Strafrechtliche Konsequenzen vermeiden Steuerpflichten beim Erben von Kryptowährungen

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Hinsichtlich des zu versteuernden Wertes gilt das Stichtagsprinzip. Das bedeutet, dass der Wert der Kryptowährung exakt für den Tag festzustellen ist, an dem die Schenkung stattgefunden hat. Gleiches gilt für den Erbfall. Es dürfte der sogenannte gemeine Wert zugrunde zu legen sein, im Ergebnis also der Marktwert – so hat sich kürzlich auch das Bayerische Landesamt für Steuern geäußert. Dies führt aber zu praktischen Problemen: Aufgrund der hohen Volatilität der Kurse und den unter Umständen erheblichen Unterschieden zwischen den verschiedenen Handelsplattformen ist ein exakter Kurs schwer feststellbar. Auch gibt es aktuell noch keine gesetzlichen Regelungen oder Verwaltungsäußerungen, an denen man sich zur Ermittlung des Marktwertes orientieren könnte.

Da ein exakter Kurs unter Einbeziehung aller Handelsplattformen praktisch nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist, dürfte auf einen Mittelwert zurückzugreifen sein. Beispielsweise könnten hierfür einige große Handelsplattformen herangezogen werden, um aus diesen einen Durchschnitt zu bilden. Welche beziehungsweise wie viele das sein sollten, sollte mit der Finanzbehörde abgestimmt werden. Eine gute Kommunikation ist hier unerlässlich, um zu einer tragfähigen und realitätsgerechten Lösung zu kommen.

Fand der Erwerb zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die erworbenen Coins noch deutlich werthaltiger waren als zum späteren Zeitpunkt einer möglichen Steuerzahlung, ist aufgrund des Stichtagsprinzips grundsätzlich dennoch der höhere Wert zum Erwerbsstichtag zu versteuern. Im Einzelfall kann aber eine Steuerminderung aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen.

Zu beachten ist, dass den Erwerber – der Erbe beziehungsweise Beschenkte – gegenüber dem Finanzamt eine Anzeigepflicht trifft. Wird diese missachtet, drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Auch wenn das Verschenken und – erst recht – das Vererben von Kryptowährungen den meisten Anlegern nicht zuerst in den Kopf kommen wird, dürfte es doch mehr und mehr zum Thema werden. Zu einer seriösen Storage-Planung gehören nicht nur die sichere Verwahrung und der Schutz vor Hackerangriffen, sondern auch die Regelung für den Fall, dass man nicht mehr selbst auf seine Coins zugreifen kann. Nicht zuletzt die jüngste Äußerung der bayerischen Finanzverwaltung zeigt, dass auch der Fiskus beginnt, sein Augenmerk auf die erbschaft- und schenkungssteuerlichen Aspekte von Kryptowährungen zu legen.


Über den Autor:
Dr. Marcus Niermann ist seit November 2017 als Associate bei P+P Pöllath+Partners in Berlin im Bereich Nachfolge und Vermögen tätig. Er berät vermögende Privatpersonen in Fragen der Wegzugsbesteuerung, weiteren grenzüberschreitenden (Steuer-)Rechtsfragen sowie im Erb- und Erbschaftsteuerrecht.

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