Trendwechsel an den Märkten Die Retter ziehen sich zurück

Seite 2 / 4

Der Blick auf die Zinsstrukturkurve gehört damit in den nächsten Wochen zum Pflichtprogramm. Denn sie ist ein verlässlicher Vorlaufindikator für Rezessionen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass seit dem Zweiten Weltkrieg jedem negativen Zinsgefälle in den USA stets eine Rezession gefolgt ist – meist mit weltweiten Folgen.

Behält die Fed ihren Zinserhöhungskurs bei, klettert der Dreimonatszins in den nächsten 12 Monaten in Richtung 3 Prozent. Allerdings gibt es Signale aus der US-Notenbank, dass auch eine zügigere Zinsstraffung angezeigt sein könnte. Die Zinsstrukturkurve könnte darum ziemlich zügig umkippen. Für die US-Aktienmärkte würde das kräftigen Gegenwind bedeuten. Sie haben Ende Oktober 2018 ja schon heftig an den steigenden Zinsen zu knabbern.

Zinsen rauf, Liquidität runter

Problematisch ist nicht der Zinsanstieg allein. Hinzu kommt, dass die US-Notenbank seit Monaten auch sukzessive ihre aufgepumpte Bilanz abbaut. Inzwischen nimmt die Fed 50 Milliarden US-Dollar monatlich aus dem Markt. Parallel zu den steigenden Kosten für kurzfristige Finanzierungen, die auch für die hohen US-Aktienkredite relevant sind, schrumpft die Liquidität allmählich zusammen.

Die US-Notenbank hat neben der Zinspolitik folglich auch ihren Kurs bei der Liquiditätsversorgung gegenüber der vergangenen Dekade grundlegend geändert. Das läuft der aktuellen Positionierung etlicher Marktteilnehmer aber entgegen. Ähnlich wie sie sich lange Zeit auf fallende und anschließend niedrige Zinsen eingestellt hatten, haben viele insbesondere institutionelle Investoren auf eine hohe Liquiditätsversorgung der Märkte gesetzt. Eine Folge hoher Liquidität ist eine geringe Volatilität.

Mit dieser neuen Situation haben sich viele Investoren noch nicht angefreundet. Vor allem Institutionelle haben in den vergangenen Jahren auf Volatilitätsstrategien gesetzt und damit gute Erträge erwirtschaftet. Das Problem besteht jedoch darin, dass diese Strategien massiv auf eine geringe Volatilität angewiesen sind. Angesichts der schrumpfenden Liquiditätsversorgung durch die US-Notenbank wird das über kurz oder lang zu einem strukturellen Problem werden.

Ein Anstieg der Volatilität könnte dann sogar für einen echten Engpass sorgen. Denn es ist möglich, dass die Liquidität genau dann versiegt, wenn sie aufgrund hoher Kursschwankungen dringend benötigt wird. Die Gleichrichtung größerer institutioneller Portfolios kann hierbei gefährlich werden.

Niedrigzinsen treiben Tech-Werte

Der Gleichlauf der Investoren lässt sich auch mit Blick auf die großen Aktienindizes nachvollziehen. Seit gut zehn Jahren entwickeln sich Value-Aktien deutlich schlechter als Wachstums-Titel.

Diese dynamische Rally der Tech-Werte lässt sich ebenfalls mit den historisch niedrigen Zinsen erklären. Je niedriger die Zinsen, umso wertvoller werden weiter in der Zukunft liegende Cashflows, da sie zu einem niedrigen Diskontierungsfaktor abgezinst werden. Gerade Wachstumsunternehmen unterstellt man hohe und steigende Cashflows in der ferneren Zukunft. Growth-Firmen, die ihr Wachstum häufig über hohe Fremdkapitalquoten finanzieren, profitieren zudem von sinkenden Refinanzierungskosten. Infolgedessen sind sinkende Zinsen viel vorteilhafter für Wachstumsaktien als für Value-Werte.