Sie sind wieder da S&K-Gründer „retten“ Immobilien vor der Zwangsversteigerung

Eine der ehemaligen Villen von S&K-Mitgründer Jonas Köller in Erlenbach. Ende 2023 stand sie zum Verkauf.

Eine der ehemaligen Villen von S&K-Mitgründer Jonas Köller in Erlenbach. Ende 2023 stand sie zum Verkauf. Foto: Imago / Rheinmainfoto

Stephan Schäfer träumte von einer Affäre mit Shakira, einer Milliarde Euro, Helikoptern und einem eigenen Learjet, unter anderem. Ermöglichen sollten dies Immobiliengeschäfte. Damit war er auch erfolgreich, mehrere Millionen Euro hatte er schon zusammen, als sein Traum von Handschellen unterbrochen wurde.

Und trotz dieser Handschellen sprang Schäfer im September 2013 kurz vor seiner Anhörung aus dem ersten Obergeschoss eines Gerichtsgebäudes. Sechs Meter fällt er. Sein Fluchtversuch scheiterte. Schwerverletzt überlebte er. Ihm drohte die Querschnittslähmung.

Party mit Elefant und Hubschrauber

Physisch und psychisch konnte sich Schäfer erholen. Und allem Anschein nach ist er mit seinem damaligen Verbündeten Jonas Köller wieder im Immobiliengeschäft aktiv.

Stephan Schäfer und Jonas Köller waren die Köpfe des berüchtigten Immobilienunternehmens S&K. Noch besser als mit Immobilien handeln, konnten die Geschäftspartner Geld ausgeben und Party machen.

Als Köller seinen 30. Geburtstag feierte waren unter den Gästen nicht nur B-Promis und leichtbekleidete Damen, sondern auch ein Elefant und ein Zebra. Und einen seiner Träume hatte sich Schäfer bereits erfüllt: Er kam mit dem Hubschrauber zur Party.

Gerichtsgebäude droht unter Aktenberg einzubrechen

Die Superlative zogen sich nicht nur durch Köllers und Schäfers ausschweifenden Lebensstil, ihre Exzesse überforderten auch die Justiz. Vorgeworfen wurde ihnen schwerer gewerbsmäßiger Betrug und schwere bandenmäßige Untreue. Doch mussten die Betrugsvorwürfe fallengelassen werden, als das Verfahren zu scheitern drohte.

1.000 Aktenordner füllten die Unterlagen zu ihrem Verfahren. So viel, dass sie wegen Einsturzgefahr des Gerichtsgebäudes auf unterschiedliche Räume verteilt werden mussten. 3150 Seiten war die Anklageschrift lang. Die Staatsanwaltschaft überfordert. Der Prozess drohte zu scheitern.

Laut Urteil keine Betrüger

Fast wären Schäfer und Köller freigesprochen wurden. Den Wendepunkt brachte die neue Staatsanwaltschaft, die den Angeklagten anbot, den Vorwurf bandenmäßigen Betrugs fallenzulassen, wenn sie ein Teilgeständnis ablegen.

11.000 Anleger haben Schäfer und Köller um mehr als 240 Millionen Euro gebracht. Und wie so oft ist die Dunkelziffer wesentlich höher. Da das Duo nur für Untreue verurteilt wurde, konnte es nur für 90 Millionen Euro davon verantwortbar gemacht werden.

2017 wurden Schäfer und Köller zu jeweils 8,5 Jahren Haft verurteilt, ihre viereinhalb Jahre andauernde Untersuchungshaft wurden angerechnet. Als sie zwei Drittel ihrer Strafe abgesessen hatten, wurde der Rest, wie üblich, zur Bewährung ausgesetzt. 2019 und 2021 meldeten beide Privatinsolvenz an.

Wegen Betrugs wurden die S&K-Gründer also nie verurteilt, weswegen sie offiziell auch nicht als Betrüger bezeichnet werden dürfen.

Der Start: Handel mit Immobilien kurz vor der Zwangsversteigerung

Doch wie schafft man es, 240 Millionen Euro erst einzusammeln und dann scheinbar verschwinden zu lassen? Die kurze Antwort: Nicht auf legalen Wegen.

Die ausführliche Antwort: Schäfer und Köller starteten legal und kauften Immobilien aus Zwangsversteigerungen, deutlich unter ihrem Verkehrswert. Diese werteten sie teilweise auf, zum Beispiel indem sie Wohnimmobilien in mehrere Wohneinheiten aufteilten. So konnten die Objekte zu deutlich höheren Preisen verkauft werden.

Grauer Kapitalmarkt, Hochglanzprospekte und Tüv-Siegel

Das Geld floss, doch zu langsam für Schäfer und Köller. Sie wollten Milliardäre werden, und das möglichst schnell. Ihre Lösung war der graue Kapitalmarkt, auf dem sie über geschlossene Fonds Gelder einsammelten und Anleger mit Renditeversprechen von zwölf Prozent pro Jahr lockten.

Sie warben mit in Leder gebundenen Hochglanzprospekten, guten Zahlen, einem erfolgsversprechenden Immobilienportfolio und sogar einem Tüv-Siegel.

Das Problem: Fast alles waren Lügengebäude. Schon die Struktur des Fonds war fragwürdig. Während der Verkaufsprospekt Anlegern suggerierte, dass sie in Immobilien investieren und diese als Sicherheit dienen, hat der Fonds die eingesammelten Anlegergelder in Form von Krediten an S&K weitergegeben. Die Investoren hatten damit nur einen Kredit als Sicherheit und mussten hoffen, dass S&K die versprochene Rendite erwirtschaften würde.

Aufgeblähtes Immobilienportfolio voller Lügengebäude

Doch damit nicht genug: Ein Großteil der im Prospekt abgebildeten Objekte gehörten gar nicht S&K. Zwar wurden teilweise Verkaufsgespräche geführt, doch landeten die Immobilien selbst ohne Geschäftsabschluss im Werbeprospekt.

Wie ein Fachmarktzentrum in Niedersachsen, das Schäfer und Köller für acht Millionen Euro kaufen wollten, allerdings nie bezahlten. Trotzdem tauchte das Einkaufszentrum im Prospekt auf. Angeblicher Wert: 18 Millionen Euro, mehr als das Doppelte des eigentlichen Preises.

Ähnlich war es bei Immobilien, die S&K tatsächlich besaß. Sie waren in der Regel überbewertet. Mieteinnahmen, Nutzungsdauern, an sämtlichen Parametern wurde geschraubt, um auf überhöhte Verkehrswerte zu kommen und Anleger so zu täuschen. Nur ein Bruchteil des angeblichen Immobilienvermögens war also vorhanden.

Daher überrascht nicht, dass auch das Tüv-Siegel die Prospekte nicht hätte zieren dürfen. S&K hatte den Tüv Süd nur für die interne Feststellung beauftragt. Das Siegel war nie dafür gedacht, damit zu werben. Zudem hat der Tüv den tatsächlichen Wert des Immobilienvermögens nie geprüft, sondern sich auf eine von S&K vorgelegte Excel-Tabelle verlassen.

Und diese Tabelle wiederum basierte auf der Arbeit eines Immobiliengutachters, der keine IHK-Zulassung mehr hatte, dafür aber genau wusste, wie man am besten Stempel und Unterschriften unter gefälschte Gutachten kopiert.

Netzwerk von S&K-Fonds, die untereinander handelten

Damit das Geld noch schneller floss, kam das Duo, auf die Idee, sich ihre Immobilien zu immer höheren Preisen selbst zu verkaufen. Teil des S&K-Systems war, mehrere Fondsgesellschaften zu gründen oder aufzukaufen, um sich gegenseitig Immobilien zu verkaufen.

So kauften Schäfer und Köller beispielsweise ein Wohnhaus aus einer Zwangsversteigerung für 45.000 Euro, das sie an einen ihrer Fonds für 90.000 Euro verkauften, der es wiederum an einen dritten Fonds für 100.000 Euro verkaufte. Zu diesem Wert tauchte es auch im Prospekt auf.

Im Vertrag standen als Verkäufer meist Schäfer und Köller persönlich, S&K oder die Fonds nur mit einem geringen Anteil, sodass das Duo direkt von den überhöhten Preisen profitierte. Hinzu kam das Millionengehalt, das sie sich selbst auszahlten.

Schäfer und Köller badeten im Geld

Wohin mit dem Geld? Schäfer und Köller liebten Luxus. Das Geld verpulverten sie für extravagante Partys mit Geschäftspartnern in Dubai oder Mallorca, Sportwagen und Rolex-Uhren. Selbst Cash, ihr Hund, fraß aus einem mit Edelsteinen besetzten Futternapf. Bei einer Razzia schleppten Fahnder zudem mehrere hundert Geldsäcke mit Kleingeld aus der S&K-Villa. Schäfer und Köller badeten im wahrsten Sinne des Wortes im Geld, wie Dagobert Duck.

 

Doch nicht nur der exzessive Lebensstil, inklusive Geldbädern, musste finanziert werden, auch die versprochenen Renditen mussten ausgezahlt werden. Und weil das angepriesene Immobilienportfolio hoffnungslos überbewertet war, und nicht genug erwirtschaften konnte, mussten frische Anlegergelder herhalten. Ein klassisches Ponzi-Schema, das wie fast alle Schneeballsysteme über Vertrieb und geschicktes Marketing am Leben erhalten wurde.

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