Storytelling im Private Banking, Teil 4 „Sei du selbst – jeder andere ist schon vergeben!“

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Paulus' Erfolgsfaktor 3: Das Produkt einfach machen

Einfachheit ist eine große Kunst. Kompliziert wird es schon früh genug. Hinzu kommt, dass wichtige Leute – die auch vermögend sind – wenig Zeit haben. Bei denen müssen Sie in einem kurzen Zeitraum Ihre Elevator Speech platzieren, in der Sie sich als unentbehrlich für den Job verkaufen.

Sie müssen kurz, knapp und präzise sein -  und trotz allem begeistern. Paulus, als Vertriebsfachmann, brauchte man das nicht zu sagen. Er wusste, dass sich ein zu komplexes Produkt oder eine zu verschachtelte Botschaft nicht erfolgreich an alle verkaufen lässt, ebenso wenig wie ein umständlich faselnder Langweiler es schaffen würde, in einer maximal fünfminütigen Elevator Speech zu überzeugen.

Paulus entfernte umfangreiche Gesetze des Judentums aus der christlichen Lehre, wie zum Beispiel die Beschneidung, Nahrungsvorschriften und komplizierte Anleitungen zum Tempelbau und stellte allein den Glauben als wichtigstes Zugehörigkeitskriterium in den Vordergrund.

Mit diesem Fokus auf die Einfachheit der Implementierung und der Öffnung auf alle Volksgruppen erschuf er nicht nur ein übergreifendes Zusammengehörigkeitsgefühl aller Christen, er entwarf damit auch eine massentaugliche Discounter-Strategie, vergleichbar mit Aldi und Lidl.

Durch globale Reichweite, Ausweitung der Zielgruppen und radikaler Vereinfachung von dem, was er anbot, baute er ein globales Netzwerk des Glaubens, das überall jedermann offen stand – zwei Jahrtausende vor McDonalds und Wal-Mart.

Die Zeit war ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Schnell war für Paulus besser als langsam. Und so gab er auch ordentlich Gas. Da er fest mit der Ankunft des Antichristen rechnete, die sich in kurzer Zeit nach dem Tod und der Auferstehung Christi ereignen sollte, war Eile das Gebot der Stunde. Wer nicht in die Hölle wollte, musste sich taufen lassen - und zwar einfach, und zwar schnell.

Sprüche wie Time is money oder die zeitlich befristeten Angebote, die wir aus Banken kennen ("Bausparaktion bis 31.12."), sie finden ihren Ursprung in der frühen Organisation des Christentums.

Und zuletzt: Sei du selbst – jeder andere ist schon vergeben!

Bei all den Überlegungen, wie Sie sich Entscheidern nähern sollten oder wie Sie dort hinkommen, wo die Action ist, sollten Sie allerdings zwei Dinge nicht verlieren: Authentizität und Integrität. Niemand wird Ihnen glauben, dass Sie es wirklich ernst meinen mit Ihren Zielen, wenn Sie wie ein Wendehals wirken, der jedem nach dem Mund redet.

Die wenigsten Entscheider sind dort hingekommen, wo sie heute sitzen, weil sie als Kopien von anderen agierten. Auch Paulus, dem es ja darum ging, seine Botschaft an möglichst viele, möglichst überall und möglichst schnell zu verbreiten, war alles andere als opportun. Zeitlebens arbeitete er als Sattelmacher, um seinen Unterhalt selbst bestreiten zu können und nicht von Gönnern oder Scharlatanen abhängig zu sein.

Hätte er Geschenke angenommen, hätte er seine Vision vom Christentum und sein Ziel der globalen Kirche zugunsten der Geldgeber verbiegen müssen. Das wiederum hätte die Ernsthaftigkeit seines Glaubens und seine Integrität in Frage gestellt, was wiederum die gesamte Unternehmung in Gefahr gebracht hätte. Paulus war so, wie Private Banking auch sein sollte: Erfolgreich, profitabel und nachhaltig.

Dies schaffte er, indem er nur das verkaufte, was er auch selbst kaufen würde. Oder besser: Bereits gekauft hatte. 

Der längste Weg ist der Weg vom Kopf zum Herz. Denn wenn wir etwas verstanden haben, heißt das noch lange nicht, dass wir es auch emotional begreifen, dass wir dahinter stehen, dass wir es, wie man so schön sagt, internalisieren. Die meiste Kommunikation allerdings, die wir heute im Unternehmen hören, zielt nur auf den Kopf.

Und da bleibt sie auch. Mit gutem Storytelling schaffen Sie Bilder. Bilder schaffen es ins Herz. Und der Weg vom Herz zur Hand – also zur Implementierung – ist kürzer als der Weg vom Kopf zur Hand.

Wer gute Storys erzählt und eine gute Dienstleistung anbietet, kann Kunden besser, nachhaltiger und erfolgreicher bedienen. Und wer das tut, kann Story dann schließlich auch so schreiben: $tory.


Über den Autor:
Dr. Veit Etzold arbeitet für Banken, in der Strategieberatung und als Programm-Direktor in der Executive Education. Unter anderem berät er Firmen in Fragen des Storytellings und der strategischen Positionierung. Ebenso ist er Autor von zahlreichen Thrillern wie „Final Cut“. Sie erreichen den Autor unter [email protected] und mittels www.veit-etzold.de.

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