Beauty-Contest bei Unternehmern „Die One-Man-Show ist K.O.-Kriterium“

Roman Rossel (li.) und Christian Hammes

Roman Rossel (li.) und Christian Hammes: Zusammen begleiten der Finanzplaner und der Family Officer die Ausschreibung von Vermögensverwaltungsmandaten. Foto: Nadine Stegemann Fotografie

private banking magazin: Die Finanzplaner von Prinzip7 und das Eta Family Offices arbeiten seit einiger Zeit interdisziplinär zusammen und wollen Unternehmerkunden schon ab einer Million Euro individuelle VV-Mandate im Markt suchen. Was war der Auslöser?

Roman Rossel: Als Finanzplaner stoßen wir regelmäßig auf schlecht gemanagte und/oder überteuerte Portfolios im liquiden Vermögensbereich. Viele unserer Mandanten verdienen als Unternehmer gutes Geld. Das bestehende standardisierte Portfolio wächst oft nicht mit, wird von den Hausbanken viel zu selten adäquat betreut und/oder es fehlt an vielen Stellen ein fachlich versierter Ansprechpartner. Als Finanzplaner können wir zwar strategische Weichenstellungen vornehmen, müssen im Umfeld der Steuerberatung aber in der Umsetzung der vorgeschlagenen Strategien auf Dritte zurückgreifen. Das hat selten funktioniert.

Wie kam es zum Vermögenscontest?

Rossel: Als 2017 die Idee entstand, den im institutionellen Bereich üblichen Beauty-Contest auch unseren Mandanten zu ermöglichen, war unser Vermögenscontest geboren. Die neue Dienstleistung sollte am oberen Ende unserer Leistungspalette positioniert sein. Hier wurde uns dann sehr schnell klar, dass wir für das Screening der Portfolios und des Anbietermarkts fachliche Exzellenz benötigen. Christian Hammes bringt mit seiner Expertise, seinem Netzwerk und seiner Präsenz ein Gesamtpaket in die Kooperation ein, mit dem wir uns zu 100 Prozent identifizieren können. Insbesondere die gemeinsame Philosophie, Kunden als unabhängige Interessenvertreter zu beraten, war ein wichtiges Kriterium.

Christian Hammes: Und an dieser Stelle war ich noch skeptisch, ob ein Vermögen ab einer Million Euro mit den gleichen handwerklichen Standards und der gleichen Individualität ausgeschrieben werden kann, wie ein Vermögen, das etwa fünfmal so groß ist. Die Wirklichkeit hat genau das aber uneingeschränkt bestätigt.

Welche Vermögensverwalter und Banken nehmen an den Ausschreibungen gewöhnlich teil?

Hammes: Alle, die für den jeweils ausgeschriebenen Betrag ein diskretionäres individuelles Portfolio konstruieren und steuern können. Wir haben – auch ab dem Betrag von einer Million Euro – den Anspruch, weitestgehend über Direktanlagen zu investieren und beschränken daher meistens die Fondsquote. Denn mit unserer Ausschreibung evakuieren wir unsere Mandanten aus einer schlecht kommunizierenden, undurchsichtigen und anonymen Fondswelt. Vermögensverwalter, die über Direktanlagen gut streuen, ohne Extremrisiken einzugehen – beispielsweise mit Kleinstemissionen bei Anleihen oder mit extremen Branchenübergewichtungen bei Aktien – und dabei gleichzeitig eine verständliche Strategie verfolgen, die wir im Portfolio ablesen können, sind bei unseren Ausschreibungen erfolgreich.

Ist auch die Größe des Vermögensverwalters wichtig?

Hammes: Die ist nicht entscheidend, dafür aber die Qualifikation der Portfoliomanager. Wir machen keine gute Erfahrung mit Vermögensverwaltern, deren Portfoliomanager aus ehemaligen frustrierten Vertriebsmitarbeitern bestehen – die fallen fachlich in unseren Ausschreibungen sehr schnell ab.

Wie gehen Sie beim Vermögenscontest vor?

Rossel: Wir lehnen uns im Prozess eng an die im institutionellen Bereich üblichen Verfahren an. Wir kennen viele unserer Mandanten bereits aus den jährlichen Strategiegesprächen im Rahmen unserer Finanzplanung. Grundsätzlich klären wir aber immer die wesentlichen Fixpunkte des Anlagewunsches zusammen mit dem Mandanten ab und ermitteln dann mittels eines bewährten und ausgezeichneten psychometrischen Verfahrens die individuelle Risikotragfähigkeit. Auf Basis dieser Informationen wählen wir gemeinsam mit dem Eta Family Office im Rahmen einer Longlist geeignete Vermögensverwalter aus. Diese Auswahl wird dem Mandanten besprochen und von diesem gegebenenfalls ergänzt oder abgeändert. Nach dem Erhalt der Angebote werden diese umfangreich quantitativ und qualitativ analysiert und die Ergebnisse dem Mandanten zur Verfügung gestellt. Nach der Auswahl der Favoriten werden diese zu einem Finaltag in Präsenz eingeladen und erhalten dort die Möglichkeit sich vorzustellen.

Was erwartet die Eingeladenen beim Finaltag?

Hammes: Auch wenn wir den Tag akkurat vorbereiten, die eingereichten Portfolios im Vorfeld schon zum Sprechen bringen und unsere Fragen zurechtlegen: Es ist vollkommen offen, wer vom Mandanten ausgewählt wird. Und jede Ausschreibung folgt einer ganz eigenen Dynamik. Wir geben den Vermögensverwaltern ein nur relativ kurzes Zeitfenster von circa 60 Minuten für unser Gespräch, um unnötiges Weichspülen und Marketing-Rhetorik außen vor zu lassen. Unsere Mandanten sind überwiegend Kaufleute, die ein sehr gutes Gespür dafür haben, wer mit welchem persönlichen Engagement vor ihnen sitzt und sie als Kunden gewinnen will. In der Regel planen wir drei Teilnehmer für den Finaltag ein, die alle mit uns in ein offenes Gespräch gehen, das keine Pitchbooks oder irgendwelchen Hochglanz benötigt. Lesen können wir alle.


Was sind dann die Schwerpunkte?

Hammes: Wie ein Vermögensverwalter aus seinem Marktbild vor dem Hintergrund unserer individuellen Ausschreibung sein eigenes Portfolio herleitet, beschreibt und kennt – das müssen wir hören, sehen und erleben. In den allermeisten Fällen haben unsere Mandanten solche Gespräche zuvor mit ihren ehemaligen Beratern nicht führen können – sie sind aber nach dem dritten Gespräch am Finaltag so tiefgründig mit verständlichen Marktmeinungen und Umsetzungswegen konfrontiert, dass sie keine rein emotionale Entscheidung mehr treffen müssen. Nach drei Gesprächen, die wir intern durch Vor- und Nachgespräche flankieren, können wir systematisch alle Eindrücke, Stärken und Schwächen zusammentragen. Wir empfehlen unseren Mandanten, nach einer ersten Priorisierung erst noch einmal eine Nacht über ihre Vorentscheidung zu schlafen, und dann mitzuteilen, wer das Mandat bekommt. Für uns ist jeder Finaltag immer wieder mit neuen Erkenntnissen angereichert, weil wir genau sehen, welche Dinge Vermögensverwalter richtig und welche sie falsch machen. Manchmal kann ein einziger Satz eine sehr gute Präsentation binnen Sekunden vernichten. Und oft ist die Entscheidung sehr knapp.

Gibt es große Unterschiede bei der Qualität der Portfolios?

Hammes: Gerade in den vergangenen zwei Jahren – also in der Spätzyklik vor Covid, während der Pandemie und in der Erholungsphase – driften die Vermögensverwalter in ihrer Risikopositionierung so weit auseinander wie nie zuvor in meiner beruflichen Laufbahn. Über die Frage, ob und wie die aktuelle Zyklik abgebildet wird, welches Wachstum in welchem Maße im Portfolio Platz findet, welche regionale Ausrichtung gesucht wird, und welche Rolle die Anleihen spielen sollen, wird sehr unterschiedlich ausgelegt. Eine reine Draufsicht auf die Portfolios erzählt diese Unterschiede jedoch nicht, sondern erst, wenn wir ein, zwei Ebenen unter der Portfolio-Auflistung nachmessen. Dort sieht man dann die Unterschiede – und auch ihre Auswirkungen auf das Risiko- und Korrelationsgefüge innerhalb des Portfolios. Uns sind eine gesunde Streuung und eine nachvollziehbare Strategie ohne blinde Flecken wichtig. Und auch hier kommt es wieder auf die Qualifikation der Portfoliomanager an: Ehemalige Bankberater verstehen viele unserer Daten gar nicht erst, Portfoliomanager bringen wir aber mit unseren Fragen zum Leuchten – und genau das soll der Mandant erleben.

Spielen die Relationship-Manager in diesem Prozess noch eine Rolle?

Rossel: Wie geschildert kommt dem Portfolio-Vorschlag und der Marktmeinung im Prozess eine große Bedeutung zu. Dies wirkt sich üblicherweise auch in den Gesprächsanteilen am Finaltag zugunsten des Portfoliomanagers aus. Dem Relationship-Manager obliegt dennoch ein wichtiger Part, insbesondere den Auftritt zu moderieren, abzurunden und auf den Mandanten zuzuschneiden. Er beobachtet ständig die Reaktion unserer Adressaten, greift korrigierend ein, stellt Dinge klar und vermittelt in kürzester Zeit die Botschaft „ich bin da, wenn Sie mich brauchen“.