Die Digitalisierung von Banken kommt nicht schnell genug voran. Der Grund dafür liegt in der eigenen Organisation, die häufig in überholtem Denken und nicht zeitgemäßen Strukturen gefangen ist. Das zeigt eine aktuelle Studie der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro unter 138 Experten.
Unflexible Prozesse
So sind unflexible Prozesse und nicht-agile Organisationen nach Überzeugung der befragten Bank- und IT-Experten mit je 74 Prozent die größten Hürden für Veränderungen bei den Instituten. Mit großem Abstand folgen kurzfristiges Denken (45 Prozent), regulatorische Vorgaben (44 Prozent) und fehlendes Fachwissen (43 Prozent).
Nach Jahren, in denen die Regulatorik einen großen Teil der Kapazitäten der Banken beansprucht habe, stünden mittlerweile zwar genug Mittel für Digitalisierungsprojekte zur Verfügung, so Cofinpro-Digitalisierungsexperte Valentino Pola. Jedoch seien die Fortschritte dabei im Verhältnis zu den eingesetzten Budgets zu gering.
Bürokratische Prozesse verhindern Flexibilität
„Unsere Studie zeigt, dass es Instituten an der grundlegenden Fähigkeit zu Veränderungen mangelt“, sagt Vola. „Aber nicht, weil es an Wissen und Kapazitäten fehlt, sondern weil die Organisationen zu wenig agil sind und der kulturelle Umbau auf sich warten lässt. Die bürokratischen Prozesse verhindern jegliche Flexibilität“. Die neue Ära müsse für Kreditinstitute daher mit einem Wandel in den Köpfen und der eigenen Organisation beginnen.
Zwar hätten die Banken die erste Stufe der Digitalisierung abgeschlossen, dabei unter anderem auch Startups oder eigene Plattformen gegründet und mit Fintechs kooperiert. Nun gelte es jedoch, die Erkenntnisse aus den abgeschlossenen Digitalisierungsprojekten auf die Gesamtorganisation zu übertragen, um für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein.
Das sollte aus Sicht von Cofinpro in mehreren Dimensionen stattfinden und nicht nur die IT- und jeweiligen Projektabteilungen einbeziehen. Stattdessen gelte es, auch die eigenen Geschäftsmodelle, Prozesse und Systeme, beispielsweise zur Führung, Entscheidung oder Personalentwicklung, zu hinterfragen. „Interne Prozesse, Unternehmenskultur und Paradigmen gehören auf den Prüfstand“, sagt Pola.
Dabei sei Schnelligkeit gefragt: Vor dem Hintergrund von PSD2 und drohenden neuen Wettbewerbern sollten die Institute alles tun, um ihre eigenen Marken und Reichweiten zu nutzen und das digitale Banking in die Breite der Bevölkerung zu bringen. „Die Kunden fordern von den Banken, sich den Gepflogenheiten der digitalen Welt anzupassen. Und die Kreditinstitute werden ihre starke Stellung nur dann behaupten können, wenn sie schnell handeln – es ist sprichwörtlich fünf vor zwölf“, warnt der Cofinpro-Digitalisierungsexperte. „Banken tun deshalb gut daran, die Veränderungen gleichzeitig als Chancen für ihr Geschäft zu begreifen.“