Sorge um nachhaltige Investments AGI-Chef befürchtet Greenwashing-Skandal

Der Chef (CEO) der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI), Andreas Utermann, warnt vor scharfen Regeln für grüne und nachhaltige Anlageprodukte.

Der Chef (CEO) der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI), Andreas Utermann, warnt vor scharfen Regeln für grüne und nachhaltige Anlageprodukte. Foto: Allianz Global Investors

Die Europäische Union ist nach Einschätzung der EU-Kommission immer stärker mit „katastrophalen und unvorhersagbaren Konsequenzen der Klimaveränderungen“ konfrontiert. Man müsse also dringend handeln. Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission ihren Aktionsplan „Sustainable Finance“ vorgelegt. Mit dem Aktionsprogramm zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums will die EU die Kapitalmärkte grüner machen, Ressourcen schonen und Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen lenken. Das Kalkül: Nur wenn Investoren auf grüne Kapitalanlagen getrimmt werden, wird auch die gesamte Wirtschaft Klimarisiken stärker berücksichtigen.

Mit ihrem Aktionsplan adressiert die EU-Kommission finanzielle Risiken, die beispielsweise aus Klimawandel und Umweltzerstörung resultieren. Letztlich soll die gesamte Finanz- und Wirtschaftstätigkeit in Europa transparenter und langfristiger gestaltet werden, während Impulse für das Wachstum, die Qualitätssicherung und die Transparenz nachhaltiger Geldanlagen gesetzt werden. 

Der Chef (CEO) der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI), Andreas Utermann, warnt jedoch vor scharfen Regeln für grüne und nachhaltige Anlageprodukte. „Eines muss sichergestellt werden: Wir brauchen keine Vorschriften für Green und Sustainable Investing, wie Anleger ihr Geld investieren und wie Investment Professionals dann ihren Job erledigen sollen. Darin sehe ich ein großes Risiko, das adressiert werden muss“, sagte Utermann der „Börsen-Zeitung“.

Es müsse sehr darauf geachtet werden, dass die europäischen Gesetzgeber die Möglichkeiten für die europäische Asset-Management-Industrie, ihren Job so gut wie möglich für eine große Bandbreite von Investoren zu erledigen, durch die EU-Taxonomie für Green und Sustainable Finance nicht zu sehr beschneiden, so Utermann mit Blick auf das geplante Klassifizierungssystem für nachhaltiges Wirtschaften, das schrittweise erarbeitet werden soll.

Utermann sieht zwei Herausforderungen für den Markt für grüne Anleihen in den nächsten fünf Jahren: „Die erste wird darin bestehen, dass wir keinen großen Skandal in Sachen Greenwashing bekommen, der das Vertrauen in diesen Markt komplett untergräbt“, sagt Utermann und betont, Emittenten und Marktakteure hätten eine große Verantwortung, dass so ein Skandal nicht eintritt. „Denn wenn so ein Fall einmal eintreten sollte, wird das Vertrauen in das Thema Green Bonds nachhaltig beschädigt sein.“ Greenwashing bezeichnet Methoden, die darauf abzielen, einem Unternehmen ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass dafür tatsächlich eine Grundlage besteht.

Herausforderung Nummer zwei ist nach Einschätzung des AGI-Chefs ein Aspekt in der Praxis. „Es gibt nicht genügend grüne Investitionsprojekte für die derzeit sehr hohe Nachfrage, die wir am Markt beobachten können. Das Ganze hat zwei Konsequenzen. Das bedeutet zum einen, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Greenwashing aufgrund dieser hohen Nachfrage nach Investmentprojekten erhöht. Wenn man eine hohe Nachfrage beobachten kann und nicht genügend Projekte für Investments hat, dann wird mancher kreativ. Das ist nicht gut“, so Untermann, der auch die Angebotsseite in den Blick nimmt: „Diese hohe Nachfrage kann die erwarteten Renditen der Bonds auf Niveaus drücken, die dann nicht mehr attraktiv sind. Die Renditen kompensieren dann nicht mehr in ausreichendem Maß das übernommene Risiko.“

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Wenn die Renditen auf unattraktive Levels fallen, reagieren Investoren enttäuscht, argumentiert der AGI-Chef und befürchtet daraus einen langfristigen negativen Einfluss auf den gesamten Green Sector, „denn zunächst werden sich einige Investoren und später womöglich große Teile der Anleger aus diesem Bereich zurückziehen“. 

Expertenkommission gibt Empfehlungen ab 

Noch im Juni 2019 werden auf EU-Ebene die Weichen in Sachen Nachhaltigkeitsregulierung gestellt. Die von der EU-Kommission eingesetzte Expertenkommission (Technical Expert Group (TEG)) für nachhaltiges Finanzieren wird drei neue Berichte veröffentlichen: einen Abschlussbericht über die sogenannte EU-Taxonomie, einen Abschlussbericht für einen EU-Standard für grüne Anleihen sowie einen Zwischenbericht über Klimabestimmungen.

Begleitend zu diesen Berichten und als Ort für einen offenen Austausch mit Interessengruppen wird die EU-Kommission am 24. Juni einen Stakeholder-Dialog über nachhaltige Finanzen organisieren. Die Berichte werden voraussichtlich bereits am 18. Juni veröffentlicht. Zusätzlich zu den Berichten der TEG will die EU-Kommission während der Veranstaltung neue Leitlinien für Unternehmen veröffentlichen, wie klimabezogene Informationen zu melden sind. Diese Leitlinien bauen auf den Vorschlägen der TEG vom Januar 2019 auf.

Nach Einschätzung des Centrums für Europäische Politik (CEP) der Stiftung Ordnungspolitik gibt es keinen überzeugenden Grund, einen öffentlichen EU-Standard für grüne Anleihen zu etablieren. Denn es gebe bereits von Marktakteuren entwickelte, private Standards, die breite Akzeptanz fänden. Wenn die Kommission trotzdem einen EU-Standard entwickeln würde, sollte dieser freiwillig bleiben und nicht verpflichtend sein, argumentiert der europapolitische Thinktank der Stiftung Ordnungspolitik. Auch sollte verhindert werden, dass der EU-Standard mit der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen verknüpft wird. Damit drohe der EU-Standard durch die Hintertür verpflichtend und zu einem Instrument der Industriepolitik zu werden. 

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