Stiftungsvermögen und Kapitalerhalt Wie ein Begriff für Verwirrung sorgt

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Für die Frage des Vermögenserhalts ist letztere Größe in zweierlei Hinsicht aber nicht aussagekräftig. Zum einen verändern sich Depotwerte und geben fast nie exakt die anfangs eingebrachten Gelder nebst den zu erhaltenden Zustiftungen wieder. Zum anderen sind diese eingelegten Gelder selten vollständig allokiert. Fast immer liegt ein kleiner Teil nicht angelegten Stiftungsvermögens auf dem Verkehrskonto einer Stiftung.

Ebenso herrscht oftmals Unklarheit über die Vorgaben zum Vermögenserhalt in den Stiftungssatzungen. Standardformulierungen wie „das Vermögen ist in seinem Bestand zu erhalten“ werden häufig aus Mustersatzungen übernommen. Sie sind nach vorherrschender Auffassung als Pflicht zur realen Vermögenserhaltung zu verstehen. Das ergibt sich aus der Definition der Stiftung, nach der mit den Erträgen die „dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert“ sein muss.

Nachvollziehbarerweise kann eine Stiftung ihre Zwecke nur auf Dauer erfüllen, wenn das Kapital real erhalten wird. Dass Stiftungsaufsichten in der Verwaltungspraxis mitunter den nominalen Kapitalerhalt akzeptieren, sollte nicht dazu führen, sich hiermit einfach zu begnügen. Denn genau betrachtet ist eine Stiftung, die sich dem nominalen Kapitalerhalt verschreibt, der Sache nach eine Verbrauchsstiftung, da ihre finanzielle Leistungsfähigkeit allmählich nachlässt.

Stiftern steht es allerdings frei, ein anderes Erhaltungskonzept in der Satzung festzulegen – bis hin zur Verbrauchsstiftung. Ein vielfach nicht genutzter Gestaltungsspielraum besteht darin, einer Stiftung einen Zeitraum vorzugeben – beispielsweise fünf Jahre langen –. In diesem sollte der Vermögenserhalt angestrebt werden. Damit hat die Stiftung die Chance, schwierige Marktphasen auszusitzen, ohne sich den Vorwurf eines Verstoßes gegen das Erhaltungsprinzip gefallen lassen zu müssen.

Nach der Gründung das Kapitalerhaltungskonzept abzuändern, ist grundsätzlich nicht mehr möglich. Dies soll den Protokollen der Arbeitsgruppe zur Reform des Stiftungsrechts zufolge so bleiben. Dort heißt es, dass es einem Stiftungsgründer zuzumuten sei, sich zum Zeitpunkt der Gründung zum Kapitalerhaltungskonzept ausreichend Gedanken zu machen und sich daran auch zu binden. Ob dieses bei Gründungen in der Praxis wirklich ausreichend thematisiert wird, sei dahingestellt.

Wenn zu hören ist, man könne eine Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung umwandeln, ist das so nicht ganz richtig. Eine Stiftung kann man auflösen und in diesem Zuge ihr Vermögen abschmelzen, wenn die Umsetzung des Stiftungszwecks mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr möglich scheint. In der Praxis müssen die Handelnden dies aber sehr gut begründen, um die Auflösung bei der Stiftungsaufsicht erfolgreich durchzusetzen.