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US-Wirtschaft „Wenn die Türen sich öffnen, kehren die Menschen zurück“

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Welche Parameter haben Sie noch unter die Lupe genommen – und mit welchem Ergebnis?

Desai: Wir haben mit Hilfe von Google-Daten ausgewertet, wie viel Zeit die Menschen im Nahverkehr und am Arbeitsplatz verbringen. Dabei konnten wir feststellen, dass das Verkehrswesen je nach Bundesstaat unterschiedlich stark wieder in Fahrt kommt. Staaten wie Ohio, Texas und Georgia lassen eine markante Besserung erkennen. New York und New Jersey hingegen liegen trotz einiger Verbesserungen immer noch mehr als 50 Prozent unter dem üblichen Wert – und auch Washington, Kalifornien und Florida hinken hinterher. Auch die Verweildauer am Arbeitsplatz nimmt wieder zu – ebenfalls in unterschiedlicher regionaler Ausprägung. Über das ganze Land betrachtet liegt der aktuelle Wert rund 40 Prozent unter dem Ausgangswert, was immerhin einer Verbesserung um 10 Prozent gegenüber dem Tiefstand entspricht.

Sie hatten anfangs die Frage erwähnt, wie sich die Menschen in Restaurants verhalten werden. Konnten Sie auch hierzu Daten auswerten?

Desai: Ja, wir haben hierfür Nutzungsdaten des Online-Reservierungssystems OpenTable analysiert. Und die jüngsten Reservierungszahlen zeigen ein leicht ermutigendes Bild: In Oklahoma, Texas, Alabama, South Carolina, Arizona, Kansas und Indiana sind die Reservierungen rund 55 bis 65 Prozent niedriger als vor einem Jahr. In Kentucky, Utah, Colorado, Oregon, Tennessee und New Mexico liegen sie 70 bis 80 Prozent niedriger, in Rhode Island liegen sie lediglich zehn Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Sie haben auch Daten zur stundenweisen Beschäftigung ausgewertet. Welche Erkenntnisse haben Sie in diesem Bereich gewonnen?

Desai: Die Auswertungen belegen, dass sich die Beschäftigung von Arbeitnehmern auf Stundenbasis in Florida und Ohio und zu einem gewissen Grad auch in Texas und Georgia deutlich verbessert hat. Weniger ermutigend ist die Tatsache, dass in den meisten Staaten – mit Ausnahme von Ohio – in den letzten Wochen keine oder nur geringe Verbesserungen zu verzeichnen waren.

Wie lautet Ihr Fazit unterm Strich –  ist mit den US-Verbrauchern als stabilisierender Faktor für eine wirtschaftliche Erholung zu rechnen?

Desai: Alles in allem halte ich die Daten für ermutigend, denn sie liefern Indizien dafür, dass die Menschen gewillt sind, zu einem normalen Leben zurückzukehren. Das heißt: Wenn sich die Türen öffnen, kehren die Menschen zurück. Sie erwarten jedoch, dass angemessene Sicherheitsvorkehrungen greifen. Wenn sie das Gefühl haben, dass vernünftige Schutzmaßnahmen umgesetzt werden, werden sie sich nicht weiter aus Angst verstecken. Das könnte dazu beitragen, dass die Erholung während des Sommers und des Frühherbstes, noch vor dem befürchteten neuerlichen Aufflackern der Infektionen im Oktober und November, an dringend benötigter Dynamik gewinnt. In der Zwischenzeit werden die politischen Entscheidungsträger einen gewissen Spielraum haben, um die Ergebnisse der verschiedenen Strategien in den einzelnen US-Bundesstaaten und Ländern zu vergleichen und festzustellen, ob einem möglichen erneuten Anstieg der Infektionen mit gezielteren Maßnahmen begegnet werden muss.

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