Diese ZDF-Reportage wurde am Dienstag im politischen Berlin wohl besonders häufig abgerufen: In „Die geheime Welt der Superreichen – Das Milliardenspiel“ recherchiert Jochen Breyer in der Welt der Vermögenden. Er trifft sie, spricht über Werdegänge und ihren Blick auf die Welt. Die Doku dauert bereits 37 Minuten und neigt sich allmählich ihrem Ende, als eine bemerkenswerte Szene beginnt: Sie spielt im Juni 2023 in einem hessischen Fünf-Sterne-Hotel, auf einer Konferenz der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg. Dort tritt vor den versammelten Vermögenden und Beratern Gerda Hofmann auf, Referatsleiterin aus dem Bundesfinanzministerium (BMF).
Gerda Hofmann ist zuständig für die Themen Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Vermögensteuer. Laut Programm spricht sie auf der Konferenz vor den Steuerfachleuten in „nicht in dienstlicher Eigenschaft“. Ihr Vortragstitel: „Entwicklungen in der Gesetzgebung und in der Finanzverwaltung“.
Doch was Hofmann den Anwesenden erzählt, bezeichnet SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, konfrontiert vom ZDF, im Anschluss als „dickes Ding“: Die Ministerialrätin Hofmann habe „ganz aktuelle Themen aus dem Bereich der Gesetzgebung“ mitgebracht, heißt es in der Anmoderation ihres Vortrags. Die Szene wird heimlich gefilmt, und so ist zu erkennen, dass sie den zahlenden Gästen brühwarm erzählt, dass sich Anfang 2024 ein Steuerschlupfloch schließen werde. „Das weiß ich erst seit Dienstag“, heißt es dem Sender zufolge.
„Da können Sie Ihre Mandanten beruhigen“
Konkret erklärt sie, dass Anfang 2024 die Steuervergünstigung bei der Grunderwerbsteuer wegfallen werde. „Sehe ich hier betretene Gesichter?“, fragt sie dem Gedächtnisprotokoll der Reporter zufolge. Nur um anschließend zu erklären: „Wir haben ja Werkzeugkästen, jedenfalls habe ich eine ganze Menge. Da bin ich mir hundertprozentig sicher, dass Sie insofern ruhig schlafen können.“ Es könne ja schließlich nicht sein, dass plötzlich am 1. Januar die Einnahmen sprudeln. „Ich sehe alle Finanzminister mit Talerchen in den Augen wie Dagobert Duck, das kann nicht sein. Da können Sie Ihre Mandanten beruhigen.“
Eine Staatsbedienstete gibt Hochvermögenden Tipps zur Vermeidung zusätzlicher Steuerlasten: Es ist ein Skandal, den das Bundesfinanzministerium angesichts der aktuellen Haushaltsdebatte der Ampel nicht gebrauchen kann. Unklar ist bislang, ob der Auftritt mit dem Bundesfinanzministerium abgestimmt war und ob die Beamtin für ihre Rede ein Honorar erhalten hat. Auf die Anfrage des ZDF wollten sich weder das BMF noch Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen, äußern.
Allerdings muss Gerda Hofmann nun möglicherweise mit dienstrechtlichen Folgen rechnen. Dies werde derzeit geprüft, teilte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage von „Zeit Online“ mit. Zudem habe Minister Christian Lindner Medienberichten zufolge eine Überprüfung der Verhaltensregeln in Auftrag gegeben.