Value-Investing und die jüngste Aktienkurs-Rally Vorsicht vor der fehlenden Marktbreite

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Da Risikofaktoren im Allgemeinen zyklisch sind, ist eine längere Underperformance-Phase eines bestimmten Investmentstils nicht wirklich überraschend und somit auch zu erwarten. Dies ist bei allen Faktoren von Zeit zu Zeit zu beobachten. Es ist ein wichtiger Prozess, um Investoren mit schwachen Nerven zum Abspringen zu bewegen. Ein Teil der Risikoprämie wird gerade deshalb verdient, weil an der Strategie trotz des Underperformance-Schmerzes längere Zeit und konsequent festgehalten wird.

Value-Aktien tendieren dazu Outperformance zu erzielen, wenn eine wirtschaftliche Expansion breit angelegt und relativ robust ist. In der Regel also zu Beginn eines Konjunkturzyklus. Umgekehrt, wenn die wirtschaftliche Verfassung schwach und das Wachstum knapp bemessen ist, tendieren günstig bewertete Titel darunter zu leiden. Die Studie von Goldman Sachs zeigt, dass die makroökonomische Situation im Nachgang der Finanzkrise 2008 mit strukturell tieferem Wirtschaftswachstum, dem sogenannten New Normal, den Investorenappetit auf Wachstumsaktien wie die FAANG-Aktien gesteigert hat. 

Mut zum antizyklischen Investieren

Nach dieser langen Phase der Underperformance könnte jetzt der Wendepunkt gekommen sein, um antizyklisch in günstig bewertete Value-Aktien zu investieren. Offensichtlich ist eine Prognose über das optimale Timing der Faktorrotation nicht wirklich realistisch. Trotzdem zeigt uns die Historie, dass auf Phasen der Underperformance in aller Regelmäßigkeit starke Outperformance-Phase folgten.

Als weiteres Zeichen für einen Wendepunkt könnten man die in letzter Zeit wachsende Diskussion über das potentielle Ende des klassischen Value-Investing sehen. Zum derzeitigen Hoch der Underperformance kommt das extrem negative Sentiment hinzu. Zusammen könnten die beiden der passende Indikator eines möglichen Wendepunktes und das Wiederaufleben von Value-Titeln sein.

Dies sollte im Rahmen der Überlegungen für die Ausrichtung der strategischen Asset Allocation berücksichtigt werden, zumal mit künftig wenig geldpolitischen Interventionen seitens der globalen Notenbanken fundamentale ökonomische Themen wieder in den Vordergrund treten dürften. Traditionelle Risikofaktoren wie Value sollten dann wieder ihre Stärken ausspielen können.

Die Strategie jetzt auf die teuer bewerteten großkapitalisierten Technologie-Aktien zu setzen, kann durchaus langfristig funktionieren, jedoch sind derzeit in den restlichen 490 vermeintlich langweiligeren Titeln des S&P 500 Index wahrscheinlich bessere Performance-Perlen zu finden.



Über den Autor:
Gökhan Kula ist geschäftsführender Gesellschafter von Myra Capital, einer 2012 in Frankfurt gegründeten Fondsboutique, die sich auf systematische Anlagestrategien fokussiert. Dort fungiert er auch als Investmentchef sowie als Portfoliomanager des Aktienfonds Myra US Equity (WKN: A144GD).

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