Eine einfache ESG-Aktienstrategie reicht schon aus, damit institutionelle Investoren ihre Portfoliounternehmen zu mehr Nachhaltigkeit treiben können. Das zeigt eine Umfrage des NKI Instituts für nachhaltige Kapitalanlagen, bei der die Autoren börsennotierte Unternehmen aus Deutschland befragt haben. Etwa 42 Prozent der befragten Firmen antworteten, dass nachhaltige Großanleger einen sehr großen oder eher großen Einfluss ihre Gesamtstrategie haben. Noch mehr Druck können die institutionellen Anleger im ESG-Management oder bei den konkreten Maßnahmen ausüben: Dort antworteten 58,1 respektive 67,8 Prozent der Unternehmen, dass sie sich an den Vorgaben ihrer institutionellen Kapitalgeber orientieren.
Ausschlusskriterien verbreitet – aber nicht wirksam
Eine Rolle spielt dabei aber auch, welche ESG-Strategie die institutionellen Anleger nutzen. Am verbreitesten ist – gemessen an den nachhaltigen Anlagestrategien deutscher Publikumsfonds, Mandate oder Spezialfonds, dass Investoren gewisse Unternehmen nach einer Kriterienliste ausschließen. In 88 Prozent der Fälle ist so ein Ausschlussverfahren Teil nachhaltiger Anlagestrategien. Knapp dahinter folgen Engagement-Strategien mit 84 und ESG-Integrationen mit 81 Prozent. Bei den Engagement-Strategien führen Investoren Gespräche mit ihren Portfoliounternehmen und wollen so direkt auf sie einwirken.
Und genau diese Strategie ist aus Sicht der Portfoliounternehmen auch am wirksamsten. So sprechen 51,8 Prozent der Unternehmen den direkten Gesprächen mit den Investoren einen sehr oder eher hohen Einfluss auf das Management von ESG-Themen im Unternehmen zu. Auf Rang 2 landet hier die Stimmrechtsausübung auf Hauptversammlungen, denen 42,3 Prozent der Befragten einen sehr oder eher hohen Einfluss bescheinigen.
Direkter Austausch mit Portfoliounternehmen wirkt am besten
Auf den weiteren Rängen folgen der Best-in-Class-Ansatz mit 37,0 Prozent und die Anwendung von Ausschlusskriterien mit 33,3 Prozent. Kurioserweise erreicht die ESG-Anlagestrategie, die in Deutschland am weitesten verbreitet ist, also den geringsten Widerhall bei den Portfoliounternehmen.
96,8 Prozent und damit fast alle der befragten Unternehmen hat bei Investorengesprächen oder Hauptversammlungen schon über ESG-Aspekte gefachsimpelt. „Entsprechende Aspekte sind heute etablierter Bestandteil der Dialoge zwischen Kapitalmarktakteuren und Unternehmen“, schreiben die Autoren der Umfrage. „Standard ist es dabei auch, dass die Kapitalmarktakteure ganz konkrete Forderungen an die Unternehmen formulieren.“ Besonders häufig sprächen die Investoren dabei Governance-Aspekte an, der Fokus läge auf der Be- und Zusammensetzung der Gremien sowie der Verankerung von ESG-Kriterien in den Vergütungssystemen der Führungskräfte.
Anhand der Umfrageergebnisse lasse sich ablesen, dass – so formulieren es die Studienautoren – sich das doppelte Wirkungsversprechen der nachhaltigen Kapitalanlage bewahrheite. „Die Frage nach der finanziellen Performance dieser Anlageform wurde bereits in der Vergangenheit dahingehend beantwortet, dass mit der zielgerichteten Nutzung von ESG-Kriterien im Anlageprozess keine systematischen Nachteile für Rendite und Risiko entstehen“, so Rolf Häßler, geschäftsführender Gesellschafter des NKI. „Unsere aktuelle Umfrage unterstreicht nun, dass auch das zweite Wirkungsversprechen, der positive Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung, eingelöst wird.“
Dieses Wissen könnten auch börsennotierte Unternehmen für sich nutzen: „Unternehmen, die frühzeitig auf nachhaltige Geschäftsmodelle setzen, profitieren von stabileren Lieferketten, besserem Zugang zu Kapital und einer stärkeren Kundenbindung“, erklärt Alexander Mertz, Sprecher der Geschäftsführung der Bayerninvest Kapitalverwaltungsgesellschaft, die auch an der Umfrage mitwirkte.