Value-Investing und die jüngste Aktienkurs-Rally Vorsicht vor der fehlenden Marktbreite

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Langfristig orientierte Anleger sollten deshalb verstärkt wieder fundamentale Bewertungskriterien bei ihren Investitionsentscheidungen in Betracht ziehen. Hier ist auch sehr gut der Zusammenhang zwischen der Bewertung der großkapitalisierten Werte im S&P Index und dem Index-KGV ersichtlich.

Oftmals wird angeführt, dass US-Unternehmen deutlich teurer bewertet werden als beispielsweise europäische Aktien. Wenig beachtet wird hingegen, dass ein wesentlicher Teil dieses KGV Unterschieds aufgrund unterschiedlicher Sektorengewichtungen zustande kommt. Strukturell hat die USA deutlich mehr global erfolgreiche Technologie-Unternehmen wie beispielsweise Amazon, die entsprechend auch die KGVs des S&P 500 Index in die Höhe ziehen.

Sektorenneutral bewertet relativiert sich der Bewertungsunterschied zu Europa, da sich beispielsweise im Stoxx 600 der Technologieanteil nur auf knapp 5 Prozent beläuft. Zum Vergleich: Im S&P 500 ist der Technologie-Sektor mit knapp 22 Prozent das größte Segment. Da IT-/Technologieaktien als Growth-Werte in der Regel deutlich höhere KGVs haben, weisen technologie-lastige Indizes eine strukturell höhere Bewertung auf. Korrigiert man diese ungleichen Branchengewichtungen, wird deutlich, dass sich der Bewertungsunterschied zwischen US-Aktien und europäischen Aktien deutlich reduziert.

Das Ende des Value Investings?

Das Jahr 2017 ist bisher ein schwieriges Jahr für Value-Investoren. Die populäre Investmentstrategie hatte mit dem starken Auftritt 2016 ein nur kurzlebiges Comeback und zeigte relativ zu Growth-Aktien im 1. Halbjahr 2017 eine starke Underperformance. Denn konnten Value-Aktien gemessen in US-Dollar und am MSCI USA Value Total Return Index im Jahr 2016 noch mit einer Outperformance von 10,4 Prozent gegenüber Growth-Aktien (MSCI USA Growth Total Return Index) regelrecht dominieren, hat sich durch die starke Performance von Growth-Aktien diese Outperformance fast wieder komplett abgebaut. Per 30. Juni 2017 haben US-Growth-Aktien 8,3 Prozent gegenüber US-Value-Aktien outperformed.

Es scheint, dass Investoren die derzeitigen niedrigen makroökonomischen Wachstumsaussichten durch Investitionen in wachstumsstarke Aktien ausgleichen möchten beziehungsweise wir uns im Börsenzyklus an einer Stelle befinden, bei dem der Appetit nach noch mehr Rendite dazu führt, die Risiken vermehrt auszublenden:

 Quelle: Deutsche Bank Research

Der obige Chart zeigt die relative Wertentwicklung von Value-Aktien gegenüber Growth-Aktien seit Ende 2014. Ein steigender Kursverlauf wie seit Anfang 2017 zeigt an, dass Wachstumsaktien eine Outperformance gegenüber Value-Aktien liefern. Konnten Value-Aktien noch im Jahr 2016 besser performen als Growth-Titel, hat sich diese Entwicklung im 1. Halbjahr 2017 komplett umgedreht.

Value ist ein zyklischer Faktor, sodass die jüngste Underperformance auf den ungewöhnlich langen aktuellen Konjunkturzyklus und das langsame Wachstum zurückzuführen ist. Aber auch bei langfristiger Betrachtung zeigt die Value-Strategie eine deutliche Underperformance, so dass die Frage auftaucht, ob es strukturelle Kapitalmarktveränderungen gibt, die das Ertragspotential des Value-Investings negativ treffen.

In der aktuellen Studie „The Death of Value?“ analysiert das Bankhaus Goldman Sachs die langfristige Performance des Value-Faktors und gibt Erklärungen für die deutliche Underperformance in der letzten Dekade. Value-Investing hat demnach in den vergangenen zehn Jahren nicht funktioniert. Das Festhalten an diesem Ansatz hätte zu einem kumulierten Verlust von 15 Prozent geführt.

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 Quelle: Kenneth French, Goldman Sachs Global Research