Die größten Finanzbetrüger – Picam Knapp 6 Jahre Haft für Picam-Gründer Thomas Entzeroth

Eingangsportal des Kriminalgerichts in Berlin-Moabit

Eingangsportal des Kriminalgerichts in Berlin-Moabit, wo gestern das Urteil gegen Picam-Gründer Thomas Entzeroth gesprochen wurde. Foto: Imago / Schöning

Wegen Untreue, Betrug und Urkundenfälschung: Thomas Entzeroth wurde gestern vor dem Kriminalgericht Berlin-Moabit zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnisstrafe verurteilt. Er hatte zwischen 2007 und 2017 Hunderte Millionen Euro mit der Vermögensverwaltung Picam eingesammelt, die Gelder jedoch nicht angelegt, sondern veruntreut. Das geht aus einem Bericht des „Handelsblatts“ (Paywall) hervor.

Zweistellige Renditeversprechen

Picams Versprechen: Ein Computer namens Forans, der automatisiert Handelssignale auswertet, kann den perfekten Einstiegszeitpunkt in Dax-Derivate ermitteln. So könne Picam Renditen zwischen 15 und 20 Prozent jährlich erwirtschaften.

„Gut möglich“, dachten sich 3.000 Anleger, die mehr als 320 Millionen Euro in diesen Wunsch investierten. Auch während der Niedrigzinsphase und nach der Finanzkrise 2008 klang dieses Versprechen wohl plausibel genug, um immer neue Anleger zu gewinnen. Wäre die gesamte Summe auf einmal investiert worden, hätten daraus in zehn Jahren zwischen 1,3 und knapp 2 Milliarden Euro werden sollen.

Verlust von 80 Millionen Euro

Doch wie bei deutlich zweistelligen Renditeversprechen schon abzusehen ist, gab es statt des Supercomputers Forans nur einen riesengroßen Schneeball, der 80 Millionen Euro verschwinden ließ. Ein klassisches Ponzi-Schema. Entzeroth und seine Partner nutzten frische Anlegergelder, um Bestandsanleger auszuzahlen. Etwa 200 Millionen Euro wurden so wieder ausgeschüttet.

Die Beschuldigten bedachten sich aber auch selbst: „Ein Großteil der Gelder wurde von den Angeschuldigten für sich und für ihnen nahestehende Dritte verwendet“, so die Anklage. Demnach habe sich Entzeroth selbst elf Millionen Euro in bar auszahlen lassen.

Firmengeflecht, vertrauenerweckender Wirtschaftsprüfer und gefälschte Reportings

Zu den Anlegern zählten Gutverdiener, die wenig Zeit hatten, um sich um ihre Finanzen zu kümmern. Geworben wurden sie meist über Geheimtipps von Bekannten, öfter noch über Bekannte von Bekannten. Auch das ist typisch für Schneeballsysteme. Verschleiert wurde der Betrug zudem dadurch, dass es ein Geflecht von Firmen gab, die in der Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und Deutschland verteilt waren. Hinzu kamen fiktive Reportings, die den Anlegern quartalsweise vorgelegt wurden.

 

Einer der zwei Mitangeklagten habe nach Angaben der Staatsanwaltschaft zudem als Wirtschaftsprüfer Vertrauen erzeugt. Obwohl er von dem Schneeballsystem gewusst habe, habe er jährliche Renditen zwischen 14 und 30 Prozent bestätigt. Er wurde wegen Beihilfe zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Ein dritter Angeklagter habe fiktive Reportings für die Anleger erstellt. Sein Verfahren wurde abgetrennt.

Verteidiger könnten in Revision gehen

Bereits 2016 berichtete das „Handelsblatt“ über Unstimmigkeiten bei Picam. Die Razzia folgte 2018. Das Verfahren gegen Entzeroth und seine Partner begann im Februar 2024, hat sich also über ein Jahr lang gezogen. Über das System Picam hat das Handelsblatt zu Prozessbeginn in seinem Crime-Podcast gesprochen.

Ob das Urteil den Schlussstrich unter den Picam-Betrug zieht, bleibt abzuwarten; Entzeroths Verteidiger haben sich noch nicht dazu geäußert, ob sie in Revision gehen. Ungeklärt ist auch die Rolle der Vertriebler. Waren sie wirklich gutgläubig? Hätten sie bei 20 Prozent Rendite nicht misstrauisch werden sollen?

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