Trendbrüche 2017 Frühjahrsputz fürs Portfolio

Vorstand von Long-term Investing Research – Institut für die langfristige Kapitalanlage: Karl-Heinz Thielmann

Vorstand von Long-term Investing Research – Institut für die langfristige Kapitalanlage: Karl-Heinz Thielmann

Vielleicht ist es Zufall, dass ausgerechnet Bob Dylan – von dem eines der bekanntesten Lieder den Titel „The Times They Are A Changin'“ trägt  – vor wenigen Wochen den Literaturnobelpreis bekam. Zwar ändern sich Technologie, Gesellschaft und Wirtschaft ständig. Aber es gibt Zeiten, in denen Veränderungen besonders sichtbar werden. Wie derzeit.

Dies liegt zum einen daran, dass der Wandel durch Globalisierung und Digitalisierung in unserem Alltag immer mehr spürbar wird – und dies nicht nur mit den positiven Folgen. Viel wichtiger ist, dass sich eine Umkehr in der Wirtschaftspolitik abzeichnet.

Mit der Finanzkrise von 2008, der sich anschließenden Eurokrise, extremen Preisschwankungen bei Rohstoffen und Wachstumsproblemen großer Schwellenländer erlebte die globale Wirtschaft in den letzten Jahren ein Desaster nach dem nächsten. Die führenden Politiker des Westens reagierten darauf konsequent inkonsequent: Strukturreformen und Zusammenarbeit wurden ständig beschworen, konkrete Reformen und koordiniertes Handeln in der Praxis aber auffällig vermieden. Der Fokus der Wirtschaftspolitik lag im Endeffekt fast immer auf geldpolitischen Notoperationen und einer Optimierung von Steuereinnahmen zur Haushaltssanierung.

Konsequent inkonsequent

Ansonsten sollten die Probleme ausgesessen werden. Die Steuervermeidung durch wenige Privilegierte in Offshore-Zentren wurde von der Politik gerne laut kritisiert, dagegen getan wurde fast nichts. Eine ernsthafte strafrechtliche Verfolgung von Managern und Politikern, die für Korruption und Krisen verantwortlich waren, fand – mit Ausnahme von exotischen Ländern wie Brasilien oder Island – ebenfalls so gut wie gar nicht statt.

Um die Nebenwirkungen eines solchen Vorgehens kümmerte sich ich kaum ein Politiker oder Experte: Asset-Preisblasen, Mangel an produktiven Investitionen, Gefühle der Benachteiligung bei vielen ehrlich und hart arbeitenden (sowie trotzdem von der Steuer geschröpften) Menschen und eine Verarmung der Mittelschicht in vielen Ländern. Dies ändert sich gerade, weil die Verlierer des schleichenden Wandels der Vorjahre immer stärker auf sich aufmerksam machen.

In ihrer Frustration lassen sie ihre Interessen zunehmend durch sogenannte populistische Politiker vertreten. Diese verletzen in der Öffentlichkeit bewusst Tabus und verstoßen gegen den gesellschaftlichen Grundkonsens. Dass sie oft keine echten Alternativen zur etablierten Politik haben und sogar sehr destruktive Forderungen stellen, ist den Anhängern zumeist egal: Ihnen geht es vor allem um Protest gegen ein System, durch das sie sie sich strukturell benachteiligt sehen.

Radikale Antihaltung

Diese radikale Antihaltung ist kein neues Phänomen. Zu Bob Dylans großen Zeiten versammelten sich die Frustrierten hinter linksradikalen Parolen gegen das „Schweine-System“, heute sind rechtsradikale Phrasen en vogue. Die Forderungen waren früher zwar inhaltlich völlig anders: man wollte ein sozialistisches Paradies. Heute ist die Rekonstruktion einer nebulösen und romantisch verklärten Vergangenheit das Ziel. Letztlich ist beides in der Konsequenz genauso destruktiv und unrealistisch. „Mach kaputt, was dich kaputt macht“ – die alte Parole von linken Anarchisten – würde heutzutage auch prima auch als Haupt-Motto gerade vieler Rechts-Populisten durchgehen.