Strafzinsen für Banken Weniger Minus ist mehr

Schwarzer Tag für Anleger: Am 5. Juni 2014 spricht Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), in Frankfurt zu Journalisten. Dabei gab er bekannt, dass Guthaben bei der EZB zum ersten Mal Minuszinsen kosten werden, damals zunächst minus 0,1 Prozent.

Schwarzer Tag für Anleger: Am 5. Juni 2014 spricht Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), in Frankfurt zu Journalisten. Dabei gab er bekannt, dass Guthaben bei der EZB zum ersten Mal Minuszinsen kosten werden, damals zunächst minus 0,1 Prozent.

Andreas Heinrich bringt es auf den Punkt: „Am Ende ist es ein mentales Problem. Man soll für Guthaben zahlen, und das macht niemand gern“, so der Leiter des Portfoliomanagements des Berliner Vermögensverwalters Hansen & Heinrich. In der Tat muss man sich das einmal vorstellen: Man leiht sein Geld einer Bank und muss dafür auch noch Zinsen zahlen. Verrückte Zeiten, die die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem Chef Mario Draghi vor fast vier Jahren einläutete. Im Juni 2014 verdonnerte sie zum ersten Mal Banken dazu, für EZB-Guthaben Strafzinsen zu zahlen. Heute liegt der Zins für die Einlagenfazilität bei minus 0,4 Prozent.

Die große Frage lautet nun, ob Geschäftsbanken diese Strafe an die eigenen Kunden weiterreichen oder ob sie den Guthabenzins für Barschaften bei null belassen. Schließlich können sie nach wie vor über die gute alte Fristentransformation zumindest Teile davon für höhere Zinsen wieder ausreichen. Muss ja nicht alles bei der EZB liegen. Das ist der erste Schritt, alles ein bisschen zu relativieren.

Den zweiten Schritt übernimmt Marc Momberg, stellvertretender Leiter Portfoliomanagement bei Apo Asset Management, indem er durchrechnet: „Wenn wir ein volles Jahr lang 10 Prozent Cash halten würden bei minus 0,5 bis minus 0,75 Prozent Zinsen, reden wir auf Portfolioebene über einen Performance-Beitrag von 5 bis 7 Basispunkten. Den gleichen Effekt auf das Portfolio hätte eine um einen Prozentpunkt höhere Aktienquote, wenn der Aktienmarkt um 5 bis 7 Prozent fällt.“

Damit wird klar: Gelassenheit unter den Vermögensverwaltern sieht zwar anders aus, die Strafzinsen sind ein Thema. Aber an der Funktion einer Barschaft, in speziellen Situationen verfügbar zu sein, will man eben auch nicht rütteln. „Die Sicherheit ist es wert, deshalb nehmen wir Strafzinsen in Kauf“, sagt der Portfoliomanager eines Vermögensverwalters, der anonym bleiben möchte. Der selbstständige Schweizer Vermögensverwalter Jürgen Kob („Friends & Finance“) sieht das ähnlich: „Ich mache bei so etwas keine Experimente. Cash-Mittel müssen schnell verfügbar sein und erhalten bleiben. Da ist die Wertentwicklung Nebensache.“

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Tilo Marotz hält derzeit einen erhöhten Baranteil in seinem Dachfonds. „Dafür, dass wir zum Beispiel Hochzinsanleihen irgendwann mit deutlich höheren Renditen einkaufen können, zahlen wir im Zweifel auch die vergleichsweise geringen Minuszinsen. Warten ist manchmal ein wichtiger Teil unserer Arbeit“, so der Portfoliomanager der Privatbank Donner & Reuschel. Aber er bestätigt auch: „Niemand will Cash, es ist die wahrscheinlich meistgehasste Anlageklasse zurzeit.“