Trends im Anleihemarkt und Rentenhandel „Den Stückelungs-Service können sie nur eigenen Kunden bieten“

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Sehen Sie, dass Emittenten zunehmend keine Basisinformationsblätter rausgeben, Thema Zielmarktprüfung? Das dürfte doch ebenfalls Vermögensverwalter, die Rentenpapiere in diskretionären Mandaten einsetzen wollen, in Verlegenheit bringen.

Hagen: Da sprechen Sie ein großes Problem an, das sie nur mit Eigeninitiative sprich Erstellung eigener Pendants in Griff bekommen. Denn Sie werden es nicht schaffen, dass ein in USA beheimateter Emittent für eine international platzierte Anleihe ein Basisinformationsblatt erstellt, nur weil der Käufer in der EU sitzt. 

Wie sehen Sie die Volumina-Entwicklung bei Renten-ETFs?

Hagen: Man kann dem ganzen Hype um Renten-ETFs durchaus kritisch gegenüberstehen, da wie schon erwähnt, dem Anleger kein anderer Weg mehr offensteht, um an vernünftige Emissionen zu kommen. Andererseits ist gerade bei den Unternehmensanleihen nicht jede Emission schon in einem durch ETFs abgedeckten Index. Rund 50 Prozent aller Emissionen sind es eben nicht, aber sie sind dann auch entsprechend illiquider und bieten häufig gerade deswegen etwas mehr Rendite. Liquidität heißt allerdings, dass viele Marktteilnehmer vorhanden sind, die Bestände in einzelnen Bonds aufnehmen und abgeben. Bei den ETFs ist allerdings der Entscheider über die Richtung vielmehr der Inhaber des ETFs und hier können sich durchaus Bewegungen verstärken, weil alle dasselbe machen und keiner da ist, der aufnimmt oder abgibt. Das ist also eher eine Scheinliquidität.

Wie war zuletzt der Trend bei den Wertpapier-Büchern bei den Banken?

Hagen: Ich habe mir vor kurzem einmal die Mühe gemacht und den Handelsbuchbestand der Deutschen Bank vom Jahresende 2007 mit dem von 2018 verglichen. Der beinhaltete unter anderem auch Anleihen. Damals war der Handel unter den Banken entscheidend für die Liquidität in den jeweiligen Emissionen. 2007 hatte die Deutsche Bank 1,16 Billionen Euro auf dem eigenen Buch, 2018 waren es nur noch 303,7 Milliarden Euro. Höhere Eigenmittelanforderungen und höhere angeordnete Risikovorsorge erlauben es den Banken nicht mehr im Eigengeschäft entsprechende Eigenkapitalrenditen zu generieren. Sie fallen damit teilweise aus ihrer früheren Rolle als Intermediär, der zwischendrin auch mal eine Position aufs eigene Buch nimmt.

Seit der Finanzkrise sank das Volumen des Handelsbuchs der Deutsche Bank von teilweise rund 1,6 Billionen Euro auf nunmehr 600 Milliarden Euro. 

Wann und warum ist das eigene Buch für viele Banken eigentlich so teuer?

Hagen: Eigenkapital erwartet eine bestimmte Mindestverzinsung. Andererseits muss für eine Unternehmensanleihe auf dem eigenen Buch ein Budget an Ausfallrisiko, ein Budget an Zinsrisiko, gegebenenfalls ein Budget an Währungsrisiko durch Eigenkapital gedeckt werden. Rechnet man das anhand der Vorgaben der europäischen Bankenaufsicht auf das Gesamtrisiko als eine Zahl hoch, erhält man das Gesamtrisikoaktivum. Und das wiederum muss zu mindestens 10,5 Prozent per heute durch Eigenkapital gedeckt werden. Es geht also im Kern um die rentabelste Allokation von Eigenkapital im Bankbetrieb. Das muss also nicht das eigene Buch sein.


Über den Interviewten:
Dr. Norbert Hagen ist Vorstandsvorsitzender der I.C.M. Investmentbank. Das Unternehmen, Wertpapierhandelsbank und Vermögensverwalter in einem, gehört er bereits seit 2000 an. Hagen managt zudem seit 2007 den flexiblen Mischfonds Leonardo UI (ISIN: DE000A0MYG12).

 

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