Taxonomie-Übereinstimmung und Co. Bafin gibt Antworten zur EU-Offenlegungsverordnung

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Entsprechendes sollte bei einer Selbstverpflichtung für eine Mindestquote gelten, sofern diese erreicht ist. Durch diese Vorgehensweise wird eine gegebenenfalls geringere Taxonomie-Quote ausgewiesen als tatsächlich vorhanden. Daher sieht die Bafin hier auch keine Gefahr eines Greenwashings.

Frage 4:
Die Europäische Kommission hat mit der Frage und Antwort zu Bestandsverträgen vom Mai
2022 zur Behandlung von Finanzprodukten, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021
eingestellt wurde, klargestellt, dass für diese Bestandsverträge die Transparenzpflichten der
Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung zu erfüllen sind.

  1. Die Antwort der Europäischen Kommission bezieht sich auf eine Frage, die nicht auf die
    zusätzlichen Offenlegungspflichten der Artikel 8 und 9 Offenlegungsverordnung eingeht.
    Bedeutet die Antwort der Europäischen Kommission, dass für alle Bestandsverträge die
    Offenlegungspflichten der Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung gelten?
  2. Viele Finanzmarktteilnehmer haben keine Vorbereitungen für eine Offenlegung der
    Bestandsverträge getroffen, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, da sie im Einklang mit dem reinen Wortlaut davon ausgegangen sind, dass die produktbezogenen
    Offenlegungspflichten nicht für diese Bestandsverträge gelten. Sieht die BaFin Raum für eine generelle Umsetzungsfrist?
  3. Sind für Bestandsverträge – unabhängig davon, wann deren Vertrieb eingestellt wurde – die
    vorvertraglichen Offenlegungspflichten der Artikel 6 und 7 und gegebenenfalls Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung nachträglich zu erfüllen?

 

Antwort 4:

  1. Die Europäische Kommission geht in ihrer Antwort nicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung ein. Daraus und aus dem fehlenden Bezug auf Artikel 8 und 9 Offenlegungsverordnung der Frage, die die Europäische Kommission beantwortet, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass für alle Bestandsverträge, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung zu erfüllen sind. Diese Verpflichtung betrifft nach Auslegung der Europäischen Kommission zu den Bestandsverträgen nur diejenigen, die die Tatbestandsvoraussetzungen des Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung erfüllen. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung sind die Umstände zum Zeitpunkt der Vertriebsphase.
  2. Auch wenn nur für die Bestandsverträge mit Angaben zur Nachhaltigkeitswirkung im Sinne
    von Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Offenlegungspflichten nach Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung zu erfüllen sind, muss grundsätzlich bei allen Bestandsverträgen, auf die sich die Frage bezieht, untersucht werden, ob in der Vertriebsphase Angaben zur Nachhaltigkeitswirkung gegenüber dem Kunden, zum Beispiel auf der Homepage, in Vertragsbedingungen, in vorvertraglichen Informationen oder mit klassischen Werbemitteln, getätigt wurden. Für diese Analyse müssten Finanzmarktteilnehmer die archivierten Unterlagen „verfügbar machen“, durchlesen und bestimmen beziehungsweise entscheiden, ob eventuelle damalige Angaben mit ESG-Bezug heute die Tatbestandsvoraussetzungen der Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung erfüllen.

     

    Es erscheint sachgerecht, wenn Finanzmarktteilnehmer für Bestandsverträge, die seit mehr als zehn Jahren vor dem Erstanwendungszeitpunkt der Offenlegungsverordnung, also seit dem 10.03.2011, nicht mehr vertrieben wurden, pauschalierte Annahmen ihrer Analyse zugrunde legen, sofern ihnen keine gegenteiligen Erkenntnisse bekannt sind. Vor dem Hintergrund der fehlenden Vorbereitung infolge einer für die Branche überraschenden Auslegung der Europäischen Kommission wird die Bafin den Umsetzungsaufwand und den damit verbundenen Zeitbedarf im Einzelfall bei ihrer aufsichtlichen Beurteilung angemessen berücksichtigen.
  3. Nach Ansicht der Bafin bestehen bei Finanzprodukten, die nicht mehr vertrieben werden,
    nach der Offenlegungsverordnung unbeschadet anderer Rechtsvorschriften keine
    vorvertraglichen Offenlegungspflichten. Bei nicht mehr vertriebenen Finanzprodukten
    unabhängig davon, wann deren Vertrieb eingestellt wurde – besteht keine vorvertragliche
    Aufklärungssituation mehr, in der (aktualisierte) vorvertragliche Nachhaltigkeitsangaben den potentiellen Endanleger erreichen. Die Bafin geht davon aus, dass dies für die Europäische Kommission offensichtlich ist und sich die Antwort dementsprechend auf die zu erfüllende Pflichten konzentriert.

 Das gesamt Dokument der Bafin können Sie hier lesen.

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