Liqid-Vorstand Die Angst der Deutschen vor Aktien

Fordert dringend ein Umdenken der Deutschen beim Thema Aktien und Altersvorsorge: Liqid-Chef Christian Schneider-Sickert

Fordert dringend ein Umdenken der Deutschen beim Thema Aktien und Altersvorsorge: Liqid-Chef Christian Schneider-Sickert

Dem Global Wealth Report 2017 der Boston Consulting Group (BCG) zufolge ist das private Finanzvermögen in Deutschland, das sich aus Bargeld, Aktien, Wertpapieren und Fonds zusammensetzt, im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent auf 6,3 Billionen US-Dollar gestiegen. Damit blieben die Deutschen hinter dem weltweiten Wachstum zurück: Die globale Zuwachsrate beim privaten Finanzvermögen stieg im vergangenen Jahr durchschnittlich um 5,3 Prozent und damit wesentlich stärker als in Deutschland.

Woran liegt das? Die Deutschen sparen doch schließlich wie die Weltmeister. Ein genauer Blick verrät jedoch: Die Deutschen sparen falsch. Die meisten von uns lassen ihr gesamtes liquides Vermögen praktisch zinslos auf Spar-, Tages- und Festgeldkonten schlummern. Oder sie investieren es in Bundesanleihen. Die bringen nicht nur keine Zinsen, sondern bergen auch noch ein Verlustrisiko. Denn wenn die Zinsen wieder steigen, geht ihr Kurs zurück.

Am Aktienmarkt dagegen engagiert sich nur eine kleine Minderheit der Bundesbürger. Nur etwa jeder achte Deutsche hält Aktien entweder direkt oder in Form von Fonds. Dabei gibt es in zinslosen Zeiten wie diesen keine Alternative zum Aktienmarkt, wenn man sein Vermögen nur real erhalten möchte.

Konkret bedeutet das: Wer heute nicht mindestens 50 Prozent seines Finanzvermögens in Aktien anlegt, muss damit rechnen, dass er langfristig nach Abzug von Inflation und Steuern einen Verlust erleidet. Das sind wahrlich keine guten Aussichten.

Ich bin mir sicher: Den meisten Bundesbürgern ist dieser Zusammenhang nicht bewusst. Sonst würden sie nicht so nachlässig mit ihrem Vermögen umgehen. Doch falsch verstandenes Sicherheitsdenken gepaart mit mangelnder Aufklärung führt zu diesem Verhalten.

In diesem Punkt können wir Deutschen wahrlich von anderen Völkern lernen. Man muss sich das einmal vorstellen: Briten, Italiener und Franzosen haben im Durchschnitt mehr Finanzvermögen angehäuft als die Bundesbürger. Und das obwohl diese Länder wirtschaftlich schlechter dastehen als die Bundesrepublik.

Doch bei der Geldanlage beweisen die Bürger dieser Länder eben mehr Mut als die Deutschen. Und das zahlt sich für sie aus. Der Vergleich hinkt, weil Immobilien nicht eingerechnet werden? Im Gegenteil: Die Wohneigentumsquote ist in den drei genannten Ländern ebenfalls höher als in Deutschland.

In Deutschland ist der Vorbehalt gegenüber der Aktie übrigens keine Frage von arm oder reich. Die Bedenken sind in allen Bevölkerungsschichten weit verbreitet. Nicht zuletzt weil die Wohlhabenden vor der Aktie zurückschrecken, ist in Deutschland die Zahl der Millionäre relativ gering. Auch das geht aus dem Global Wealth Report hervor.

Demnach leben in Deutschland 473.000 Millionäre (in US-Dollar gerechnet). Gemessen an der Zahl der Haushalte kommen die Millionäre in Deutschland damit nur auf einen Anteil von 1,2 Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz beträgt die Millionärsquote 13,4 Prozent – also elfmal höher als in der Bundesrepublik.