Trusts, Teil 1 Der Trust als verkanntes Gestaltungsinstrument

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Grundlage für die Entscheidungen nach Billigkeit (Equity), ist das Gewissen (Conscience). Daher wurden die ursprünglichen Billigkeitsgerichte auch Gerichte des Gewissens und der Lordkanzler als Hüter des Gewissens des Königs bezeichnet. Auch wenn sich bald eine komplexe Dogmatik der Billigkeit herausbildete, war und ist die entscheidende Frage immer, was das Gewissen einer Person in einer bestimmten Situation zu tun gebietet. Die Möglichkeit, Rechtsfragen immer wieder auf diesen Ausgangspunkt zurückzuführen, eröffnet ein hohes Maß an Flexibilität bei neuartigen Fragestellungen. Diese Flexibilität ist wiederum zentral für die ständige Fortentwicklung des Rechtsinstituts des Trusts.

Zur Entstehung des Trusts gibt es verschiedene Geschichten, die sich nicht unbedingt ausschließen, da sich dieses Rechtsinstitut durchaus parallel auf der Grundlage verschiedener Problemstellungen entwickelt haben kann. Eine dieser Problemstellungen ergibt sich aus dem mittelalterlichen Rittertum. Der Ritter verwaltete sein Land, musste aber auch seinem König bei Kriegszügen Waffendienste leisten. Und das konnten langwierige Angelegenheiten sein, insbesondere wenn man an die Kreuzzüge ins heilige Land denkt.

In dieser Situation musste er seine Güter einer Person seines Vertrauens zur Verwaltung übergeben. Damit der Verwalter Rechte aus den Gütern vor Gericht geltend machen und das Vermögen vor Dritten schützen konnte, musste er Eigentümer dieser Güter werden. Als „Verwalter-Eigentümer“ konnte aber sogar der frühere Eigentümer, der Ritter, von ihm nach seiner Rückkehr nach dem Common Law nicht die Rückgabe der Güter verlangen.

Hier kommt die Billigkeit, Equity, ins Spiel: Das Gewissen gebot es dem Verwalter, die Güter, die er nur zur Verwaltung – im Vertrauen, „on Trust“ – erhalten hatte, an den Ritter zurückzugeben. Und falls das Gewissen des Verwalters dabei Unterstützung benötigte, halfen ihm der Lordkanzler und der Court of Chancery auf die Sprünge. Der Trust war geboren.

Heutige Anwendungsbereiche der Rechtsfigur des Trusts

Trusts haben heute viele verschiedene Gestalten und Anwendungsbereiche. Die Trusts, die im Folgenden weiter dargestellt werden, sind die sogenannten Express Trusts, die ausdrücklich – expressis verbis – errichteten Trusts. Diese können sehr unterschiedliche Zwecke haben, auch im wirtschaftlichen Bereich. Dieser Beitrag beschränkt sich auf Trusts, die ihren Ursprung im familiären Umfeld haben. Diese dienen der familiären Vermögensnachfolge und decken die Bereiche ab, die nach deutschem Recht insbesondere durch eine Testamentsvollstreckung oder eine Stiftung geregelt werden können.