Markt für grüne Anleihen Was der neue Green-Bond-Standard der EU für Investoren bedeutet

Michael Dittrich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Michael Dittrich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt: „Im positiven Fall werden die Investoren verstärkt Produkte mit dem EU-Green-Bond-Label nachfragen und die Emittenten werden auf diese Nachfrage reagieren“ Foto: DB

Ab Dezember 2024 gelten in Europa neue Spielregeln für grüne Anleihen – doch nicht alle Marktteilnehmer glauben an den großen Wurf. Die EU-Verordnung für Green Bonds solle Vergleichbarkeit und Transparenz nachhaltiger Anleihen verbessern und Greenwashing verhindern, heißt es in einem Papier der Europäischen Union.

„Der neue Standard, den wir festlegen, wird sowohl für die Emittenten von grünen Anleihen als auch für die Anleger von Nutzen sein“, sagte die schwedische Finanzministerin Elisabeth Svantesson anlässlich der Vorstellung des Regelwerks im vergangenen Frühjahr.

So könnten Emittenten nachweisen, dass sie legitime grüne Projekte finanzieren, die mit der EU-Taxonomie in Einklang stehen. Anleger wiederum, die diese Anleihen kaufen, „können besser beurteilen, vergleichen und darauf vertrauen, dass ihre Investitionen nachhaltig sind“, so Svantesson weiter. 

Grüne Anleihen sind längst kein Nischenprodukt mehr. In Europa entfällt Zahlen der Wirtschaftsberatung KPMG zufolge mittlerweile rund ein Zehntel aller Anleiheemissionen auf Green Bonds – Deutschland liegt dabei vorn. Unternehmen und Staaten, die grüne Anleihen ausgeben, können sich bislang an unterschiedlichen Richtlinien orientieren. Dazu zählen die Standards der International Capital Market Association (ICMA) sowie der Climate Bonds Initiative (CBI). 

Hohe Anforderungen machen neuen EU Green Bonds zu „Gold Standard“

„Der EU-Green-Bond-Standard gilt wegen seiner hohen Anforderungen als Gold-Standard und bekommt somit einen besonderen Stellenwert“, sagt Saadia Scheinert, Expertin für Sustainable Finance im Bereich Nachhaltigkeitsberatung beim Beratungshaus PWC Deutschland. Wer eine Anleihe mit dem Label „Europäische grüne Anleihe“ oder „EuGB“ begeben möchte, muss mindestens 85 Prozent der eingenommenen Mittel in wirtschaftliche Aktivitäten investieren, die die Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllen.

Unternehmen und Staaten müssen das vor Emission in einem Wertpapierprospekt erläutern sowie anschließend in einem Bericht die Auswirkungen auf die Umweltziele darlegen. Mit einer externen Prüfung will die EU sicherstellen, dass die Ziele eingehalten werden.   

Das neue Regelwerk „bedeutet eine erhebliche Verbesserung der Transparenz für Investoren“, sagt Michael Dittrich, stellvertretender Generalsekretär und Leiter der Finanz- und Verwaltungsabteilung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Green Bonds beschäftigt.

Noch im Jahr 2019 ergab eine von der DBU geförderte Studie, dass von 400 untersuchten Herausgebern solcher Wertpapiere nicht einmal die Hälfte offengelegte, welche Projekte mit den Green Bonds finanziert werden. Durch den neuen Standard könnten Investoren zudem grüne Anleihen besser miteinander vergleichen. 

 

Dass das Regelwerk nicht zur Pflicht wird, sieht Dittrich dabei positiv: Dadurch werde ein Angebot geschaffen „und der Markt kann entscheiden, ob er es annimmt“. Die Freiwilligkeit beziehe sich zudem nur auf die Frage, ob der Emittent einen regulierten EU-Green-Bonds herausgeben will. Wenn er sich dafür entscheide, müsse er alle damit verbundenen Bedingungen erfüllen und sich zusätzlich einer externen Prüfung unterziehen. Die Kontrollen hätten sich dabei deutlich verbessert, so die Einschätzung des Anleihe-Experten. Durch weitere Regelungen solle sichergestellt werden, dass die Prüfer fachlich kompetent und unabhängig seien.

„Im positiven Fall werden die Investoren verstärkt Produkte mit dem EU-Green-Bond-Label nachfragen und die Emittenten werden auf diese Nachfrage reagieren“, sagt Dittrich. Dass sei jedoch nicht sicher, denn für Unternehmen und Staaten bringe der neue Standard einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand mit sich. „Gleichzeitig möchten die Investoren bei Green Bonds auch kapitalmarktgerechte Konditionen ohne Aufpreis sehen“, so der Experte.

Mehraufwand und höhere Kosten könnten neuen EU-Standard ausbremsen

Daher werde möglicherweise der eine oder andere Emittent auf den neuen Standard verzichten – vor allem dann, wenn er die Produkte auch so am Kapitalmarkt platzieren könne. „Ich vermute, dass einige Emittenten den Aufwand durch externe Prüfer scheuen und einen Level tiefer gehen werden“, meint Dittrich.

Sie könnten dann stattdessen sogenannte Sustainability-linked-bonds begeben, die auch einen nachhaltigen Verwendungszweck haben müssen, allerdings ohne Kontrollen durch externe Prüfer auskommen. „Der Markt wird dann entscheiden, welche Produkte sich durchsetzen“, so das Fazit des Anleihe-Experten der Umweltstiftung.

Auch Saadia Scheinert von PWC sieht die zusätzlichen Kosten und den Mehraufwand als Hindernis. Eine zentrale Herausforderung sei sicherlich die Einhaltung der strengen Anforderungen der EU-Taxonomie und die Erfüllung der umfangreichen Offenlegungspflichten. „Dies könnte insbesondere für kleinere Unternehmen eine Hürde darstellen“, so die Einschätzung von Scheinert.

 

Allerdings habe es schon vor dem Start der neuen Richtlinie zahlreiche Emittenten gegeben, die zwar noch Green Bonds nach den am Markt etablierten Standards emittieren, sich aber gleichzeitig schon am EU-Green-Bond-Standard orientieren.

Die PWC-Expertin gibt sich daher vorsichtig optimistisch: Das Regelwerk schaffe einen klaren und konsistenten Rahmen, der das Vertrauen der Marktteilnehmer stärken und damit auch die Entwicklung eines robusten Marktes für grüne Anleihen fördern könne. „Das gesamte Emissionsvolumen von Green Bonds ist weltweit in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen und im Zuge der wirtschaftlichen Transformation durch den Klimawandel sind Anleihen, die an der EU-Taxonomie ausgerichtet sind, ein wichtiges Mittel zur Finanzierung“, so ihr Fazit.

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