Bewertung neu denken Value-Strategien fahren besser mit immateriellen Vermögenswerten

Apple-Store in der Düsseldorfer Innenstadt

Apple-Store in der Düsseldorfer Innenstadt: Der Tech-Konzern scheint beim immateriellen Vermögen einen Wert von 0 zu haben, sein echter Markenwert liegt aber natürlich viel höher. Foto: IMAGO / Revierfoto

Der Aufstieg der immateriellen Vermögenswerte

Der technologische Wandel stellt zunehmend eine Herausforderung für herkömmliche Value-Strategien dar. Über die vergangenen zehn Jahre verdoppelte sich das Gewicht des Technologiesektors im globalen Vergleich und beträgt mittlerweile gut 22 Prozent (siehe Abbildung 1).

War Exxon als Flaggenträger des Energiesektors noch 2010 das größte Unternehmen der Welt, so wurde es in den letzten zehn Jahren von Apple bei weitem abgehängt und rangiert mittlerweile nur noch unter ferner liefen. Den Einfluss namhafter Größen wie beispielsweise Amazon, Google oder Facebook berücksichtigt diese Zahl noch nicht einmal, da sie anderen Sektoren zugeordnet werden.

In der Konsequenz ist es allerdings kaum verwunderlich, dass Value-Strategien, welche typischerweise einen Schwerpunkt in Old-Economy-Sektoren haben, aus Performance-Sicht gegenüber dem globalen Aktienmarkt in den vergangenen Jahren das Nachsehen hatten.

Abb. 1: Veränderung der Sektorgewichtung über die vergangenen 10 Jahre

Quelle: Assenagon, Bloomberg; Stand: Dezember 2020

Eine wesentliche Ursache liegt in der zunehmenden Bedeutung immaterieller Vermögenswerte als Kernbestandteil der modernen Wertschöpfung, welche von klassischen Kennzahlen wie beispielsweise dem Kurs-Buchwert-Verhältnis nicht abgebildet werden.

Denn gegenwärtige Rechnungslegungsstandards ermöglichen keine adäquate Berücksichtigung von Investitionen in Humankapital, Forschung & Entwicklung oder Marketing zur Markenbildung. Damit werden Unternehmen mit hohen Investitionen in immateriellen Vermögenswerten strukturell gegenüber der Geschäftsmodellen der Alten Welt benachteiligt.

Immaterielle Vermögenswerte am Beispiel Apple

Als einfaches Beispiel sei hier Apple zu nennen. Wirft man einen Blick in die Bilanz, wird man erstaunt feststellen, dass die Marke Apple – gemessen am bilanzierten, immateriellen Vermögen – scheinbar einen Wert von 0 hat, da sich nicht einmal eine Goodwill-Position resultierend aus Übernahmen finden lässt. Jedoch lässt sich Apple unweigerlich ein gewisser Markenwert zuschreiben, versteht sich doch sonst niemand so gut darin, einen angebissenen Apfel teuer zu verkaufen.

Die Berücksichtigung immaterieller Vermögenswerte ist allerdings in der Praxis nicht ohne Weiteres möglich. Aus diesem Grund ermitteln wir den Markenwert unter Verwendung verschiedener Bewertungsmodelle, auf Basis dessen eine Adjustierung des Kurs-Buchwert-Verhältnisses erfolgt.

Da Markenwerte bei Übernahmen als Teil des Goodwills Eingang in die Bilanz finden, werden diese zudem um übermäßigen Goodwill bereinigt. Als weitere Komponente im Rahmen der Adjustierung wird Forschung & Entwicklung berücksichtigt, indem die entsprechenden Aufwendungen kapitalisiert werden.

Tabelle 1 verdeutlicht, wie das Ergebnis einer Adjustierung um immaterielle Vermögenswerte im Falle von Apple aussieht. Das bilanzielle Eigenkapital beträgt etwa 54 Milliarden Euro, was in Relation zur Marktkapitalisierung in Höhe von 1,826 Milliarden Euro (Stand Januar 2021) einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 33,6 entspricht. Nach Adjustierung beträgt das Eigenkapital hingegen etwa 353 Milliarden Euro, wodurch das Kurs-Buchwert-Verhältnis auf 5,2 sinkt. Gegenüber dem gewichteten Durchschnitt des Technologie-Sektors impliziert dies zwar immer noch einen Bewertungsaufschlag, jedoch ist dieser deutlich reduziert.

Tab. 1: Adjustierung des Eigenkapitals am Beispiel Apple

Quelle: Assenagon, Bloomberg; Stand: Januar 2021