Besondere Handlungsfreiheiten gewährt der fully discretionary Trust. Hier steht es im freien Ermessen des Trustees, ob, wann und wieviel er den Begünstigten zukommen lässt. Er hat häufig sogar die Freiheit, Begünstigte vom Trust auszuschließen oder dem Trust hinzuzufügen. Zur Kontrolle des Trustees wird häufig ein Protektor etabliert. Dies ist eine Person, die das besondere Vertrauen des Settlors genießt und die die Tätigkeit des Trustees im Sinne des Settlors überwachen soll. Dies kann auch die Notwendigkeit vermeiden, für wesentliche Veränderungen des Trusts ein Gericht anzurufen.
Der Trust in kontinentaleuropäischen Rechtsordungen
In einer offenen Welt kommen die Trusts aus dem angelsächsischen Rechtskreis natürlich auch mit anderen Rechtskreisen in Berührung. Auch die deutsche Rechtsordnung muss sich der Frage stellen, wie sie sich zu einem Trust verhält. Die Antwort ist wenig zufriedenstellend: Da unser Rechtssystem den Trust nicht kennt, gibt es ihn bei uns als solchen nicht. Das uns unbekannte Rechtsinstitut des Trusts muss umgedeutet werden in ein deutsches Rechtsinstitut, das ihm im Einzelfall in seiner Wirkung am nächsten kommt. Hier kommen insbesondere in Betracht die Vor- und Nacherbschaft, die Belastung der Erbeinsetzung mit einem Nießbrauch, die aufschiebend bedingte oder befristete Erbeinsetzung oder die Dauertestamentsvollstreckung.
Da der Trust in Deutschland nicht anerkannt wird, kann er nicht in ein Register wie das Handelsregister oder das Grundbuch eingetragen werden mit der Folge, dass seine Möglichkeiten zum Vermögenserwerb eingeschränkt sind. In Zusammenhang mit deutschem Vermögen wird der Trust deshalb nur ausnahmsweise die Gestaltungsmöglichkeit der Wahl sein.
Andere Rechtsordnungen sind da schon weiter. Ausgangspunkt kann das Haager „Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung“ vom 1. Juli 1985 sein, das eine Grundlage für die Anerkennung von Trusts in anderen Rechtskreisen als dem angelsächsischen bereitstellt. Das Übereinkommen definiert den Trust als „die von einer Person, dem Begründer, — durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder für den Todesfall — geschaffenen Rechtsbeziehungen, wenn Vermögen zugunsten eines Begünstigten oder für einen bestimmten Zweck der Aufsicht eines Trustees unterstellt worden ist.“
Weiter heißt es dort: „Der Trustee hat die Befugnis und die Verpflichtung, über die er Rechenschaft abzulegen hat, das Vermögen in Übereinstimmung mit den Trustbestimmungen und den ihm durch das Recht auferlegten besonderen Verpflichtungen zu verwalten, zu verwenden oder darüber zu verfügen.“ Damit, dass das Abkommen grundsätzlich das vom Begründer gewählte Recht für anwendbar erklärt, löst es auch das Problem, wie der Trust in anderen Rechtsordnungen zu behandeln ist. Es braucht dann lediglich Regelungen, wie die Anerkennung des Trusts im nationalen Recht umzusetzen ist. Mitgliedsstaaten des Übereinkommens sind zum Beispiel Liechtenstein, Luxemburg und die Schweiz, nicht hingegen Deutschland.
Wie sich dies auf die Nutzung des Trusts in Deutschland auswirkt, erfahren Sie in Teil 2 dieses Gastbeitrags.
Über die Autoren:
Sven Oberle, Jörgchristian Klette und Daniel Schüttpelz von EY erläutern in diesem Gastbeitrag, dass es sich bei einem Trust regelmäßig um ein gewöhnliches Instrument zur Gestaltung von Rechtsbeziehungen handelt, jedoch im Rahmen eines Rechtssystems, das Kontinentaleuropäern regelmäßig fremd ist.