Taxonomie Begrenzt Kompatibel: Artikel 8 - und Artikel 9-Fonds zwischen Theorie und Praxis

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Neben den formulierten Voraussetzungen und Kriterien einer taxonomiekonformen Investition sind insbesondere die erweiterten Informationspflichten für das Verständnis des produktbezogenen Frameworks relevant: So sollen die vorvertraglichen Informationen von Finanzprodukten, die eine nachhaltige Investition anstreben oder mit ökologischen Merkmalen werben, ausweisen, in welcher Höhe taxononomiekonforme Investitionsanteile enthalten sind.

Ebenso sollen die vorvertraglichen Informationen dem Endkunden/Endanleger verdeutlichen, dass die einschlägigen Qualitätskriterien solcher nur für den ausgezeichneten Anteil gelten. Analog soll die nichtfinanzielle Berichterstattung im NFRD-Regime, das im Kontext der CSRD sukzessive erweitert wird, entsprechende „Taxonomiequoten“ berichten. Hierdurch wird die notwendige „Informationskette“ „vom Investment bis zum Kunden“ konzeptionell mit dem Klassifizierungssystem der EU verbunden.

III. IDD-Änderungsverordnung

Die – erst – 2021 veröffentliche und spätestens seit dem 2. August 2022 anzuwendende „IDD-Änderungsverordnung“ (D-VO (EU) 2021/1257) verankert die „Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in die Aufsichts- und Lenkungsanforderungen an Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreiber sowie in die für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten geltenden Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln“. Sie ergänzt die bestehenden Vorgaben für den Versicherungsvertrieb über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen, -wünschen und -präferenzen von Kunden.

Im Wesentlichen werden das Produktfreigabeverfahren und die Geeignetheitsprüfung dabei um Nachhaltigkeitsgesichtspunkte erweitert, wobei ein Schwerpunkt auf dem Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten liegt. Die momentan herrschende Meinung in der Praxis schließt eine spartenübergreifende Verankerung von Nachhaltigkeit im Vertrieb aus, was jedoch diskutabel ist.

 

 

Jedenfalls definiert das neu geschaffene und legaldefinierte Konstrukt der Nachhaltigkeitspräferenz die Arten und Ausprägungen nachhaltiger Versicherungsanlageprodukte. Konkret soll der Kunde darüber befinden, ob und in welchem Umfang er eine nachhaltige Investition tätigen möchte, die gegebenenfalls den Vorgaben der EU-Taxonomie genügen soll, oder ob – und wenn ja – in welcher Art und Weise nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden sollen. Denn basierend auf den Angaben zur Nachhaltigkeitspräferenz ist die Produktempfehlung im Beratungsgespräch vorzunehmen und die laufende Geeignetheitsprüfung durchzuführen.

IV. Auslegungshinweise / Level II-Konkretisierung

Weiterführende Ableitungen zur Interpretation des Frameworks können aus den jüngeren Hinweisen von Eiopa und Bafin sowie aus den RTS zur Offenlegungsverordnung generiert werden:

Einerseits zeigt sich die logische Verbindung der von Eiopa formulierten Guidance zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz mit den Level II-Templates der Offenlegungsverordnung (Abbildung 1). Andererseits helfen die Klarstellungen zur Frage nach den Publizitätspflichten des Artikel 8 der Offenlegungsverordnung („promote“) dabei, das Verständnis nachhaltiger Anlageprodukte und der mit Ihnen einhergehenden Informationspflichten zu schärfen: Maßgeblich sei, ob eine zielgerichtete Berücksichtigung respektive Förderung von Nachhaltigkeitsmerkmalen vorliegt oder nicht.

In zweiter Instanz ist demnach zu spezifizieren, ob eine nachhaltige Investition getätigt wird oder nicht. Hieraus folgen die zu erbringenden Informationspflichten. Die zentrale Frage nach dem Nachhaltigkeitsgrad kann indessen – erst – durch den inhaltlichen Ausweis etwaiger Mindestanteile beziehungsweise die Art und Weise der Berücksichtigung der PAI-Faktoren beantwortet werden.

Verbindung der Eiopa-Guidance mit den RTS-Templates © Eigene Darstellung in Anlehnung an die Eiopa-Guidance und die RTS zur Offenlegunsverordnung)

 

Vor diesem Hintergrund festigt sich der Eindruck, dass die Informationspflichten der Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung nicht in einer konkurrierenden Beziehung zueinander stehen. Vielmehr ergänzen sich die Transparenzpflichten der Artikel 6, 7, 8 und 9: Die bewusste Ausrichtung auf ökologische oder soziale Merkmale („promote“) kann sich sowohl auf das Verfolgen einer nachhaltigen Investition beziehen als auch in der Berücksichtigung anderer ökologischer oder sozialer Merkmale begründet liegen – wie etwa der PAI-Faktoren. Daher kommt es auf die zugrunde liegende Anlagestrategie an, welche Informationspflichten zu erbringen sind.