlichen Angeboten stellt sich die Frage, wie sich Vermögensverwalter in einem so dichten Wettbewerbsumfeld positionieren können. Wirft man einmal einen Blick auf die „Offline-Vermögensverwaltungen“ und die möglichen Optionen, die diese Vermögensverwalter bieten, findet man Dinge wie Strategien, die einen gewissen Ertrag als Ziel haben, oder individuelle Strategien, die expliziert auf Kundenwünsche eingehen und auch einzeltitelbasierte Strategien.

Wie Online-Vermögensverwalter aus der Masse herausstechen können

Während einige Plattformen versuchen, über den Preis oder Einzeltitel-Investments Kunden zu gewinnen, zeigt sich zunehmend, dass diese Differenzierungsansätze oft nicht ausreichen. In einem Markt, der durch Effizienz und Automatisierung geprägt ist, müssen Anbieter tiefer greifen, um langfristig erfolgreich zu sein.

Preisführerschaft ist zwar verlockend, aber kein langfristig tragfähiger Weg zur Differenzierung. Die meisten digitalen Vermögensverwalter bewegen sich in einem engen Preiskorridor, sodass drastische Preisvorteile kaum möglich sind. Zudem ist der Preis für viele Anleger nicht das alleinige Entscheidungskriterium. Auch die einzeltitelbasierten Anlagestrategien bieten nur begrenztes Differenzierungspotenzial.

Zwar können diese Strategien bei bestimmten Anlegergruppen Interesse wecken, doch erfordert die Auswahl von Einzeltiteln eine höhere Risikoakzeptanz und ist oft mit mehr Aufwand und Unsicherheit verbunden. Beides Aspekte, die digitale Vermögensverwalter eigentlich minimieren wollen.

Möglichkeiten zur Differenzierung bei Online-Vermögensverwaltung

Ein erfolgversprechender Ansatz zur Differenzierung liegt darin, Themeninvestments auszuweiten. Anstatt sich ausschließlich auf klassische Anlageklassen zu konzentrieren, könnten Vermögensverwalter spezielle Themenfonds oder -portfolios anbieten, die sich auf Zukunftstrends, bestimmte Branchen, Technologien oder regionale Märkte fokussieren.

Ob es sich um Megatrends wie Künstliche Intelligenz, erneuerbare Energien oder den Gesundheitssektor handelt, thematische Investments bieten den Anlegern die Möglichkeit, ihr Kapital in Bereiche zu lenken, an die sie glauben oder die sie besonders interessieren.

 

Auch ethische Investments, die bestimmte Werte wie soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz oder Unternehmensverantwortung betonen, gewinnen an Bedeutung. Diese Anlagemöglichkeiten sind weniger streng auf ESG-Kriterien beschränkt und lassen dem Anleger mehr Raum für persönliche Prioritäten. Solche maßgeschneiderten Portfolios sprechen insbesondere Investoren an, die neben Rendite auch inhaltliche Überzeugungen in ihre Investmententscheidungen einfließen lassen wollen.

Ein weiteres Differenzierungsmerkmal ist für Anleger die Möglichkeit, ihre Anlagestrategie individuell zu konfigurieren. Dieser Ansatz ist vorrangig in der „Offline-Vermögensverwaltung“ verbreitet, um den Kunden eine maximale Individualität zu gewährleisten. Indem Vermögensverwalter und ihre Kunden die einzelnen Anlageklassen und Gewichtungen innerhalb der Strategien manuell anpassen, können die Vermögensverwalter auch online die Individualität der Offline-Vermögensverwaltung anbieten.

Hybride Modelle öffnen Türen zu neuen Kundengruppen

Diese Flexibilität bietet zwar Vorteile in Form von maßgeschneiderten Lösungen, birgt aber auch Risiken. Zu viel Freiheit kann unerfahrene Anleger überfordern, während sie zu wenig Spielraum als unflexibel empfinden. Bei komplexen und vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten müssen deshalb Berater unterstützen. Die Berater könnten beispielsweise in einem hybriden Ansatz helfen.

Hybride Modelle ermöglichen es, Elemente der traditionellen, persönlichen Vermögensverwaltung in die digitale Welt zu integrieren. Persönliche Beratungsgespräche, exklusive Analysen oder individuelle Finanzpläne sind Dienstleistungen, die aus der klassischen Vermögensverwaltung stammen und die viele Anleger nach wie vor schätzen.

 

Digitale Vermögensverwalter, die solche Zusatzleistungen wie hybride Modellen oder Premium-Dienstleistungen und damit zusätzlich buchbare Leistungen bieten, können sich klar von rein automatisierten Plattformen absetzen. Der direkte Kontakt zu einem Berater oder die Möglichkeit, bei komplexen Entscheidungen Unterstützung zu erhalten, schafft Vertrauen und bindet Kunden langfristig an den Service.

Weitere Dienstleistungen, die Kunden binden könnten, wären exklusive Dienstleistungen wie die Verzinsung des Cash-Anteils mithilfe von Tagesgeldkonten, verbundene Kreditkarten mit Cashbacks als Investments oder sogar Rabatte bei Reisen und Events. Diese Zusatzangebote könnten sich besonders an wohlhabendere Kunden richten, die mehr als nur eine einfache digitale Anlagelösung suchen.

Kombiniert mit der Flexibilität und Automatisierung der digitalen Vermögensverwaltung, können solche Pakete den Anbietern einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Der Ausblick für die digitale Vermögensverwaltung

In der digitalen Vermögensverwaltung reicht es nicht mehr, sich lediglich über Preisstrategien oder Einzeltitel-Investments zu differenzieren. Zunehmend wichtiger werden individualisierte Themen- und ethische Investments, die spezifische Interessen der Anleger ansprechen. Mehr Flexibilität bei der Konfiguration der Anlagestrategien sowie die Integration von Zusatzservices, die aus der traditionellen Vermögensverwaltung stammen, bieten großes Potenzial, um sich von der Masse abzuheben.

Erfolgreiche Anbieter werden diejenigen sein, die nicht nur kostengünstige und automatisierte Lösungen bieten, sondern durch exklusive Services und innovative Investmentmöglichkeiten echten Mehrwert schaffen.


Über die Autorin:

Laura Paul ist Projektmanagerin beim Beratungsunternehmen Consileon  und betreut dort Mandanten aus dem Wealth Management. Ihr Beratungsfokus liegt auf der Auswahl und Einführung von Plattformlösungen im Wertpapiergeschäft.

 

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