Büro-Investments „Unternehmen sehen das zentrale Büro als unverzichtbare Basis “

Tamim Dawar

Tamim Dawar: „Die Zeiten, in denen man mit passiven Anlagestrategien zufriedenstellende Renditen erzielen konnte, sind bis auf Weiteres vorbei.“ Foto: Kriton Institutional Funds

Einerseits eignen sich Sachwerte, insbesondere Gewerbeimmobilien mit indexierten Miet-Verträgen und entsprechend soliden Cash-Flows, hervorragend als Inflationsschutz. Andererseits trüben gestiegene Fremdfinanzierungs- und Baukosten die Rendite-Erwartungen.

Im Rahmen dieser Neuorientierung zeichnet sich aktuell eine deutliche Zurückhaltung am Transaktionsmarkt ab. Sobald jedoch eine erforderliche Preisanpassung vollzogen ist und die Konjunktur- und Zinsperspektiven wieder beständig und kalkulierbar sind, wird das Transaktionsvolumen zulegen und die Immobilie wieder ihre stabilisierende Rolle im Rahmen der Kapitalanlagen institutioneller Anleger einnehmen.

Im gegenwärtigen Marktumfeld erweisen sich vor allem qualitativ hochwertige Gewerbeimmobilien, etwa moderne ESG-konforme Bürogebäude, als relativ wertbeständig. Bei älteren Objekten müssen Bestandshalter hingegen mit deutlichen Preisabschlägen rechnen.

Warum Manage-to-Core-Strategien bei Büro-Investments?

Mehr als 75 Prozent aller Büroflächen in Deutschland sind älter als 20 Jahre und entsprechen nicht den modernen Anforderungen an Energieeffizienz und bedarfsgerechten Raumnutzungskonzepten – zwei entscheidenden Kriterien für Büronutzer und -investoren.

 

 

Zur Sicherstellung der künftigen Vermietbarkeit und somit zur Vermeidung signifikanter Wertverluste ist eine Neupositionierung des Bürobestands dringend geboten.

Die Leerstandsquote der Top 7-Städte sowie der zahlreichen wachstums- und beschäftigungsstarken deutschen Wirtschaftsmetropolen bewegt sich zwar noch immer überwiegend nahe der Vollvermietung – trotz gesunkener Nachfrage nach Büroräumen, durch Homeoffice und flexible Arbeitsplatzmodelle. Dies resultiert allerdings aus einer spürbaren Knappheit an modernen Büroflächen („Green Premium Assets“), für die langfristig ein Nachfrageüberhang zu erwarten ist. Verstärkt wird der Mangel an modernen Büroflächen durch den Rückgang der Neubautätigkeit aufgrund gestiegener Zinsen und Baukosten sowie der Zurückhaltung von Banken und Investoren.

Eine Modernisierung des Altbestands stellt zwar eine Herkulesaufgabe dar, ist jedoch nicht nur ökonomisch vorteilhaft, sondern auch im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ökologisch wünschenswert und immobilienwirtschaftlich zwingend notwendig.

Wie konnten sich Angebot und Nachfrage am Büromarkt so deutlich auseinanderentwickeln?

Der Büromarkt ist seit einigen Jahren einem spürbaren Wandel unterworfen – in Deutschland wie auch international. Der Trend zu modernen, flexiblen Arbeitsplatzmodellen mit Homeoffice, dezentralen Meetings und digitaler Kommunikation wurde durch die Pandemie beschleunigt und ist aufgrund des Wettbewerbs um qualifizierte Mitarbeiter nicht mehr völlig umkehrbar.

Im Gegenzug sehen Unternehmen im zentralen Büro eine unverzichtbare Basis für Kommunikation, Produktivität, Innovation, die Etablierung und Pflege einer Unternehmenskultur sowie für die Schulung und das Mentoring von Arbeitnehmern. Um Mitarbeiter zurück ins Büro zu holen und sie langfristig an das Unternehmen zu binden, wächst die Bedeutung:

  • Qualitativ hochwertiger Büroflächen
  • Guter Verkehrsanbindung
  • Attraktiver lokaler Infrastruktur (Nahversorgung, Gastronomie, etc.)
  • Positiver Arbeitsatmosphäre / attraktiver Gemeinflächen und die Einbindung weiterer „Wohlfühl-Elemente“ (Cafeterien, Kantinen, etc.).

Ein weiterer Trend, der eine hohe und anhaltende Bedeutung für die Immobilienwirtschaft und damit auch für die Errichtung, Modernisierung und Nutzung von Büroflächen hat, resultiert aus dem fortschreitenden Klimawandel. Circa 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und etwa 36 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden Immobilien zugeschrieben.

So erfährt das Thema Nachhaltigkeit nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung – und damit auch bei Immobiliennutzern und -investoren – ein gestiegenes Bewusstsein. Auch der Regulator erwirkte unter anderem durch die Einführung der EU-Taxonomie weitreichende ESG-Anforderungen für sämtliche Immobiliennutzungsarten.

Was heißt das für künftige Büro-Investments?

Selektives Vorgehen bei der Auswahl von Bestandsobjekten in guten und nachhaltig prosperierenden Lagen mit aktivem Managementpotenzial bietet attraktive Anlagechancen mit einem günstigen Chance-/Risiko-Profil. Wichtig ist, dass die individuellen Businesspläne und die darin festgelegten Aufwertungsmaßnahmen im Rahmen der Ankaufs- & Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den Mikrostandort, die spezifischen Objektgegebenheiten und die adressierten Mieter zugeschnitten werden. Der Plan sollte umfassen:

  • Finanzierung
  • Mietlaufzeiten
  • Mieterqualität
  • Flächenveredelung/-flexibilisierung
  • Modernisierung
  • Repositionierung
  • Flächenumnutzung

 

 

 

Das aktuelle Marktumfeld bietet in diesem Segment schon jetzt sehr interessante Ankaufsopportunitäten für ein breites Spektrum von Manage-to-Core- und Manage-to-Green-Aufwertungskonzepten. Geeignete Anlagestrategien lassen sich dabei auf den jeweiligen Risiko-Appetit und die Rendite-Anforderungen des Investors ausrichten. Exemplarisch seien hier einige solcher Investmentansätze genannt:

  • Langlaufende Core-Plus-Investments mit stabilen laufenden Ausschüttungen.
  • Value-add-Investments mit hoher endfälliger Performance.
  • Reine Value-add-Portfolioansätze mit 5-7-jähriger Laufzeit, die im Gegensatz zu Einzeltransaktionen eine regionale und sektorale Streuung und zudem über die projektspezifischen Aufwertungsansätze zusätzliche Risiko-Diversifikation ermöglichen.
  • Portfolioansätze, bei denen kurz-, mittelfristige und langlaufende Investments (Core-Plus- & Value-add) gemischt werden, die ebenfalls die zuvor beschriebene Diversifikation ermöglichen. Zudem lassen sich in diesem Fall durch geschickte Portfoliogestaltung über die Laufzeit sowohl überdurchschnittliche, laufende Ausschüttungen als auch eine beachtliche Gesamtperformance realisieren.

Die lange Marktphase der Niedrig- und Negativzinsen ist vorbei. Die stürmische Periode, in der sich Pandemie, Krieg, Versorgungsengpässe, hohe Inflation und galoppierende Zinsen aneinanderreihten und so das Wirtschaftswachstum dämpften, wird in den kommenden zwölf Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren Schrecken verlieren.

Zwar wird das erwartete Zinsumfeld nicht wieder zu dem historisch niedrigen Niveau der vergangenen Jahre zurückkehren, aber eine planbare Kalkulationsbasis für die Normalisierung der Transaktionsmärkte bieten.

Für die Immobilienmärkte bedeutet dies, dass die Zeiten, in denen man auch mit passiven Anlagestrategien zufriedenstellende Renditen und Wertzuwächse erzielen konnte, bis auf Weiteres vorbei sein dürften. Veränderte Zinsen und Risiko-Spreads erfordern sowohl innerhalb der Immobilienbranche als auch im direkten Wettbewerb zu anderen Assetklassen ein Umdenken in den Anlagekonzepten. Strukturwandel in allen Nutzungsarten, moderne Mieter- und ESG-Anforderungen bringen hohe Herausforderungen für den Immobilienbestand mit sich und verstärken die Bedeutung (krisen-)erprobter Immobilienexpertise und der selektiven Auswahl von Anlageobjekten.


Über den Autor:

Tamim Dawar ist seit Dezember 2021 als Managing Partner der Kriton Institutional Funds verantwortlich für das Fondsgeschäft und institutionelle Kunden. Er hat seit 25 Jahren in unterschiedlichen Funktionen internationale Immobilien-, Beteiligungs- und Fondsportfolien unter anderem für ERGO/Münchener Rück, IVG Immobilien AG und KGAL strukturiert, vermarktet und gemanagt sowie verschiedene marktorientierte Bereiche aufgebaut und verantwortet.

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