Rentenmarkt Umfeld für Anleihen aus Finanzsektor bleibt herausfordernd

Straßenbahn am Züricher Paradeplatz

Straßenbahn am Züricher Paradeplatz Foto: janmaybach / Pixabay

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) sowie die Last-Minute-Rettung der Credit Suisse (CS) haben an den Finanzmärkten zu Turbulenzen geführt und das Vertrauen in den Bankensektor erschüttert. Obwohl eine globale Bankenkrise unwahrscheinlich ist, bleibt das Umfeld für Anleihen aus dem Finanzsektor sowie für Anleihen aus anderen Branchen herausfordernd und anfällig für Korrekturen. Vor diesem Hintergrund sollten Investoren durch eine umfassende Fundamentalanalyse genau prüfen, welche Anleihen und Kredittitel für das Portfolio geeignet sind. Papiere von Emittenten mit hoher Qualität beziehungsweise ausgezeichneter Kreditwürdigkeit können eine gute Grundlage sein. 

Keine Bankenkrise, aber das Misstrauen bleibt 

Kunal Mehta, Head of fixed income specialists bei Vanguard
Kunal Mehta © Vanguard

Die Pleite der Silicon Valley Bank sowie der Beinahe-Kollaps der Credit Suisse haben einen ganz spezifischen Hintergrund. Im Fall der SVB war das Risikomanagement nicht ausreichend. Das Institut investierte Gelder aus dem zuvor rasch wachsenden Einlagengeschäft in Wertpapiere mit längeren Laufzeiten, ohne sich gegen das Kursrisiko, das steigende Zinsen für Anleihen bedeuten, abzusichern. Der Versuch, sich Kapital zu beschaffen, um die Verluste auszugleichen, löste bei den Kunden Ängste um ihr Vermögen aus. Daraufhin kam es zu einem panikartigen Abzug der Einlagen. Ähnlich verhielt es sich bei der Credit Suisse. Die infolge von Missmanagement schon seit längerem kriselnde Züricher Großbank befand sich mitten in einem Sanierungsprozess. Als die Krise im US-Regionalbankensektor auf Europa übergriff, ging das Vertrauen verloren und es kam ebenfalls zu einer Abflusswelle von Kundengeldern. 

Eine Bankenkrise wie 2008/09 ist allerdings unwahrscheinlich. Dafür sind die Institute im Schnitt in einer wesentlich besseren Verfassung. Das gilt sowohl für das Qualitätsprofil der Aktiva als auch für die Höhe des gebildeten Überschusskapitals, das im Falle eines Stressereignisses als Puffer dient. Nichtsdestotrotz könnten einzelne Institute, die mit Problemen kämpfen, schnell zum Angriffsziel werden. 

Im Grunde ist das höhere Zinsniveau zwar positiv für die Rentabilität der Kreditinstitute. Von dem starken Anstieg der Zinssätze geht allerdings auch die Gefahr aus, dass die Qualität der Vermögenswerte in den Bankbilanzen belastet wird. Besonders unter Beobachtung sollten dabei Nischenbanken stehen, die eine hohe Konzentration beim Kreditgeschäft in zyklischen Sektoren aufweisen wie Immobilien und Schifffahrt. Wie bereits erwähnt, sind die Liquiditätskennzahlen der europäischen Banken grundsätzlich solide. Ihre Liquiditätsportfolios weisen einen relativ hohen Anteil an Barmitteln und einen vergleichsweise geringen Bestand an Anleihen auf. Aber auch die Kennzahlen der Credit Suisse machten kurz vor ihrer Übernahme durch UBS einen relativ passablen Eindruck. Es wäre daher nicht überraschend, wenn die im Rahmen von Basel III eingeführten Liquiditätsdeckungsquoten (LCR) in Europa einer Nachbesserung unterzogen würden. 

Europäische Einlagekunden sind „treuer“ als US-Einleger 

Europäische Banken unterscheiden sich von US-Instituten darin, dass die Einleger stärker an ihren Hausbanken „haften“ und weniger plötzlich Gelder abziehen, zumal der europäische Anlageraum im Unterschied zu den USA weniger geldmarktaffin ist. Darüber hinaus hat die Bankenregulierung in Europa alle Banken unabhängig von ihrer Größe zu strengeren Kapital- und Liquiditätskontrollen gezwungen, während in den USA die Regulierung für kleinere Banken in den zurückliegenden Jahren gelockert wurde. Außerdem haben europäische Banken Zugang zu den Liquiditätsfazilitäten der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese hat kürzlich bestätigt, dass sie bereit ist, dem Finanzsystem des Euroraums Liquiditätshilfen zu gewähren, falls ein solcher Bedarf entsteht. 

Erhöhte Risiken bei nachrangigen Anleihen 

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Die Ereignisse bei der SVB und CS hatten zur Folge, dass die Finanzierungskosten des Sektors, also die Renditen für Bankanleihen, signifikant gestiegen sind. Das betrifft insbesondere Schuldtitel von kleineren Instituten und nachrangige Anleihen. Dies könnte dazu führen, dass die Banken bei ihrem Kreditgeschäft einen restriktiveren Kurs einschlagen, was gesamtwirtschaftlich wiederum die Rezessionsgefahr erhöht. 

Was hat das aus Investorensicht zu bedeuten? Zum einen dürften insbesondere schwächelnde Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, sich zu refinanzieren, was die Risiken für Anleihen solcher Schuldner erhöht. Investoren sollten ihre Investitionen tendenziell in sicherere Anlageklassen und -strukturen umschichten, um das Risiko zu reduzieren. Andernfalls werden sie deutlich höhere Risikoprämien für nachrangige Titel und bedingte Wandelanleihen verlangen. Zwar handelt es sich hierbei um etablierte und anerkannte Anlageklassen, allerdings sind diese Instrumente komplexer und in einer breiten Krise weitgehend unerprobt. 

Fundamentalanalyse und Wertpapierauswahl sind wichtiger denn je

Bei Anleihen ist es zunehmend wichtiger, die Fundamentaldaten in den Vordergrund zu stellen. Wahrscheinlich werden die Verwerfungen in der Kreditlandschaft zunehmen und die fundamentale Sichtweise wird den Wert von aktiv verwalteten Anlegerportfolios erhöhen. Eine sorgfältige Auswahl widerstandsfähiger Emittenten durch gründliche Recherche und entschiedene Szenarioanalysen sowie Stresstests bilden die Grundlage. Darüber hinaus erinnern die Ausfälle bei den nachrangigen AT1-Anleihen der Credit Suisse daran, dass es für Anleger von größter Bedeutung ist, die Art der gekauften Wertpapiere zu verstehen und die Renditen, die sie bieten, richtig einzuschätzen. Denn bei einer erfolgreichen Investition in Anleihen geht es nach wie vor darum, das Abwärtsrisiko ebenso zu berücksichtigen – wenn nicht sogar noch mehr – als die Erzielung hoher, aber mitunter unverlässlicher Renditen. 

Über den Autor:  

Kunal Mehta ist als Anleihespezialist bei der Investmentgesellschaft Vanguard tätig. 

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