Personalberater Biermann Neff zur Übernahme der Credit Suisse „Ein ehemaliges Vorzeigeinstitut der Schweiz ist Geschichte“

Jonas Neff und Klaus Biermann sind Gründungspartner des Headhunters Biermann Neff mit Büros in Zürich und Frankfurt.

Jonas Neff und Klaus Biermann sind Gründungspartner des Headhunters Biermann Neff mit Büros in Zürich und Frankfurt. Foto: BiermannNeff

private banking magazin: Die UBS hat die Credit Suisse übernommen. Was ist aus Sicht eines Personalberaters passiert?

Klaus Biermann und Jonas Neff: Ein ehemaliges Vorzeigeinstitut der Schweiz, auch wenn dies bereits einige Jahre zurückliegt, ist Geschichte. Das Verhalten sämtlicher Führungsriegen der Bank hat in den letzten Jahren durch eine Aneinanderreihung von Fehlern und Skandalen zu einem massiven Vertrauensverlust geführt, der am Wochenende in der Übernahme durch die UBS gipfelte. Die historischen Geschehnisse der letzten Tage sind in diversen Artikeln sehr gut zusammengefasst. Der Schweizer Bundesrat hat am Sonntag um 19:30 Uhr informiert. Es war zwar abzusehen, dass die Credit Suisse nicht so weiter machen konnte wie bisher, jedoch ist die Entwicklung und insbesondere die Dynamik dramatisch und ein Schock für den Finanzplatz Schweiz. Der Vertrauensverlust war zu groß; zu klein der Glaube, dass die Bank es noch ohne Unterstützung schafft.

„Ein ehemaliges Vorzeigeinstitut der Schweiz ist Geschichte.“

Hierzu hat sicherlich auch eine sehr schwache und schlechte Kommunikationspolitik beigetragen, die im Finanzdienstleistungssektor natürlich eine sehr wichtige Komponente ist. Die Ethik und Kultur der Bank wurde zu langsam an neue Rahmenbedingungen angepasst, zu sehr wurde geglaubt, dass man wieder einmal „einfach so weiter“ machen kann. Der „ Abstiegskampf“ wurde nicht angenommen. Es gab keine glaubwürdige Strategie, die Vertrauen für die Zukunft schafft. Interessant in der Hinsicht ist, dass sich eine falsche Kultur und schlechte Führung doch durchsetzt – leider auf dem Rücken vieler Tausender guter Mitarbeiter, die für den Schlamassel in keiner Weise verantwortlich sind.

Welche Auswirkungen hat der Zusammenschluss, beziehungsweise die Übernahme?

Neff und Biermann: Wir sind in einer absoluten Sonder-, ja eher sogar Extremsituation. Die Credit Suisse als Counterparty am Schweizer und internationalen Finanzmarkt ist, so wie es sich abzeichnet, nicht mehr existent. Die UBS wird nicht alle Kunden, sowohl im privaten als auch institutionellen Geschäft, halten können. Viele Kunden werden abwandern und nationale Banken und Vermögensverwalter, aber auch internationale Häuser, könnten profitieren. Wir glauben, dass viele neue Boutiquen entstehen werden, vielleicht erwächst aus dem Schlechten auch etwas Gutes. Um die Frage abschließend beurteilen zu können, ist es natürlich verfrüht. Wir gehen aber davon aus, dass die UBS viele einzelne Einheiten abstoßen wird. Die Aufspaltung beziehungsweise Filetierung, die die Credit Suisse selbst hätte vorantreiben müssen, wird nun in sehr hoher Dynamik im Mantel der UBS voranschreiten. Andere Institute werden diese Sondersituation für sich nutzen und Teams und Bereiche abwerben.

Welche Jobprofile sind besonders betroffen?

Neff und Biermann: Mittelfristig werden fast alle Bereiche von dem Merger und dem Abbau betroffen sein. Die Unsicherheit und Ungewissheit ist nunmehr sicherlich das Schlimmste für alle Angestellten. Sicher ist, dass im Investment Banking ein massiver Abbau stattfinden wird. Im Middle und Back Office gibt es natürlich auch sehr viele Überschneidungen und hier wird der Markt in der Schweiz auch nicht alle Mitarbeiter „auffangen“ können. In den Regionen werden sicherlich noch mehr Filialen schließen als ursprünglich geplant. Wieder sind die am härtesten getroffen, die am wenigsten für die Misere können.

Gibt es Gewinner am Personalmarkt? 

Neff und Biermann: In dieser Situation fällt es schwer, überhaupt von Gewinnern zu sprechen. Kurzfristig wird kaum jemand profitieren. Das einzig Gute ist, dass nun Fakten geschaffen wurden, die anscheinend unumgänglich waren und keinen anderen Ausweg zuließen. Vielleicht wachsen die kleineren Adressen an ihren Aufgaben und bestehen neben der UBS. Wettbewerb am Finanzplatz ist immens wichtig, vielleicht werden aber auch noch Transaktionen folgen, die wir aktuell noch gar nicht im Auge haben.

Werden Gehaltsstrukturen unter Druck geraten?

Neff und Biermann: Die Gehälter waren bei der Credit Suisse bereits massiv unter Druck – dies allerdings auch zu Recht. Vielleicht hätten ein anderes Lohnmodell und eine andere Incentivierung ein anderes Ergebnis hervorgebracht. Dass der Lohn nicht das ultimative Anreizkriterium für nachhaltigen Erfolg ist, ist mehrfach bewiesen. Schade, dass die Aktionäre zu wenig Druck auf den Verwaltungsrat ausgeübt haben, um einen Kulturwandel frühzeitiger zu erzeugen. Es ist davon auszugehen, dass die Gehälter bis auf Weiteres stark unter Druck bleiben werden. Vielleicht ist es eine historische Chance für die UBS, das Gehaltslevel anzupassen. Natürlich werden Teams abwandern und andere Plattformen suchen – dies wird die UBS jedoch sicher auffangen können. Die Chance ist groß, dass die UBS mittelfristig, wenn die Risiken nicht doch höher sind als derzeit einschätzbar, als großer Gewinner hervorgehen wird.

Hat dieses Event eine Strahlkraft auf den Schweizer Arbeitsmarkt?

Neff und Biermann: Der Entscheid vom Wochenende ist sicherlich auch durch den Druck der nationalen und internationalen Aufsichtsbehörden entstanden. Die Argumentation der Politik und der Aufsicht ist, dass der Schaden ohne die Übernahme immens größer gewesen wäre. Entsprechend hätte ein unkontrolliertes „Weiter so“ auch unkontrollierbare Folgen für die Mitarbeiter gehabt. So bleibt den Credit Suisse-Mitarbeitern gewissermaßen etwas mehr Zeit, Optionen abzuwägen, mit der UBS als auch extern. Natürlich gibt es nun einen massiven Überhang an Personal – was jedoch auch positiv für die weitere Entwicklung des Finanzplatzes sein könnte. Es werden mit Sicherheit neue Player und Teilnehmer entstehen, die dies als Chance sehen.  

Gab es vergleichbare Ereignisse in der Schweiz?

Neff und Biermann: Die Credit Suisse selbst ist aus dem Verbund der Schweizer Volksbank und Schweizer Kreditanstalt entstanden, Fusionen und Übernahmen gab es immer wieder. In dieser Dynamik und Grösse ist dies jedoch einzigartig. Viele nennen die Finanzkrise und die staatliche Unterstützung der UBS, jedoch waren die Gründe und Strukturen vollkommen andere als heute. Für die Schweiz selbst war das „Grounding der Fluggesellschaft Swissair“ 2001 sicherlich ein ähnlicher Moment.

 

 

Hat dieses Ereignis Auswirkungen auf den Personalmarkt des europäischen Bankensektors? 

Neff und Biermann: Im europäischen Kontext sind die Auswirkungen auf den Personalmarkt allein wahrscheinlich erst einmal überschaubar. Die Auslandseinheiten der Credit Suisse in Europa sind, bis auf London, vergleichsweise klein – Mitarbeiter werden entweder in die UBS integriert oder andere Möglichkeiten finden. Zum Glück befinden wir uns noch in einem Arbeitnehmermarkt - viele Personen werden andere Opportunitäten verfolgen können. Das Timing ist wie immer entscheidend. Die Erfahrung zeigt, dass in solchen Fällen zeitnahe Lösungen zwar mutiger, oftmals aber auch die besten sind.

Über die Interviewten: Jonas Neff und Klaus Biermann sind Gründungspartner des Personalberaters Biermann Neff mit Büros in Zürich und Frankfurt.

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