Das Fundraising-Volumen ist rückläufig, die Investitionsaktivität niedrig und die Bewertungen sinken: Die Anlageklasse Venture Capital (VC) scheint schon einmal bessere Zeiten erlebt zu haben. Lohnt es sich jetzt überhaupt noch in Start-ups zu investieren?
Kay Gallus, Venture-Capital-Experte bei HQ Trust, kommt zu dem Schluss, dass man in dieser Frage nicht pauschalisieren kann. Der Co-Leiter des Bereichs Private Equity beim Multi Family Office hat Unternehmensbewertungen im VC-Segment analysiert und vor allem auf die sogenannte „Pre Money Valuation“ geschaut. Dabei handelt es sich um die Bewertung eines Unternehmens vor einer Finanzierungsrunde.
Unterschieden hat Gallus zwischen drei Phasen, die ein Start-up im Laufe der Unternehmensentwicklung durchläuft: der Seed Stage (Planungsphase), der Early Stage (Frühphase) und der Late Stage (Spätphase).
Bewertungen gehen in der Late Stage zurück
Gallus kommt nach eingehender Betrachtung der Daten zu dem Schluss, dass es beim Risikokapital – oder auch Wagniskapital – darauf ankommt, in welcher Phase sich das junge Unternehmen, in das investiert wird, befindet. „Insbesondere in den spätphasigen Finanzierungsrunden sind die Bewertungen im VC-Bereich zuletzt deutlich zurückgekommen“, sagt Gallus. Zu diesem Zeitpunkt hat das Unternehmen in der Regel bereits Produkte auf den Markt gebracht.
„Im Jahr 2021 lag die Bewertung eines Unternehmens im Segment Late Stage im Mittel noch bei 67 Millionen US-Dollar. Ende 2023 waren es nur noch 51 Millionen US-Dollar“, so der Analyst. Allerdings sei auch das immer noch eine Verdopplung im Vergleich zu 2013.
Venture Capital hält im Schnitt Niveau der letzten zehn Jahre
Ganz anders sehe es hingegen in den beiden frühen Finanzierungsphasen aus. Dort zeigen sich die Bewertungsniveaus stabil. Im Seed-Bereich, also der Phase, in der es vorerst nur eine Idee und einen Gründer gibt, steigen die Bewertungen laut Gallus sogar weiter an. Ende 2021 lag der Wert eines Unternehmens demnach im Mittel bei neun Millionen US-Dollar – mittlerweile seien es bereits zwölf Millionen.
In der Early Stage, in der die Produktentwicklung normalerweise abgeschlossen ist, ging der Unternehmenswert im Schnitt lediglich von 40 auf 38 Millionen US-Dollar zurück. Im Vergleich zu 2013 stelle das immerhin noch fast eine Vervierfachung dar.
Obwohl die Anlageklasse des Risikokapitals im Jahr 2021 ihren vorübergehenden Höchststand erreichte und das Transaktionsvolumen 2023 stark zurückging, liegt es aktuell im Schnitt immer noch auf dem Niveau der vergangenen zehn Jahre, wie Gallus festhält.
Ein weiteres Resümee der Analyse: Während aufstrebende Manager zuletzt vermehrt Probleme mit dem Fundraising hatten, verzeichneten etablierte Manager weitere Mittelzuflüsse.
Ausblick: Bleibt das Risikokapital aus Investorensicht attraktiv?
Auf die Zukunft gesehen, erachtet der Analyst Venture-Capital-Investments als eine sinnvolle Ergänzung zu einem „reifen“ Private-Equity-Portfolio: „Erwartete Zinssenkungen und die damit verbundenen Bewertungsanstiege sollten das Marktumfeld künftig wieder verbessern.“ Da sich die relative Attraktivität je nach Phase und Subsegment im Zeitverlauf jedoch stark unterscheiden könne, sei es ratsam, das Investment mit erfahrenen Partnern umzusetzen, rät Gallus.