Finanzierung der Corona-Politik Vermögensabgabe und deutsche Verfassung – wann passt das?

Volker Boehme-Neßler (li.) und André Schmidt von der WSH Deutsche Vermögenstreuhand

Volker Boehme-Neßler (li.) und André Schmidt von der WSH Deutsche Vermögenstreuhand: Die beiden Professoren haben sich mit der Möglichkeit einer Vermögensabgabe oder -steuer beschäftigt Foto: WSH

Je länger die durch die Corona-Pandemie bedingten Einschränkungen der wirtschaftlichen Aktivitäten andauern, desto mehr stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit der von ihr hervorgerufenen Schäden. Während in diesem Jahr die Bundesregierung im Rahmen eines Sonderhaushalts zusätzliche Schulden in Höhe von 200 Milliarden Euro aufgenommen hat, sind für das Jahr 2021 nochmals 100 Milliarden Euro an weiterer Verschuldung geplant.

Die Gesamtausgaben des Staates beliefen sich 2020 auf 508 Milliarden Euro und werden im Jahr 2021 mindestens 413 Milliarden Euro betragen. Im Vergleich dazu lagen die Staatsausgaben vor Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2019 bei zirka 350 Milliarden Euro. Corona reißt riesige Löcher in den Staatshaushalt und die schwarze Null scheint, zumindest für die kommenden Jahre, der Vergangenheit anzugehören.

Auch wenn der Staat durch die Erhöhung der Staatsausgaben drohende soziale Verwerfungen weitestgehend verhindern konnte, so sind jedoch seine fiskalischen Möglichkeiten durchaus begrenzt. Bereits jetzt hat die Auseinandersetzung über die Gewährung zusätzlicher Hilfen des Bundes für das kommende Jahr mit den Ländern begonnen. Die Frage nach der Finanzierbarkeit der höheren Staatsverschuldung gewinnt daher zunehmend an Brisanz und Relevanz.

Wege der Staatsfinanzierung

Damit kein Missverständnis auftritt: grundsätzlich kann sich jeder Staat nur über seine Bürger, sollte er einen Anstieg der Auslandsverschuldung nicht in Kauf nehmen wollen, finanzieren. Dies geht über Verschuldungsfinanzierung, indem der Staat seine Bürger durch den Verkauf von Staatsanleihen dazu bringt, ihm freiwillig seine Ersparnisse zu überlassen. Oder durch eine Steuerfinanzierung, indem die Bürger von vornherein einen bestimmten Betrag ihres Einkommens an den Staat zahlen, welches sie anschließend nicht mehr für Konsumausgaben oder Ersparnisse verwenden können.

Will der Staat seine Staatsverschuldung reduzieren, dann kann er einerseits seine Staatsausgaben senken – was den politisch handelnden Akteuren jedoch sehr schwerfällt – oder andererseits die Steuern und damit seine Staatseinnahmen erhöhen.

Sollen die Staatseinnahmen erhöht werden, stellt sich die Frage, wie die wachsende Steuerlast auf die Gesellschaftsmitglieder verteilt werden soll. Hierfür gilt üblicherweise die Leistungsfähigkeit als grundlegendes Prinzip der Besteuerung, wonach derjenige, der auch über die höhere Leistungsfähigkeit verfügt, vermehrt zur Finanzierung der Staatsausgaben herangezogen wird. Das Prinzip der Leistungsfähigkeit wird durch die Besteuerung von Einkommen und Konsum umgesetzt.


In der öffentlichen Debatte gewinnt aber nun vor allem die Frage an Bedeutung, inwieweit der Vermögensbesitz als Kriterium der Leistungsfähigkeit zunehmend zur Besteuerung herangezogen werden sollten. Das Thema der Vermögensteuer zieht sich dabei wie ein roter Faden durch alle Diskussionen.

Angesichts der aktuellen, sich verschärfenden wirtschaftlichen Situation bedarf es keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu prognostizieren, dass diese Frage in der näheren Zukunft vermehrt an Bedeutung gewinnen wird. Aus rechtlicher Perspektive ist die Vermögensteuer durchaus problematisch (siehe nachfolgenden Beitrag von Herrn Boehme-Neßler). In der ökonomischen Theorie wird sie dagegen als eine Möglichkeit der Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit angesehen.

Grenzen der Inflationssteuer

Die Besteuerung des Vermögens kann ökonomisch auf verschiedene Weisen erfolgen. Die einfachste Form – und das ist die, welche bereits seit Jahren in Deutschland praktiziert wird – ist die fiskalische Repression. So lang der Nominalzinssatz unterhalb der Inflationsrate liegt, nimmt der Realwert des Vermögens ab. Negative Realzinsen sind fiskalisch betrachtet nichts anderes als eine Besteuerung des monetären Vermögens über Inflation.

Dies wird in der ökonomischen Theorie auch eine Inflationssteuer genannt. Diese Art der Vermögensbesteuerung, die sich nur auf das monetäre Vermögen bezieht, wird in der Politik besonders geschätzt, da der Staat hier, ohne die Einführung einer expliziten Vermögensteuer – mit all ihren rechtlichen Problemen und politischen Widerständen –, die Vermögensbesitzer indirekt besteuern kann. Es findet eine Einkommensumverteilung vom Gläubiger zum Schuldner Staat statt.

Allerdings sind dieser Art der Besteuerung enge Grenzen gesetzt, denn es muss sichergestellt werden, dass sich der Nominalzins unterhalb der Inflationsrate befindet. Ökonometrische Schätzungen gehen davon aus, dass der Nominalzins nicht unter das Niveau eines Negativzinses zwischen 0,7 bis 0,9 Prozent gesenkt werden kann.

In Zeiten wirtschaftlicher Rezession und damit auch sinkender Inflationsraten muss die Zentralbank jedoch den Zins immer weiter absenken, sodass auch negative Nominalzinsen – wie wir sie im Moment beobachten – erforderlich sind. Allerdings kann die Notenbank den Zinssatz nicht beliebig senken, da ansonsten die Gefahr einer ernsthaften Bankenkrise entsteht. Durch die geringer werdenden Zinseinnahmen werden die Banken in ihrer Ertragskraft extrem geschwächt