Trusts, Teil 1 Der Trust als verkanntes Gestaltungsinstrument

Daniel Schüttpelz (v.l.n.r.), Sven Oberle und Jörgchristian Klette von EY.

Daniel Schüttpelz (v.l.n.r.), Sven Oberle und Jörgchristian Klette von EY. Foto: EY

Ist der Trust bloß ein Gestaltungsinstrument, um offshore Geld vor dem Fiskus zu verstecken? Um das zu beurteilen, braucht es ein Grundverständnis der Herkunft, Struktur und Anwendungsbereiche eines Trusts, das dieser Gastbeitrag zunächst vermitteln will. Darauf aufbauend soll es im kommenden zweiten Teil um die steuerliche Behandlung von Trusts in Deutschland sowie seine in Deutschland eingeschränkte Anwendung in der Vermögens- und Unternehmensnachfolgeplanung gehen.

Entwickelt wurde die Rechtsfigur des Trusts in England. Sie hat sich mit dem britischen Empire überall dort verbreitet, wo englisches Recht die Grundlage des lokalen Rechtssystems wurde. Das sind neben Großbritannien, den britischen Überseegebieten und den britischen Kronbesitzungen insbesondere Nordamerika, die karibischen Inseln, Australien und Neuseeland. Da sich die englische Rechtstradition grundlegend von der kontinentaleuropäischen Rechtstradition unterscheidet, wirken ihre Rechtsfiguren auf uns häufig fremd.

Will man verstehen, was ein Trust ist, muss man sich zunächst mit dem Rechtsprinzip der Equity, der Billigkeit, befassen. Diese wiederum hat sich vor dem Hintergrund des Common Law, des „allgemeinen Rechts“, entwickelt, das nichts mit dem „gemeinen Recht“ der deutschen Rechtstradition zu tun hat. Vielmehr handelt es sich bei dem Common Law um die Rechtstradition, die nach der Eroberung Englands durch die Normannen im Jahre 1066 durch Wilhelm I. den Eroberer und seine Nachfolger als allgemeines englisches Recht und als Ersatz für die bis dahin herrschenden vielfältigen lokalen Stammesrechte etabliert wurde.

Dieses Common Law unterschied sich von unserem heutigen kontinentaleuropäischen Recht dadurch, dass es nicht auf der Grundlage von Rechtsbeziehungen funktionierte wie das Vertragsrecht, Deliktsrecht oder das Eigentumsrecht, sondern auf der Grundlage von Prozessarten (Aktionen), die vordefiniert waren und sich auf bestimmte Ziele richteten. Die Aktionen konnten sich entweder gegen eine Person oder auf eine Sache richten.

In diesem System Recht zu bekommen, konnte schwierig sein. Was dann blieb, war der Weg einer an den König gerichteten Petition, der als Herr über alle Gerichtsbarkeit das als unbillig empfundene Urteil abändern konnte. Im Laufe der Zeit wurden diese Petitionen an den Lordkanzler delegiert. Ab dem 14. Jahrhundert operierte die Kanzlei des Lordkanzlers als eigenständige Gerichtsbarkeit (Court of Chancery), die erst mit der englischen Gerichtsreform von 1873 in die allgemeine Gerichtsbarkeit eingegliedert wurde.