Trends im Asset & Wealth Management „Es ist zu viel Mittelmaß im deutschen Fondsmarkt”

Philip Kalus von der Beratungsboutique Accelerando Associates: Die deutsche Fondsindustrie wird den Eintritt neuer Marktteilnehmer sehen.

Philip Kalus von der Beratungsboutique Accelerando Associates: Die deutsche Fondsindustrie wird den Eintritt neuer Marktteilnehmer sehen.

Anm. d. Redaktion: In der Print-Ausgabe private banking magazin 06/17 (Seite 39) war irrtümlicherweise davon die Rede, dass J.P. Morgan Asset Management und Schroders keine BVI-Mitglieder sind. Sie sind Mitglieder, melden aber keine Absatzzahlen an den BVI. Wir bitten die Ungenauigkeit zu entschuldigen.

Der deutsche Fondsmarkt hat in den vergangenen Jahren sowohl bei Investmentfonds als auch bei institutionellen Spezialfonds eine beachtliche Rally hingelegt. Der Markt jagte einen Absatzrekord nach dem anderen. Seit der Krise im Jahr 2008 ist der Markt um satte 85 Prozent gewachsen. Zum 30. Juni dieses Jahres betrug das Gesamtvolumen laut deutschem Fondsverbandes BVI rund 2,9 Billionen Euro.

Allerdings liegt das tatsächliche Marktvolumen deutlich höher. Die BVI-Zahlen berücksichtigen nur die deutschen Assets der Verbandsmitglieder. Absatzahlen zahlreicher ausländischer Fondshäuser, die auch in Deutschland bestens etabliert, aber keine BVI-Mitglieder sind, finden in den BVI-Statistiken keine Beachtung.

Wir bei Accelerando Associates gehen in unseren Schätzungen von etwas mehr als 3,4 Billionen Euro deutscher Kundengelder in Investment- und Spezialfonds aus. Damit rangiert der deutsche Markt als drittgrößter Fondsmarkt in Europa, hinter Großbritannien und Frankreich. Die Gewichtung institutioneller Assets, dominiert von Versicherungs- und Pensionsgeldern, liegt mit 53 Prozent leicht über dem europäischen Durchschnitt von 49 Prozent.

Die Verkaufsschlager

Bei den Investmentfonds überwiegen nach wie vor Aktienfonds, wobei diese recht volatile Mittelzu- und Abflüsse ausweisen. Mit Ausnahme des Jahres 2015 waren die Absatzzahlen von Aktienfonds seit 2011 auf Jahresbasis negativ.

Auf Platz zwei rangieren Multi-Asset-Fonds mit einem spektakulärerem Wachstum. Multi Asset ist seit Jahren die Asset-Klasse schlechthin in Deutschland und stellte reihenweise Absatzrekorde auf. Auch im ersten Halbjahr 2017 führte die Kategorie die Absätze bei Investmentfonds deutlich an und rangiert mittlerweile als zweitgrößte Asset-Klasse in Deutschland. Seit 2013 hat sich das Volumen entsprechender Fonds mehr als verdoppelt. Allerdings beobachten wir auch extreme Marktverzerrungen zu Gunsten einiger weniger Fondshäuser.

Im institutionellem Segment, den Spezialfonds, erfreuen sich Multi-Asset-Fonds ebenfalls großer Beliebtheit. Zumindest auf den ersten Blick. Tatsächlich werden aber viele Overlay-Konzepte mit segmentierten Spezialfonds der Asset-Klasse zugeordnet, was das Bild verfälscht.

Mit mehr als 15.000 zum Vertrieb zugelassenen Fonds besteht in Deutschland ein massives Überangebot. Gleichzeitig lässt sich im freien Vertrieb – außerhalb von Banken und Versicherungen mit eigenen Fonds und eigenen Vertrieb – eine zunehmende Verengung der Absätze zu Gunsten immer weniger Fonds beobachten. Frei nach ABBAs The winner(s) take it all.

Besonders in den vergangenen zwei Jahren haben sich die Assets dramatisch hin zu wenigen Blockbusters bewegt. Etliche an sich gute Fonds blieben weitgehend auf der Strecke und das Gros der internationalen Fondshäuser verzeichnete in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit auch Perioden kräftiger Mittelabflüsse. 2016 dürfte vielen Fondsgesellschaften in bitterer Erinnerung bleiben.