Strategie für Private Banker und Family Officer Der richtige Weg bei beratungsintensiven Kunden

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Transparenz und Offenheit: Der gesamte Beratungsprozess sollte ausnahmslos transparent und offen gestaltet sein. Denn nur so lässt sich das bestmögliche Ergebnis für alle Beteiligten erreichen. Es stellt sich immer wieder die Frage, wann alle Familienmitglieder, Mitarbeiter, Kunden und sonstige Beteiligte in den Prozess eingebunden werden. Geschieht es zu früh, könnte es für unnötige Unruhe sorgen. Erfolgt es jedoch zu spät, fühlen sich Beteiligte nicht ausreichend eingebunden. Daher empfiehlt es sich, den gesamten Prozess in Intervalle einzuteilen.

So wäre es im vorliegenden Fall denkbar, dass Herr Müller seine Überlegungen zunächst mit seiner Frau bespricht. Wenn die Eheleute sich über ihre Wünsche und Ziele einig sind, werden die Kinder in die Entscheidungsfindung mit einbezogen. Wichtig ist an dieser Stelle, dass jeder die nötige Zeit bekommt, sich mit der vorliegenden Situation vertraut zu machen. Das beinhaltet Unterlagen lesen, Konzepte prüfen, eigene Berater hinzuzuziehen und vieles mehr. Ein probates Instrument zur Umsetzung dieser Phase ist die Familienkonferenz. Dabei kommt Ihnen als Berater die Rolle eines Vermittlers zu, der die Informationen und Konzepte präsentiert und als Ansprechpartner für alle Beteiligten zur Verfügung steht. Dabei sollten auch Mediationstechniken genutzt werden.

Die Strategie: Die Phase der Strategieentwicklung ist eine Phase, die häufig parallel zu den oben genannten Phasen abläuft. Denn bereits in jeder einzelnen Phase werden Fragestellungen und Themengebiete behandelt, die maßgeblichen Einfluss auf die finale Gesamtstrategie haben. Sei es die Frage nach den geeigneten Instrumenten der Umsetzung (Testament, Erbvertrag, Pflichtteilsverzichtsverträge). Oder aber der Aufklärung aller Beteiligten darüber, dass es einen Unterschied zwischen einer wirtschaftlichen und einer emotionalen Gleichbehandlung gibt sowie der Tatsache, dass nicht immer alle Ziele gleichzeitig und vollumfänglich erreicht werden können.

Daher empfiehlt es sich gemeinsam mit Ihrem Auftraggeber eine Rot-Gelb-Grün-Strategie zu entwickeln. Dabei werden Verhandlungspositionen in unterschiedliche Bereiche eingeteilt. Die roten Positionen gelten als unumstößlich und sind zwingend zu erreichen. Hingegen sind die Positionen der Farben gelb und grün als Verhandlungsmasse anzusehen. Hierüber kann mehr oder weniger frei verhandelt werden, so dass der Ausgang ergebnisoffen ist. Diese Taktik kann sich insbesondere aus psychologischer Sicht als sehr wertvoll erweisen. Denn so besteht für alle Beteiligten die Möglichkeit, in einem gewissen Umfang Einfluss auf die Entscheidungsfindung zu nehmen.

Neben einer detaillierten Strategie sollten Sie mit Ihrem Mandanten Alternativszenarien entwickeln. Sie sollten jederzeit auf Überraschungen gefasst sein und flexibel reagieren. Im Extremfall kann auch eine Situation entstehen, in der man sein Mandat niederlegen sollte.

Für Herrn Müller müsste sich ganz klar ergeben, dass seine gewünschten Ziele so derzeit nicht umsetzbar sind. Er müsste einen anderen Unternehmensnachfolger installieren und nach Möglichkeit Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen mit allen Familienmitgliedern treffen. Dafür benötigt er allerdings auch eine Verhandlungsmasse, die er im Gegenzug anbieten kann. Im Rahmen dessen müssen auch Verhandlungen und Gespräche mit allen Familienmitgliedern geführt werden. Das ist ein langer Weg.

Es wird deutlich, wie umfangreich eine professionelle und individuelle Nachfolgeberatung, insbesondere eine Unternehmerberatung auch abseits der rein wirtschaftlichen und rechtlichen Themen sein kann.



Über die Autoren:
Jörg Plesse ist Unternehmerberater sowie Financial und Estate Planner mit mehr als 20 Jahren Berufspraxis. Seine Schwerpunkte liegen in der Nachfolgeberatung für Unternehmer und sehr vermögende Mandanten sowie im Stiftungsmanagement. Er hat aus seiner Tätigkeit bei mehreren Banken langjährige Erfahrung in den Bereichen Family Office, Wealth Management und Unternehmernachfolgeberatung. Daneben arbeitet er als freiberuflicher Dozent und Fachautor.

Hubert Hoffmann ist Financial und Estate Planner mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung. Seine Schwerpunkte liegen in der strategischen Finanzplanung sowie der Nachfolgeberatung für vermögende Privatkunden, Unternehmer und Stiftungen. Durch seine Tätigkeit bei verschiedenen Banken hat er Erfahrungen in den Bereichen Vermögensstrukturberatung, Nachfolgeplanung sowie Stiftungsmanagement.

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