Vermögensverwalter „Anleger verlangen mehr Transparenz bei der Asset Allocation und beim Pricing“

Carl von Rohrer (links) und Michael Kohl, Carl von Rohrer Vermögensverwaltung

Carl von Rohrer (links) und Michael Kohl, Carl von Rohrer Vermögensverwaltung

private banking magazin: Was beschäftigt Ihre Kunden derzeit am meisten?

Carl von Rohrer: Kunden sind vor allem über die Auswirkungen der expansiven Geldpolitik der Notenbanken betroffen. Hieraus entstandene Preisverzerrungen in Anlageklassen wie beispielsweise Renten oder Immobilien führen zu einem gewissen Unwohlsein in Bezug auf den Ausgang dieses in dieser Dimension einmaligen Experiments der Schuldenausweitung. Wir betreuen ein wohlhabendes Klientel, das seinen Fokus bei Vermögensanlagen auf Sachwerte wie Aktien, Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen legt.

Reine Geldanlagen wie Anleihen bieten angesichts der Verschulungsthematik bei Staaten und privaten Haushalten nur bedingt Sicherheit. Insofern fühlen sich die meisten Kunden trotz der schwer einschätzbaren Verschuldungssituation mit ihrer Allokation gut aufgehoben.

Sind Kunden generell kritischer als früher?

Markus Kohl: Ja, Sie müssen heute Anlagestrategien und Investmententscheidungen intensiver erläutern als das vielleicht früher der Fall war. Kunden fordern zudem mehr Transparenz im Pricing. Aus unserer Sicht eine positive Entwicklung, weil sie zeigt, dass sich Kunden bewusster mit ihrem Vermögen auseinandersetzten.

Der Wunsch nach Online-Zugängen auf das Portfolio verstärkt sich ebenso. Diesen Ansprüchen kommen wir nach, in dem Kunden jederzeit über IT-gestützte Servicemodule auf ihr Portfolio Zugang erhalten. Uns ist allerdings wichtig, an der seit Jahren bewährten Anlagephilosophie auch in Zukunft festzuhalten. Im Gegensatz zu früher nutzen wir heute allerdings moderne Instrumente im Portfolio Management. Die Kriterien zur Auswahl von geeigneten Anlagen sind vielschichtiger und gehen inhaltlich mehr in die Tiefe als vor einigen Jahren.

Welche Konsequenzen hat dies für Vermögensverwalter?

Carl von Rohrer: Ein Vermögensverwalter muss seinem Kunden plausibel den Zusammenhang zwischen seiner Anlagestrategie und dem daraus resultierenden Kundennutzen erklären können. Das setzt allerdings voraus, dass der Vermögensverwalter die Kundenbedürfnisse herausarbeitet. Dieses Vorgehen erfordert viel Zeit und ist für große Organisationen schwer umsetzbar. Deshalb glauben wir, dass in solchen Häusern am Ende Produkttypen zum Einsatz kommen und Kunden diesen Produkten zugeordnet werden. Hohe aufsichtsrechtliche Hürden werden diese Vereinfachung verstärken.

Eine Chance im Wettbewerb für unabhängige Experten?

Markus Kohl: Auf jeden Fall. Für kleinere Adressen stellt diese Entwicklung in der Tat eine Chance dar, weil eine Individualisierung leichter umgesetzt werden kann. Kunden müssen sich aber auch bewusst sein, dass qualitativ hochwertige Beratung seinen Preis hat. Es liegt am Vermögensverwalter, dem Kunden deutlich zu machen, dass sich dieser Aufwand für ihn langfristig lohnt.

Steigt die Bedeutung illiquider Assets wie Kunst?

Carl von Rohrer: Seit der Lockerung der Geldpolitik hat die Nachfrage nach Sachwerten insgesamt stark zugenommen. Diese Entwicklung wird nach unserer Einschätzung so lange begünstigt werden, so lange die Geldexpansion anhält. Ein Ende ist dann absehbar, wenn die Zinsen nachhaltig steigen. Kunst zählt zwar auch zu Sachwerten, muss allerdings im Gegensatz zu Aktien oder klassischen Immobilien sehr differenziert betrachtet werden.

Kunst als Anlageobjekt sollte nur denen vorbehalten sein, die mit diesem Markt jahrelang vertraut sind und realistisch einschätzen können, welche Preispotentiale möglich sind. Für Kunst gibt es im Gegensatz zu börsennotierten Gütern keine geeigneten Preisvergleiche, was den Markt intransparent und anfällig für Preisverzerrungen macht. Nachhaltige Wertanlagen in Kunst sind erfahrungsgemäß nur im Hochpreissegment zu erzielen. Dieser Zugang bleibt den meisten Anlegern verwehrt. Sollte die dünne Käuferschicht in Zukunft ausbleiben, bestehen gerade hier erhebliche Preisrisiken.

Eignet sich Wald mehr als Beimischung?

Markus Kohl: Anlagen in Grund und Boden, wozu eben auch Wald zählt, sind in verschiedener Form möglich. Man kann unmittelbar in Wälder investieren oder den Weg über indirekte Anlagen wie beispielsweise Fonds wählen. Aber der alleinige Besitz von Waldflächen als Investment ist nicht ausreichend. Es muss zusätzlich darauf geachtet werden, dass der Wald effektiv bewirtschaftet wird. Dazu zählen neben dem Einschlag, also die Holzernte, auch andere Möglichkeiten der Ertragsgewinnung wie beispielsweise die Ausbeutung sowie Auffüllung von Kiesgruben.

Eine sinnvolle Nutzung von Wald kann unseres Erachtens nur betrieben werden, wenn dazu die unternehmerischen Voraussetzungen und ein gewisser Vermögenshintergrund gegeben sind. Es sollte im Einzelfall geprüft werden, ob nicht andere Formen von Immobilienanlagen wie Wohn- oder Gewerbeimmobilien sinnvoller erscheinen als reine Waldinvestments.

Wie einschränkend empfinden Sie die aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen für die Vermögensverwaltung?

Carl von Rohrer: Überzogene aufsichtsrechtliche Hürden führen dazu, dass die Finanzbranche zunehmend in Produktkategorien denkt und nicht in Lösungsansätzen. Größere Häuser versuchen so, den zunehmenden rechtlichen Regularien gerecht zu werden. Gleichzeitig können Kosten und Haftungsrisiken reduziert werden. Auch das Anforderungsprofil der Kundenbetreuer befindet sich in einem Wandel. Heute sind Verkäufertypen gefragt und nicht börsenerfahrene Berater.

Die individuelle Kundenberatung läuft der organisatorischen Entwicklung sozusagen entgegen. Die Folge ist eine Spreizung der Kundeninteressen einerseits und Anbieterinteressen andererseits. Auch wir müssen uns natürlich den erhöhten regulatorischen Anforderungen stellen. Tun uns aber dank geringerer Komplexität in der Organisationsstruktur deutlich leichter als große Finanzdienstleister.

Darin sehen wir unseren Wettbewerbsvorteil. Ein grundsätzliches Problem besteht darin, dass der Gesetzgeber kaum zwischen großen Instituten und kleinen Einheiten unterscheidet. Das regulatorische Anforderungsprofil gilt für beide gleichermaßen, obwohl die Kapazitäten ungleich verteilt sind. Hier wäre eine feingliedrigere Differenzierung auch im Sinne der Kunden wünschenswert.

Ihr Fazit für die Zukunft der unabhängigen Vermögensverwalter?

Markus Kohl: Vermögensverwalter müssen in Zukunft ihr Profil schärfer herausarbeiten, um bestehen zu können. So kann man beispielsweise als Spezialist für bestimmte Anlageklassen oder Dienstleistungen am Markt auftreten oder man spricht bewusst bestimmte Kundengruppen an. Wir glauben nicht, dass kleine Orga-Einheiten wie wir es sind, mehr Nachteile haben werden als größere Gesellschaften.

Der Vorteil liegt darin, dass die Organisationsstrukturen nicht so komplex sind und wir rascher auf Kundenwünsche reagieren können. Dies erfordert allerdings ein hohes Engagement und überdurchschnittliches Knowhow bei jedem Mitarbeiter.


Info:
Die Carl von Rohrer Vermögensverwaltung berät Anleger, die einen auf Aktienanlagen spezialisierten Asset Manager suchen, ab einem liquiden Vermögen von 500.000 Euro. Anleger können vermögende Privatpersonen, Stiftungen oder andere Institutionen sein. Die 1992 von Carl von Rohrer gegründete bankenunabhängige Vermögensverwaltung betreut einen unteren dreistelligen Millionenbetrag an Kundenvermögen.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen