Urteil im Greensill-Skandal: Die Gemeinde Vaterstetten hat vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verloren. Sie hatte dabei gegen einen Finanzvermittler geklagt. Inzwischen hat der BGH seine Urteilsbegründung veröffentlicht. Darüber berichtete zunächst das Medium Der neue Kämmerer.
Der Finanzvermittler ist demnach seiner Informationspflicht gegenüber der Gemeinde nachgekommen. Er hat das aktuelle Rating der Greensill Bank zum Anlagezeitpunkt mitgeteilt – und musste nicht darauf hinweisen, dass es sich verschlechtert hat. Laut den Richtern schuldet er der Gemeinde keine „fachkundige Bewertung und Beurteilung“ der Bonität des Emittenten.
Kämmerer muss ein Rating einordnen können
Die bayerische Gemeinde Vaterstetten legte seit März 2017 Festgeld bei Greensill angelegt. In der Klage ging es um eine Summe von einer Million Euro, die im Dezember 2020 angelegt wurde. Der Finanzvermittler hatte das Rating der Bank in mehreren Mails erwähnt und führte seit dem 6. Oktober 2020 das schlechtere Rating von BBB+ auf.
Besonders wichtig: Der Vermittler durfte bei einer Gemeinde mit eigenem Kämmerer davon ausgehen, „dass den dort für die Anlageentscheidung verantwortlichen Personen die verschiedenen Rating-Grade und ihre Bedeutung geläufig sind“, so die Richter. In den Vorinstanzen wurde dies noch anders bewertet.
Anders lief es beispielsweise bei der nordhessischen Kommune Schauenburg. Diese hatte in ihren Anlagerichtlinien ein Mindestrating von A-. In diesem Fall hatte der Finanzvermittler die Gemeinde darauf hinweisen müssen, dass sich das Rating verschlechtert hatte. Entsprechend urteilte der BGH im Juli für die Gemeinde.
Der Greensill-Skandal
Die Finanzaufsicht Bafin hatte die Bremer Tochter der britisch-australischen Finanzfirma Greensill Anfang März 2021 wegen drohender Überschuldung für den Kundenverkehr geschlossen. Insgesamt waren von Greensill-Gläubigern Forderungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro angemeldet worden.
Bei einer Sonderprüfung hatten die Finanzaufseher zuvor Ungereimtheiten in der Bilanz des Instituts entdeckt. „Die Bafin hat in einer forensischen Sonderprüfung festgestellt, dass die Greensill Bank nicht in der Lage ist, den Nachweis über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat“, erklärt die Aufsicht damals.
