Um Kunden zu halten Schweizer Privatbanker strömen nach Deutschland

Für Mitarbeiter aus dem Finanzsektor auf der Suche nach einem Job bei Schweizer Privatbanken ist es wohl besser, sich bei deren europäischen Tochtergesellschaften umzusehen als in der Schweiz.

In den vergangenen sechs Jahren ist die Zahl der Mitarbeiter bei derartigen Tochtergesellschaften außerhalb der Schweiz um 67 Prozent auf 900 gestiegen, verglichen mit einem Plus von nur 6 Prozent im Heimatmarkt, berichtet die Vereinigung Schweizerischer Privatbanken. Die zehn Mitgliedsbanken der Vereinigung beschäftigen weltweit mehr als 6.000 Mitarbeiter.

"Dieser Trend verstärkt sich weiter", sagte jüngst Christoph Gloor, Präsident der Vereinigung auf der Mitgliederversammlung in Basel. "Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass es unserem Land gelingt, sich den Zutritt zu diesen Exportmärkten zu sichern."

Schweizer Privatbanken würden es vorziehen, wenn sie ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend den vermögenden Europäern in ihren jeweiligen Heimatländern anbieten könnten. Sie sind auch besorgt, dass die Eröffnung von Filialen im Ausland und andere Anforderungen für lokal regulierte Geschäfte gemäß den Gesetzesvorschlägen der Europäischen Union kostspielig sein könnten.

Grenzüberschreitende Bankenaktivitäten bedeuten, dass die Kunden in der Regel in die Büros in Genf, Basel, Zürich oder Lugano kommen müssen, um mit ihren Kontenverwaltern zu sprechen oder an ihr Geld zu kommen. Einen Kunden in Frankreich aus Genf anzurufen, ist nicht erlaubt.

Derartige Hindernisse haben einige Banken bewogen, Zweigstellen, Tochtergesellschaften oder Repräsentanzen in europäischen Ländern zu eröffnen und vor Ort Mitarbeiter anzuheuern oder Leute aus der Schweiz zu versetzen. Pictet & Cie. teilte im März mit, sie habe ein Büro in München eröffnet, während Bordier & Cie. im Februar sagte, sie werde ihre in London angesiedelte Vermögensverwaltung unter dem Namen Bordier umbenennen und neue Mitarbeiter einstellen. Mirabaud hat in Valencia Ende 2012 das dritte Büro in Spanien eröffnet.

Neue Geschäftsaktivitäten in Großbritannien, Frankreich und Deutschland könnten auch dazu beitragen, Kunden zu halten, die in der Schweiz unversteuerte Gelder bunkerten und nun steuerkonforme Konten haben wollen ohne die Komplikationen und Kosten, im Ausland gehaltene Vermögen zu melden.

Zwar ist die Schweiz weiterhin weltweit führend bei der Vermögensverwaltung und ihre politische und wirtschaftliche Stabilität bleibt ein Vorteil. Aber die Schweizer Regierung habe in den vergangenen Jahren wenig getan, um den Banken zu helfen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, so die Vereinigung.

Stattdessen wurde in den vergangenen viereinhalb Jahren der Stabilität des Finanzsystems und der fiskalen Transparenz Priorität gegenüber der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Verbesserungen beim Marktzugang für Schweizer Vermögensverwalter eingeräumt, so die Vereinigung, zu der unter anderem Cie. Lombard, Odier, die älteste Genfer Bank, sowie Pictet und La Roche & Co. gehören.

"Es wird nicht gewährleistet, dass wir einen großen Teil unserer Kunden von der Schweiz aus bedienen können", sagte Gloor in seiner Rede. "Wir haben Mühe, zu erkennen, welche gezielte proaktive Maßnahme ergriffen wurde, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes zu stärken."

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