Ulrich Janus über Künstliche Intelligenz „Der menschliche Faktor ist weiterhin wesentlich“

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Für Trendfolger besteht doch die Herausforderung, schnell genug Trends zu erkennen und entsprechend zu investieren, gleichzeitig aber nicht jede Marktentwicklung als Trend zu identifizieren und über Trading-Kosten jedwede Performance einzubüßen.

Janus: Der Schlüssel hierbei liegt in dem Zusammenwirken unterschiedlicher Handelsmodelle. Jedes einzelne Modell kommt auf seine Weise zu einer Einschätzung über das Bestehen eines Trends. Die Position der Gesamtstrategie wird dann unter Einbeziehung aller Modelle ermittelt. Durch diesen Prozess können Schwächen einzelner Model ausgeglichen werden. Zudem sind die Modelle bezüglich ihrer Methodik und ihres Zeithorizonts diversifiziert. Dadurch kann die Gesamtstrategie einerseits schnell auf Marktbewegung reagieren, erreicht aber andererseits erst dann eine volle Positionierung, wenn eine entsprechende Einigkeit unter den Modellen besteht.

Künstliche neuronale Netze sind eine Disziplin maschinellen Lernens. Warum sind diese für Währungsmärkte besonders geeignet?

Janus: Unter dem Begriff des maschinellen Lernens wird eine große Anzahl von datengetriebenen Lernansätzen in verschiedenen Anwendungsfeldern zusammengefasst. Das macht es schwierig von klar abgegrenzten Disziplinen zu sprechen. Künstliche neuronal Netze sind sehr flexibel und vielseitig einsetzbar und zeigen gegenüber anderen Lernalgorithmen eine gute Performance. Sie sind gut geeignet für das Erfassen komplexer und schwer zu beschreibender Prozesse, wie sie der Entwicklung von Wechselkursen zu Grunde liegen.

Welche Art von Muster erkennen die Lernalgorithmen eigentlich?

Janus: Bei unserem direktionalen und preisbasierten Ansatz steht die Trendfolge im Vordergrund. Es geht also darum Trends zu erkennen und auszunutzen. Die Behavioural Finance liefert die theoretische Bestätigung dafür, dass es Trends gibt. Wie sie sich aber genau zeigen, erkennt der Algorithmus, und das vor allem auf Basis von Preisdaten. Es hat sich gezeigt, dass fundamentale Wirtschaftsdaten erst langfristig zum Tragen kommen, aber die kurz- und mittelfristigen Trends kaum beeinflussen.

Wie ist 7orca beim Training seines Algorithmus vorgegangen?

Janus: Zunächst muss man sich die Frage stellen, was der Algorithmus lernen soll, und welche Daten er hierfür benötigt. Diese Entscheidungen haben erheblichen Einfluss auf den Lernerfolg. Der tatsächliche Lernprozess gestaltet sich dann iterativ über einen Zyklus von Training und Validierung, über den die Feinjustierung des Lernprozesses vorgenommen wird. Wichtig ist, dass der Algorithmus sein gelerntes Verhalten auch auf neue Daten erfolgreich übertragen kann, also eine vergleichbare Performance auf Trainings- und Testdaten erreicht.

Wie viel menschlicher Faktor steckt in so einem Lernalgorithmus überhaupt noch drin?

Janus: Der menschliche Faktor ist weiterhin wesentlich. Denn der Entwickler muss das Problem für den Algorithmus so aufbereiten, dass dieser zu einer sinnvollen Lösung kommen kann. Auch die letztendliche Prüfung, dass der Algorithmus tatsächlich das erhoffte tut, kann dem Menschen niemand abnehmen.

Kann man durch die Güte der eingesetzten Daten ein Problem beim maschinellen Lernen bekommen?

Janus: Die Daten sind natürlich wichtig. Allerdings nutzen wir im Wesentlichen Preisdaten für die Modelle, die allgemein zugänglich sind. Falls man sich auf Indikatoren externer Nischenanbieter stützt, hat man hier vielleicht eher ein Risiko. Das ist bei uns aber nicht der Fall.


Über den Interviewten:
Dr. Ulrich Janus ist einer der Mitgründer der Hamburger Fondsboutique 7orca Asset Management, die auf das Währungs-Overlay-Management spezialisiert ist. Dort arbeitet der 43-Jährige im Quant-Research an der Entwicklung quantitativer Investmentstrategien und verantwortet die Entwicklung der eingesetzten Machine-Learning-Technologie. Vor seiner Zeit bei 7orca leitete Janus das Quant-Research-Team im Asset Management bei der Berenberg Bank.

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