1984 hatte „Bond Guy“ George Collins das Ruder bei T. Rowe Price übernommen, 1986 folgte der Börsengang und das Anleihegeschäft boomte. Doch am Markt für Hochzinsanleihen war der Zenit überschritten und die dortigen Verwerfungen waren bis in die 1990er Jahre spürbar. Trotz dieser Umstände wurden aber auch wichtige Grundlagen für die Entwicklung der Anleihemärkte gelegt.
Die 1990er Jahre begannen mit dem spektakulären Absturz von Michael Milken, den man „König der Junk Bonds“ nannte. Milken war ein zentraler Akteur bei der Investmentbank Drexel Burnham Lambert. Er hatte dazu beigetragen, dass Hochzinsanleihen bei den Anlegern bekannt und beliebt wurden. Jedoch wurde er zum Inbegriff der Exzesse, die sich im High-Yield-Bereich Ende der 1980er Jahre abspielten.
Drexel ging 1990 pleite und Milken wanderte wegen Betrugs ins Gefängnis. Die Folgen dieses ersten großen Boom and Bust am High-Yield-Markt spürten auch die Anleger. Zum ersten Mal in mehr als einer Dekade machten sie mit Hochzinsanleihen empfindliche Verluste.
Gleichzeitig war 1990 ein Jahr des Neuanfangs. Symbolisch dafür war der Start des Bloomberg Global Aggregate Anleiheindex. „1991 beinhaltete diese wichtige Benchmark etwa 7000 Emittenten“, erinnert sich Portfoliomanager Quentin Fitzsimmons. „ Ich vergleiche das mit der Situation des Jahres 1971, als T. Rowe Price seine Fixed-Income-Abteilung gründete.“
Damals bestand weder in den USA noch in Europa das Bedürfnis, sich über die Staatsanleihen des Heimatlandes hinauszuwagen. Allerdings sind 20 Jahre an den Märkten eine lange Zeit, und die Einführung des Bloomberg Global Aggregate Bond Index hat gezeigt, dass der Markt erwachsen geworden ist. Seitdem hat sich das von der Benchmark abgedeckte Investment-Grade-Universum mit weltweit mehr als 27.000 Namen nochmals deutlich vergrößert.
Ein neues Paradigma
Die Fixed-Income-Märkte waren in den 1990er Jahren am stärksten von dem Trend zur Unabhängigkeit der Zentralbanken betroffen. Den Anfang hatte die neuseeländische Zentralbank im Jahr 1989 gemacht. Mit dem Vertrag von Maastricht vom Februar 1992 wurde die Unabhängigkeit der Zentralbanken in der gesamten Europäischen Union eingefordert. 1997 wurde auch die Bank of England unabhängig.
Die Unabhängigkeit von Zentralbanken schuf einen Rahmen für Investoren, sich zu verpflichten. Die zunehmende Einführung von Inflationszielen hat sowohl den Industrie- als auch den Schwellenländern ein größeres Vertrauen in die Fähigkeit gegeben, die Inflation unter Kontrolle zu halten. Dies bedeutete, dass die Renditen sanken, sodass die Kreditkosten der Regierungen abnahmen, was wiederum dazu führte, dass die Kreditkosten für Verbraucher günstiger wurden.
Maßgeblich unterstützt wurde diese Entwicklung durch die zunehmende Globalisierung. Die Industrieländer lagerten ihre arbeitsintensive Produktion immer stärker in Entwicklungsländer aus, vor allem nach China, das als „Werkbank der Welt“ bekannt wurde. „Rückblickend“, so Fitzsimmons, „haben die unabhängigen Zentralbanken, die sich auf das Inflationsziel konzentrierten, und die Zunahme des Welthandels und der Preistransparenz zu einem goldenen Zeitalter für Anleiheinvestoren geführt.“
Ein maßvoller Umgang mit Risiken
1997 ernannte T. Rowe Price einen neuen CEO, George Roche. Zuvor war er Chief Financial Officer und verwaltete den milliardenschweren New Era Fund des Unternehmens. Der ehemalige CEO George Collins hatte das Unternehmen zu einem Zeitpunkt verlassen, als sich dieses in einer starken Position befand. Seit seiner Ernennung als CEO im Juli 1984 hatte Collins das verwaltete Vermögen des in Baltimore ansässigen Unternehmens von 17 auf 80 Milliarden US-Dollar erhöht und die Zahl der Fonds von 23 auf 68 verdreifacht. Bis 1999 verwaltete das Unternehmen allein im Fixed-Income-Bereich 40 Milliarden US-Dollar und legte den ersten spezialisierten Emerging Markets Debt Fund auf.
Roche ging wie sein Vorgänger mit Bedacht vor. Kurzfristig wurde dieser Ansatz von manchen Marktteilnehmern als störend empfunden, insbesondere als Spekulanten risikoreiche Anlagen in schwindelerregende Höhen steigen sahen. Der stellvertretende Vorstandschef James Riepe war jedoch ein entscheidender Befürworter dieses Ansatzes. In einem Artikel des Wall Street Journals aus dieser Zeit sagte er: „Wir müssen an unseren Prinzipien festhalten, auch wenn es uns kurzfristig schaden könnte. Wir sind diszipliniert, und werden es auch bleiben.“ Der Ansatz zahlte sich aus, auf der Aktienseite erzielten im Rekordjahr 1999 gleich drei Fonds Renditen von mehr als 100 Prozent.
Unruhige Gewässer
Investieren ist nie einfach und jede Phase ist von Volatilität geprägt. Das war in den 1990er Jahren nicht anders. Mark Vaselkiv, ehemaliger CIO der Fixed-Income-Abteilung bei T. Rowe Price, erinnert sich: „Wir sind einige Male knapp davongekommen. Als ich zum Unternehmen kam, war der große Wachstumssektor in den USA – in dem wir stark engagiert waren – das Glücksspiel, das in den 1970er Jahren legalisiert worden war. Angetrieben durch Innovatoren wie Steve Wynn wurde Atlantic City in New Jersey zur Welthauptstadt der Luxuscasinos.“
Doch im Jahr 1990 überschritt das Taj Mahal, ein gewaltiger Neubau, das Budget erheblich. „650 Mio. US-Dollar wurden in Form von 14-prozentigen Hypothekenanleihen ausgegeben, es wurde nur eine einzige Kuponzahlung geleistet und man geriet dann in Verzug.“ Der Eigentümer, der spätere US-Präsident Donald J. Trump, hatte das Projekt als „achtes Weltwunder“ bezeichnet.
Das Taj, das zu den bereits bestehenden Gebäuden Trump Plaza und Trump Castle hinzukam, störte das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage in Atlantic City und trug zu dessen Niedergang bei. In der Zwischenzeit sammelte Wynn seine Jetons an der Marktspitze ein und machte sich auf den Weg nach Nevada, um seine Rolle in der nächsten Gelddruckmaschine zu spielen: Las Vegas.
Außerdem gab es erhebliche Turbulenzen im Rahmen der mexikanischen Peso-Krise im Jahr 1994. „Es war die mit Abstand größte Herausforderung“, erinnert sich Mike Conelius, der später die Emerging-Markets-Debt-Strategie von T. Rowe Price leitete. Im Dezember 1994 konnte die Regierung den fixen Wechselkurs zum Dollar nicht mehr halten und der Peso wertete massiv ab.
Es entstand eine Bankenkrise, da sich viele Institute in Dollar verschuldet hatten und nun die Kredite nicht mehr bedienen konnten. Für Conelius war es eine Art „Kinderkrankheit“, die alle Jungen durchmachen. Der Markte für Staatsanleihen von Entwicklungsländern war noch jung und hatte erst wenige Jahre zuvor mit dem Brady-Plan gestartet. Später sollte sich das zur Asienkrise auswachsen.
Doch für Conelius war Mexiko der wirklich heikle Präzedenzfall. Er war bei T. Rowe Price damals der erste Analyst, der sich mit Staatsanleihen sowohl von Industrie- als auch von Schwellenländern befasste. „Mein früherer Fixed-Income-Chef nannte mich den einarmigen Kleiderbügel, weil ich einfach alles gemacht habe“, erinnert er sich.
Über den Autor:
Emily Davidson ist Brand Historian und Corporate Archivist bei dem US-amerikanischen Finanzdienstleistungsunternehmen T. Rowe Price. Sie beschäftigt sich mit Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte.