Tech-Standort und weniger volatil Wenn Emerging Markets, dann Asien

Gerhard Engler von Nomura Asset Management: Der Geschäftsführer des japanischen Asset Managers sieht Differenzierungsbedarf bei den Emerging Markets

Gerhard Engler von Nomura Asset Management: Der Geschäftsführer des japanischen Asset Managers sieht Differenzierungsbedarf bei den Emerging Markets

China macht gerade von sich reden mit einem spektakulären Aufschwung nach der Corona-Krise: Ein Plus von 3,2 Prozent im zweiten Quartal und wahrscheinlich die einzige große Volkswirtschaft, die 2020 wachsen wird. Auch der Aktienmarkt erzielte im ersten Halbjahr die beste Performance innerhalb der weltweiten Länderindizes.

Von dieser Erfolgsstory auf die Emerging Markets generell zu schließen, wäre jedoch falsch. Vergleicht man deren Leitindex MSCI Emerging Markets mit dem Industrieländerindex MSCI World liegen die Aktienmärkte der Schwellen­länder trotz der Erholung weiterhin zurück. Es ist zu befürchten, dass sich auch 2020 die jahrelange Under­performance der Emerging Markets als Ganzes fortsetzen wird.

Das heißt jedoch nicht, dass es grundsätzlich falsch wäre, vom höheren Wachstumspotenzial der Schwellenländer auch langfristig die besseren Chancen hinsichtlich Rendite und Diversifikation zu erwarten. Es bedeutet lediglich, dass es sich in den Schwellenländern mehr als in den Industrieländern lohnt, zu differenzieren.

Das geschieht jedoch in den Portfolios von Investoren noch nicht in ausreichendem Maße. Zu oft werden die Emerging Markets generell als Anlageklasse behandelt. Dabei wäre die erste wichtige Unterscheidung, die der Anleger treffen sollte, die zwischen Asien und dem Rest der Schwellenländer. Dafür gibt es eine Reihe von quantitativen und fundamentalen Gründen.

Der Löwenanteil Asiens

Die Anlageklasse Emerging Markets besteht aus drei Regionen: Asien, Lateinamerika und die Region Emerging Europe, Middle East and Africa, kurz EMEA. Dabei macht Asien mit einer Gewichtung von 79 Prozent im MSCI Emerging Markets Index den Löwenanteil aus. Neun der zehn größten Unternehmen im MSCI Emerging Markets kommen aus Asien. Und die einzige nicht asiatische Aktie in der Top-10-Liste, die südafrikanische Firma Naspers, profitiert ebenfalls von ihrer 31 Prozent-Beteiligung am chinesischen Internet-Giganten Tencent, der zweitgrößten Aktie im MSCI Emerging Markets Index.    

Quelle: MSCI (Stand: 30. Juni 2020)

Als die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt hat China mit 41 Prozent die höchste Gewichtung im MSCI Emerging Markets Index. Die Bedeutung Chinas ist nicht nur durch sein Gewicht im Index, sondern auch durch seinen wirtschaftlichen Einfluss auf andere Schwellenländer deutlich zu spüren.

Denn China ist das größte Zielland von Exporten nicht nur für viele asiatische Schwellenländer wie Taiwan und Südkorea, sondern auch für viele wichtige Schwellenländer außerhalb Asiens wie Brasilien, Chile, Russland und Südafrika. Während elektronische Produkte den größten Anteil der gesamten Exporte aus den asiatischen Ländern nach China ausmachen, dominieren Rohstoffe die gesamten Exporte aus Schwellenländern außerhalb Asien nach China. Entsprechend hängen Rohstoffnachfrage und Preise stark von chinesischen Konjunkturzyklen ab.

Die einen Tech, die anderen Rohstoffe

Dank der rasanten Wirtschaftsentwicklung verfügt Asien über eine hoch kompetente Herstellungsindustrie und moderne Dienstleistungssektoren. Weltweit führende Technologiekonzerne wie Samsung aus Südkorea, TSMC aus Taiwan sowie chinesische Internet-Giganten wie Alibaba und Tencent stehen hier als Leuchttürme für die asiatischen Technologie- und Internetsektoren.

Daneben gibt es aber noch zahlreiche hoch spezialisierte Technologieunternehmen in den Segmenten Small und Mid Cap. Im auf Asien fokussierten MSCI Emerging Markets Asia Index ist die Technologie mit einer Gewichtung von 21,2 Prozent bereits der größte Sektor. Zum Vergleich: Im MSCI Emerging Markets Latin America Index machen Technologieunternehmen nur 1,4 Prozent aus. Und der MSCI Emerging Markets EMEA Index schließlich enthält gar kein Technologie-Unternehmen.

Im Gegensatz dazu liegt der Schwerpunkt sowohl in Lateinamerika und der EMEA-Region auf den Sektoren Rohstoffe und Energie – mit einer Gewichtung von 26 Prozent im MSCI Emerging Markets Latin America Index und 35 Prozent im MSCI Emerging Markets EMEA Index. Im Asien-Index beträgt der Anteil nur 8 Prozent. Die sich darin ausdrückende hohe Abhängigkeit von Rohstoffen führt zu einer hohen Volatilität und Anfälligkeit der Wirtschaft in den Schwellenländern außerhalb Asiens.

Weil sich Chinas Wachstumsmodell gerade wandelt – weg von der hohen Investition hin zum privaten Konsum – verändern sich jedoch die globalen Rohstoffmärkte fundamental. Der langfristige Einfluss dieses Wandels stellt eine Herausforderung für die Wirtschaftsentwicklung vieler nicht-asiatischer Schwellenländer dar.

 Quelle: MSCI (Stand: 30. Juni 2020)