Unnötige Kundenschwellen? „Die Vermögensgröße des Kunden sollte nur für die Bepreisung wichtig sein“

Jörg-Dieter Brand vom Maklerkontor Brand & Co.

Jörg-Dieter Brand vom Maklerkontor Brand & Co.

In jüngerer Zeit hat es vielerlei Bemühungen gegeben, mehr Ordnung in die Begriffswelt im Zusammenhang mit dem Thema Family Office zu bekommen.

Ob Multi, Multi Client oder Single Family Office, ob Core, Secondary oder Added Services, ob Private Wealth Management oder Family-Office-Dienstleistungen für (Ultra) High Net Worth Individuals: Mit dem Begriff Family Office verbinden viele immense Vermögen aus „altem Reichtum“.

Abgesehen davon, dass laut einer Studie der Universität Witten/Herdecke die Mehrheit der deutschen Unternehmerfamilien noch nie über die Nutzung von Family-Office-Dienstleistungen nachgedacht hat, sollte man dennoch einmal die Frage nach den Kriterien für die Inanspruchnahme derartiger umfassender Vermögensbetreuungsangebote aufwerfen.

Man liest im Zusammenhang mit Private Wealth Management immer wieder von Vermögensgrößen für High Net Worth Individuals (HNWIs) ab einer Million Euro und Ultra High Net Worth Individuals (UHNWIs) ab 15 Millionen Euro, zuweilen erst ab 30 Millionen. Gemeint ist wohl das liquide Vermögen. Single Family Offices betreuen Vermögensgrößen ab 50 Millionen Euro, Multi Family Offices auch unterhalb dieses Wertes.

Verschiedene Ausprägungen von Family-Office-Dienstleistungen

Wichtig ist zunächst einmal festzuhalten, dass es um Unternehmerfamilien und deren Familienvermögen geht. Die Vermögensklassen umfassen sowohl das/die Unternehmen(sbeteiligungen) als auch die unternehmensunabhängigen Vermögenspositionen – häufig als Privatvermögen bezeichnet.

Family-Office-Dienstleistungen setzen genau hier an und bieten zentrale Dienstleistungen (Core Services) für das Asset Management in all seinen Ausprägungen als Vermögensverwalter, als Mittler zu externen Depotmanagern oder nur als Marktinformationsbeschaffer. Hier lassen sich in der Tat Vorteile für Familien organisieren, wenn sich so der Zugang zu einem breiten Dienstleistungsangebot und globalen Produktangeboten sowie Kostenvorteile durch die Bündelung von nennenswerten Anlagesummen ergeben.

Zu den weiteren zentralen Dienstleistungen zählen das Financial Planning und das Estate Planning. Hier gilt es herauszuarbeiten, wie das unternehmensunabhängige Vermögen sich herausbilden und erhalten bleiben und wachsen kann. Zentrales Problem ist die betriebliche Verhaftung des Privatvermögens.

Ein weiteres Problem stellt die familienrechtliche Verteilung im Falle von Scheidung und Tod dar. Hier könnte sich ein weiterer Vorteil für Familien – auch mit kleinerem als oben angenommenen Vermögensschwellenwerten – ergeben, wenn eine strategische Vermögensplanung diese Haftungsprobleme ausdrücklich berücksichtigt und ein darauf aufbauendes Vermögens-Controlling das Haftungsmanagement berücksichtigt.

Während also die ganz großen Vermögen den Anspruch an ihr Single Family Office haben, neben dem Finanzvermögen auch ihr Human- und ihr Sozialvermögen mit berücksichtigt zu wissen, geht es bei Multi Family Offices im Kern um das Asset und Liability Management, das Management von Versorgungsbausteinen, Versicherungen und Immobilien sowie das Tax- und Legal-Management.

Wozu überhaupt Vermögensgrößen?

All diese planerischen Ansätze und administrativen Umsetzungen im Verein mit einem transparenten Reporting sollten für jeden Vermögensinhaber Mehrwerte bereitstellen.

Die reine Vermögensgröße ist eher dazu angetan, sich Gedanken über eine adäquate Bepreisung zu machen. Abhängig von der Anzahl der Familienmitglieder, der Zahl der Depots, der Immobilien, der Beteiligungen, der Zielrenditen – halt der Komplexität des Familienvermögens – hat eine umfassende Family-Office-Dienstleistung ihren Preis. Häufig wird dieser pauschal in Prozent der Summe des betreuten Vermögens angesetzt.

Kleinere Vermögensgrößen sollten sich von einem dann höheren Honorarsatz nicht zurückhalten lassen, eine solch umfassende Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Zu oft zeigt sich – gerade bei „neuem Reichtum“ –, dass planlos, durch viele interessierte Einflussgeber unkoordiniert, letztlich unprofessionell das Familienvermögen gemanagt wird. Alles hängt am Erfolg der aktiven Unternehmensbeteiligung, niemand bezieht das Haftungsrisiko aktiv in die Überlegungen ein, jeder Externe fühlt sich – wenn überhaupt – verantwortlich für seinen zu managenden Ausschnitt des Vermögens.

Vielleicht bietet ja die gegenwärtige Umbruchsituation von provisionsgebundener Vergütung zur sogenannten Honorarberatung für Unternehmerfamilien im Schwellenbereich der genannten Vermögensgrößen die Gelegenheit neu abzuwägen, ob nicht eine zeitsparende, professionelle, umfassende Vermögensbetreuung in den Händen eines objektiven und unabhängigen Beraters, der rein im Interesse der Auftrag gebenden Familie handelt und deren vorher festgelegten Ziele verfolgt, der zeitgemäße Weg ist. Wenn Unternehmer die gleiche Messlatte für Professionalität an ihr Privatvermögen legten wie an ihr Unternehmensmanagement, wäre die Antwort klar.

Über den Autor:
Jörg-Dieter Brand ist Gründer und Geschäftsführer des Maklerkontors Brand & Co. Vermögensbetreuung GmbH & Co. KG aus Bad Oeynhausen. Seine Gesellschaft ist spezialisiert auf Family-Office-Dienstleistungen für Unternehmerfamilien. Brand ist Certified Financial Planner, Finanzökonom (ebs) und Testamentsvollstrecker (EBS).

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