Pimco-Experten zu US-Wirtschaftspolitik „Die Trump-Administration ist disruptiver, als wir erwartet haben“ 

Daniel Ivascyn, Investmentchef bei Pimco

Daniel Ivascyn, Investmentchef bei Pimco: „Wir sehen die höchsten Anfangsrenditen seit Jahrzehnten.“  Foto: Pimco

Die aggressive Handelspolitik  unter Trump 2.0 stellt Anleger vor neue Herausforderungen – besonders in den teuren US-Märkten. Diese Einschätzung gaben Experten der Allianz-Tochter Pimco auf einem Mediengipfel in London, der kurz vor den Zollankündigungen der vergangenen Woche stattfand. Sie erwarten eine längere Phase erhöhter Marktvolatilität und sehen bedeutende Risiken für das Wirtschaftswachstum.

„Die Politik der Trump-Administration ist disruptiver, als wir erwartet haben“, sagt Investmentchef Daniel Ivascyn. Der jüngst angekündigte pauschale Basiszoll von 10 Prozent auf alle US-Importe könnte weitreichende Folgen haben. Libby Cantrill, Leiterin der Politikanalyse bei Pimco, erläutert: „Der effektive Zollsatz könnte von bisher etwa 2,5 Prozent auf 10 bis 12 Prozent steigen – der höchste Wert seit nahezu 100 Jahren.“

Die wirtschaftlichen Folgen dieser Politik könnten gravierend sein. „Sollten die Zölle bestehen bleiben, könnte das reale BIP-Wachstum in naher Zukunft zum Stillstand kommen oder sogar schrumpfen“, erläutert Cantrill unter Berufung auf Pimco-Wirtschaftsexpertin Tiffany Wilding. „Zudem könnte die Inflation auf 4,5 Prozent oder sogar noch höher steigen.“ 

Trumps maximalistische Handelspolitik

Die Trump-Administration verfolge in ihrer Handelspolitik einen konsequenten Ansatz. „Wenn man auf die Aussagen von Präsident Trump zurückblickt, nicht nur aus dem Wahlkampf, sondern bis in die frühen 1980er Jahre, sieht man eine unglaublich konsistente Weltanschauung“, erklärt Cantrill. „Er betrachtet Zölle eher als Lösung, nicht als Problem.“

 

Dabei fokussiert sich die Trump-Administration vorwiegend auf den Warenhandel und weniger auf den Dienstleistungssektor. „Sie schauen auf die Güterseite, weil sie auch die Gemeinschaften im Mittleren Westen im Blick haben, die vom Rückgang der Fertigungsindustrie betroffen sind", so Cantrill. 

Ivascyn beschreibt ein grundlegendes Dilemma: Einerseits könnte Trumps Fokus auf Zollpolitik kurzfristig das Wirtschaftswachstum bremsen und die Inflation anheizen. Andererseits bestehe die Möglichkeit, dass die Regierung nach anfänglichen Kompromissen bei Handelsfragen zu Themen übergehe, mit denen die Finanzmärkte sich wohler fühlen – etwa verantwortungsvolle Steuersenkungen.

Gemüse jetzt, Dessert später? 

Libby Cantrill spricht auf einem Mediengipfel in London über die Politik von Trump 2.0.
Libby Cantrill spricht auf einem
Mediengipfel in London über die
Politik von Trump 2.0.
© private banking magazin

Cantrill teilt diese Einschätzung und verwendet ein anschauliches Bild: Trump könnte später mit umfangreichen Steuersenkungen einen „Nachtisch“ servieren, nachdem er dem Markt zunächst einen „strikten Gemüse-Ernährungsplan“ verordnet hat. „Trump könnte sich zu Steuersenkungen hinreißen lassen, die schneller und umfangreicher ausfallen könnten als ursprünglich angenommen“, so Cantrill.

Diese Steuersenkungen könnten allerdings das Haushaltsdefizit weiter erhöhen. Cantrill schätzt, dass allein die Verlängerung der auslaufenden Trump-Steuersenkungen aus seiner ersten Amtszeit über 4,2 Billionen Dollar in den nächsten zehn Jahren kosten würde. Zusätzliche Steuererleichterungen könnten weitere Billionen kosten. 

Realrenditen bei hochwertigen Anleihen auf Höchststand 

Vor dem Hintergrund der politischen Unsicherheit, die das Wirtschaftswachstum, die Technologieführerschaft und den Dollar als Reservewährung auf die Probe stelle, hebt der Pimco-CIO die Vorteile hochwertiger Anleihen hervor. Es gäbe viele hochwertige Anlagen, „bei denen die fiskalische Situation berechenbarer und die Politik vorhersehbarer ist“ – etwa in Großbritannien oder Australien. „Wir sehen die höchsten Anfangsrenditen seit Jahrzehnten“, so Ivascyn.

Besonders die Entwicklung der Realrenditen betont Ivascyn: „Heute bekommt man in den hochwertigsten Märkten der Welt eine Realrendite von etwa 2 Prozent nach Inflation.“ Vor der Covid-Pandemie hätten Anleger bei hochwertigen Anleihen nach Abzug der Inflation fast immer mit negativen Erträgen gerechnet.

Risiken im Private-Credit-Segment 

Im Gegensatz zu hochwertigen Anleihen sieht Ivascyn bei riskanteren Krediten ernsthafte Gefahren. „Die Kreditspreads sind sehr eng“, warnt er. Seit 2009 habe es eine massive Verschiebung hin zu Unternehmensanleihen niedriger Qualität, Private Credit und CLOs gegeben. 

Das Problem: Wenn die Fed die Zinsen wegen Inflationssorgen nicht so schnell senkt wie erhofft, könnten Unternehmen mit variabel verzinslichen Schulden unter Druck geraten. Gleichzeitig sinkt bei höheren Zinsen die Ertragsrate, die Investoren auf ihre risikoreichen Kredite erhalten. 

„Die Menschen besitzen wahrscheinlich mehr risikoreiche Kredite, als sie sollten“, warnt der Pimco-CIO. Bei einer wirtschaftlichen Verschlechterung könne dies schnell problematisch werden, da viele Investoren gleichzeitig verkaufen würden.

 

Inflation bleibt länger erhöht 

Mit Blick auf die Inflationsentwicklung zeigt sich Ivascyn besorgt. Bemerkenswert ist für den Investmentchef jedoch, dass die langfristigen Inflationserwartungen am Markt trotz aller politischen Turbulenzen vor Trumps Zollhammer nur moderat gestiegen waren – um etwa 20 Basispunkte. Aktuell preisten die Märkte eine 10-Jahres-Inflation von rund 2,3 Prozent ein. Diese Einschätzung hält Ivascyn für realistisch. 

In diesem Umfeld böten inflationsgeschützte Anleihen (TIPS) eine gute Absicherung. „Dies ist ein Vermögenswert, bei dem man Versicherung bekommt und wahrscheinlich nichts dafür bezahlen muss“, so Ivascyn. Angesichts der umfangreichen Zölle dürfte die Frage der Inflationsabsicherung für Anleger noch wichtiger werden.

Pimco gehe trotz aller Risiken davon aus, dass die US-Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr eine Rezession vermeiden kann – der Weg dorthin dürfte jedoch holprig werden. „Es wird viele Schlaglöcher geben", warnt Ivascyn. „Dies ist ein großes Schlagloch auf der Straße, aber wir sind vorsichtig optimistisch, dass wir eine Rezession vermeiden können.“ 

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