Gibt es wiederkehrende Fehler der Pitchenden?
Rossel: Portfoliomanager neigen manchmal dazu, sich in Themen zu verlieren oder sprunghaft die ganze Breite der eigenen Expertise darzustellen. Dies mag im institutionellen Bereich weniger problematisch sein, bei unserem Adressatenkreis ist diese Vorgehensweise selten von Erfolg gekrönt. Ein Punkt der von unseren Mandaten immer mal wieder bemerkt wird, ist der einseitige Fokus auf nur eine Person. Auch wenn jemand passiv an dem Gespräch teilnimmt, so möchte er oder sie doch in das Gespräch und sei es nur mit Blickkontakten et cetera mit einbezogen werden. Als dritten Punkt ist selbstverständlich das Teamspiel zu nennen, die „One-Man-Show“ eines Alpha-Tiers oder offene Unstimmigkeiten im Zweier-Team sind in der Regel K.-o.-Kriterien.
Hammes: Ein Portfoliomanager muss in seinem vorgelegten Portfolio zu Hause sein. Wir generieren mit Eta Analytics für jedes Portfolio im Vorfeld rund 20.000 Datenpunkte und zerschneiden das Portfolio vertikal und horizontal wie in der Tomografie. Wir wissen in der Regel, welche Fragen sich ein Portfoliomanager wie beantwortet – und welche er sich nicht stellt. Wenn aber im Gespräch mit Narrativen gearbeitet wird, die mit dem Portfolio nichts zu tun haben, gibt es Irritationen.
Zum Beispiel?
Hammes: Wenn ein Anleiheportfolio für eine vergleichsweise hohe laufende Rendite gefeiert wird, und wir auf unserer Tischseite den Mandanten erst darauf hinweisen müssen, dass diese Rendite zu 80 Prozent aus Nachrang-Anleihen erzeugt wird, hinterlässt das keinen redlichen Eindruck.
Was zeichnet die Gewinner meist aus?
Rossel: Die Fähigkeit ohne Hilfsmittel wie Präsentationen ein großes Bild der wirtschaftlichen Situation zu zeichnen und daraus ein stimmiges Bild des eigenen Portfolios zu übermitteln. Dazu ein eingespieltes Team, das unsere Ausschreibungssituationen kennt und sich gegenseitig die Bälle zuspielt. Also die Balance aus Fachwissen und Empathie.
Nehmen Sie auch neue Vermögensverwalter in ihren Kreis auf?
Hammes: Wir sind immer offen und neugierig, neue Vermögensverwalter kennenzulernen, die unser Feld bereichern. Die Grundvoraussetzung für eine regelmäßige Berücksichtigung besteht in der fachlichen Qualifikation des Portfoliomanagements, in einer guten Streuung über Direktanlagen, ohne dabei blinde oder offensichtliche Extremrisiken einzugehen, oder diese bewusst zu verharmlosen, und in einer guten Kommunikation über die Portfolio-Strategie. Zudem machen wir eine Ausschreibung, einen Wettbewerb, der sich auch um Kostenstrukturen bewegt. Ein wettbewerbsfähiges Preismodell gehört also auch dazu. Wenn sich also jemand aus dem Leserkreis des private banking magazins mit einer 32-KWG-Zulassung angesprochen fühlt, freue ich mich über eine Kontaktaufnahme.
Ein wichtiges Thema bei Vermögensverwaltungen ist die Profitabilität von Kundenbeziehungen. Welche Gebühren sind heutzutage angemessen?
Hammes: Unabhängig von unseren gemeinsamen Ausschreibungen haben die Prinzip7 und das Eta Family Office einen guten Überblick über angemessene Preisstrukturen im deutschsprachigen Raum. Wenn wir für unsere gemeinsamen Mandanten einen Vermögensverwalter suchen, möchten wir einen angemessenen Preis aushandeln. Der Vermögensverwalter soll von dem Mandat gut leben können und sich auch an Aufstockungen erfreuen, die unsere Mandanten nach ersten guten Erfahrungen vornehmen. Ein fairer Preis für unsere Mandanten ist aber eine der Grundvoraussetzungen.
Heißt konkret?
Hammes: Bei Mandaten in Höhe des Einstiegsvolumens akzeptieren wir Angebote mit einem Preis von unter einem Prozent.
Die Individualität stellt die Banken steuerungstechnisch vor Herausforderungen, insbesondere bei Anleihen und deren Stückelungen. Wie stehen Sie zum Einsatz von Fonds oder ETFs in der individuellen Vermögensverwaltung?
Hammes: Grundsätzlich machen wir auch in diesen Tagen sehr gute Erfahrungen mit Direktanlagen im Rentenbereich. Das Narrativ, dass kleine Volumina nur unzureichend über Direktanlagen umgesetzt werden können, langweilt mich. Wir sehen viele intelligente Umsetzungswege, die entweder ganz auf Fonds oder ETF verzichten, oder sie nur in Nischenthemen beimischen. Außerdem sehe ich die Handelsumsätze und Renditen der Emissionen mit kleinen Stückelungen jeden Tag in meiner Aufgabe als Treasurer. Hier benötigen wir also keine Belehrungen aus Maschinenräumen, die es sich gerne etwas vereinfachen wollen über Fonds- und ETF-Allokationen, aber gleichzeitig über ihr eigenes Anleihe-Exposure nichts zu erzählen haben, weil sie nicht mal ihre selbst allokierten Fonds durchmessen und aktiv steuern. Wir lassen nun aber meist zu, dass sich auch Häuser bewerben, die den Rentenbereich über Fonds umsetzen.
Offenbar gilt es für die Teilnahme am Vermögens-Contest einen gewissen Aufwand zu stemmen. Mit welchen Vorteilen werben Sie dafür?
Rossel: Unser Mandantenkreis bei Ausschreibungen setzt sich fast ausschließlich aus aktiven Unternehmern mit einem hohen liquiden Anlagebedarf zusammen. Aus unseren Analysen im Rahmen der Finanzplanung sehen wir, dass neben dem Ausschreibungsbetrag insbesondere in den nächsten Jahren regelmäßig ein stark erhöhtes Anlagepotential entstehen wird. Wir sprechen also von echten Potenzialkunden, die an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert sind. Alle Teilnehmer eines Finalgesprächs erhalten zudem von uns ein persönliches und ehrliches Feedback nach einem Vermögenscontest. Die gefühlte eigene Performance wird um einen Blick von außen ergänzt und kann wertvolle Informationen liefern.
Und auf wie viele Ausschreibungen kommen Sie pro Jahr?
Rossel: Zusammen haben wir bislang 30 Ausschreibungen durchgeführt. Sofern die Pandemielage es zulässt, planen wir pro Jahr zwischen 10 und 15 neue Vermögenscontests.
Über die Interviewten:
Roman Rossel, CFP ist seit 2011 für die ADS Allgemeine Deutsche Steuerberatungsgesellschaft mbH tätig. Als stellvertretender Leiter des Zentralen Geschäftsbereiches Privatberatung und als Geschäftsführer der Prinzip7 GmbH, einer Tochtergesellschaft der ADS, verantwortet er unter anderem den Bereich Entwicklung. Zuvor war er über zehn Jahre im Kapitalmarktgeschäft der HypoVereinsbank für verschiedene Fixed-Income-Portfolios verantwortlich. Seit Jahren beschäftigt sich Rossel mit den Herausforderungen und Umwälzungen innerhalb der Branche und sucht mit seinem Team nach neuen Wegen und Lösungsansätzen.
Christian Hammes ist Geschäftsführer des Eta Family Office in München. Zuvor war er von 2012 bis 2014 im Vorstand des Vermögensverwalters Do Investment tätig. Mit dem Eta Family Office entwickelt er langfristige Anlagestrategien, Anlagerichtlinien und schreibt Vermögensverwaltungsmandate normalerweise in Größenordnungen zwischen 5 und 50 Millionen Euro aus. Zudem übernimmt er Controlling und Risikomanagement und nimmt Beiratsmandate wahr.