Nach dem Erbfall Supervermächtnis kann Freibeträge retten

Jens-Hendrik Kern, SKW Schwarz: Der Rechtsanwalt erklärt, was beim Anwenden des Supervermächtnisses zu beachten ist

Jens-Hendrik Kern, SKW Schwarz: Der Rechtsanwalt erklärt, was beim Anwenden des Supervermächtnisses zu beachten ist Foto: SKW Schwarz

Bei der Nachlassplanung unter Ehegatten steht regelmäßig die Absicherung des länger lebenden Ehegatten im Vordergrund. Dieser soll zunächst das eheliche Vermögen als Alleinerbe erhalten, während die Kinder der Eheleute erst bedacht werden, wenn auch der länger lebende Ehegatte verstorben ist. Dieser Wunsch ist umso ausgeprägter, je weniger liquide das eheliche Vermögen ist. So soll beispielsweise nicht die selbstgenutzte Immobilie verkauft werden müssen, um die Kinder am Nachlass des erstversterbenden Ehegatten beteiligen zu können.

Eine in der Praxis oft gewählte Gestaltungsmöglichkeit ist das Berliner Testament. Die Kinder werden von dem erstversterbenden Ehegatten enterbt, um später den zweitversterbenden Ehegatten, in dessen Händen sich das gesamte Vermögen der Ehegatten vereinigt hat, zu beerben. Auf diese Weise wird das Absicherungsinteresse des länger lebenden Ehegatten zwar gut abgebildet. Es führt jedoch zwangsläufig dazu, dass der steuerliche Freibetrag, den die Kinder nach dem Tode des erstversterbenden Elternteils geltend machen könnten, ungenutzt bleibt.

Ein Beispiel: Je Kind bzw. Stiefkind steht ein Freibetrag von 400.000 Euro zur Verfügung. Bei drei (enterbten) Kindern und einem Nachlassvermögen des erstversterbenden Ehegatten von drei Millionen Euro erhöht sich die Steuerschuld um dreimal 400.000 Euro (Freibetrag) mal 19 Prozent (Steuersatz) – in Summe 228.000 Euro. 

Um diese steuerliche Belastung zu vermeiden, hat sich das sogenannte Supervermächtnis als flexibles und steuergünstiges Gestaltungsmittel etabliert. 

Typische Ausgestaltung des Supervermächtnisses

Das Supervermächtnis baut auf dem klassischen Vermächtnis auf (Kombination aus Zweck- und Bestimmungsvermächtnis), verleiht diesem aber eine besondere Flexibilität.

Das Supervermächtnis wird überwiegend in Ehegattentestamenten eingesetzt und knüpft an die Gestaltung des Berliner Testaments an: Der überlebende Ehegatte wird Alleinerbe des Erstversterbenden. Der überlebende Ehegatte wird aber zugleich mit dem Recht ausgestattet, nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten einen Vermächtnisnehmer – beispielsweise gemeinsame Kinder – zu bestimmen und diesen mit Nachlassvermögen des erstversterbenden Ehegatten auszustatten (sogenanntes Bestimmungsrecht).

 

Die Besonderheit liegt somit darin, dass der überlebende Ehegatte im Nachhinein (postmortal) für den bereits verstorbenen Ehegatten entscheiden kann, ob und in welchem Umfang weitere Personen am Nachlass beteiligt werden. Der erstversterbende Ehegatte kann auf diese Weise an den länger lebenden Ehegatten die Entscheidung delegieren, ob die Kinder oder auch andere Personen am Nachlass beteiligt werden (und so die steuerlichen Freibeträge genutzt werden können).

Gelangt der überlebende Ehegatte nach dem Erbfall zu der Einschätzung, dass keine oder nur ungenügend freie Liquidität vorhanden ist, um den Kindern Vermögen aus dem Nachlass zuzuweisen, kann er auf die Ausübung des Bestimmungsrechts verzichten. Anderenfalls gibt er im Rahmen freien Ermessens Nachlassvermögen vom erstversterbenden Ehegatten an die Vermächtnisnehmer weiter.

Wie weit das Bestimmungsrecht des Alleinerben reichen soll, legt der erstversterbende Ehegatte in seinem Testament fest. Auf dieser Grundlage bestimmt der Alleinerbe nach dem Erbfall den konkreten Vermächtnisnehmer, den Zeitpunkt der Erfüllung des Vermächtnisses (§ 2181 BGB) sowie den Wert und Gegenstand des Vermächtnisses. 

Supervermächtnis und Erbschaftsteuer 

Erbschaftsteuerlich wird das Supervermächtnis als „Erwerb von Todes wegen“ behandelt. Der Vermächtnisnehmer muss das Supervermächtnis nach dem erstversterbenden Ehegatten versteuern. Weil die Besteuerung im Verhältnis zwischen dem erstversterbenden Ehegatten und dem Vermächtnisnehmer erfolgt, kann dieser den hier bestehenden Freibetrag nutzen.
Maßgeblich für die Besteuerung ist der Zeitpunkt, zu dem das Vermächtnis fällig wird.