Stiftungsstandort Liechtenstein Die „Foundation Governance“ ist entscheidend

Thorsten Klinkner von Unternehmerkomposition: „Family Office und Stiftungsmanagement können nach meinen Erfahrungen gut miteinander verzahnt werden.“

Thorsten Klinkner: „Family Office und Stiftungsmanagement können nach meinen Erfahrungen gut miteinander verzahnt werden.“ Foto: Unternehmerkompositionen

Der Stiftungsstandort Liechtenstein gewinnt in der Vermögensnachfolgeplanung komplexer Vermögen und international verzweigter Familien weltweit zunehmend an Bedeutung, denn das liechtensteinische Stiftungsrecht umfasst zahlreiche Merkmale, die Stiftungs-Strukturen in Liechtenstein attraktiv machen. Hierzu zählt insbesondere die Flexibilität in der Ausgestaltung einer maßgeschneiderten Foundation Governance. Das bringt für Stifter in dem kleinen Fürstentum zahlreiche Vorteile – auch wenn dies nicht alle so sehen.

Die Gastautoren des private banking magazins, Stefan Fritz und Christoph Mecking, sind beispielsweise der Meinung, dass das Stiftungsmanagement durch einen qualifizierten Treuhänder, das in Liechtenstein Pflicht ist, störend ist, wenn seitens des Stifters bereits organisatorische Strukturen, etwa in Form eines Family Office, vorhanden sind.

Der Hintergrund: Das liechtensteinische Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) schreibt vor, dass in einer liechtensteinischen Stiftung zwingend ein dort lizenzierter Treuhänder (Artikel 180a „PGR-Qualifikation“) Mitglied des Geschäftsführungsorgans sein muss, das die Stiftung nach außen im Rechtsverkehr vertritt, das heißt dem sogenannten Stiftungsrat.

 

Das ist ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland: Hierzulande können Stifter die Organe der von ihnen errichteten Stiftungen grundsätzlich besetzen, mit wem sie wollen, während in Liechtenstein auch dann die Einsetzung eines qualifizierten Treuhänders notwendig ist – wenn bereits institutionelle Strukturen wie ein Family Office bestehen.

Ich habe selbst Stiftungs-Strukturen in Liechtenstein mit der Übertragung einer Family Office Struktur gestaltet. Family Office und Stiftungsmanagement können nach meinen Erfahrungen gut miteinander verzahnt werden. Der Schlüssel hierzu ist eine maßgeschneiderte Foundation Governance. Ergänzend zum Stiftungsrat ist die Überwachung durch einen Kurator, Protektor oder Beirat möglich. Die Rechte und Pflichten können dabei in zahlreichen Varianten und Kombinationen individuell ausgestaltet werden.

 

Auch weitere, vom gewählten Treuhandunternehmen unabhängige Stiftungsratsmitglieder können eingesetzt werden. Die Flexibilität lässt Gestaltungsraum offen. Das befürworten nicht alle Treuhänder. Wie in jedem Berufsstand gibt es dienstleistungsorientierte Qualitätsanbieter und leider auch „schwarze Schafe“. Neben der sorgfältigen Auswahl des Treuhandunternehmens ist daher eine sorgfältige Foundation Governance zur langfristigen Sicherung des Stifterwillens zentral.

Maßgeschneiderte Foundation Governance

Foundation Governance bezieht sich auf die Maßnahmen und Kontrollen, die eingerichtet werden, um sicherzustellen, dass eine Stiftung konsequent im Einklang mit den Absichten des Stifters arbeitet, und um sie vor Missmanagement und Interessenkonflikten zu schützen.

Im Gegensatz zu Unternehmen haben Stiftungen keine Eigentümer beziehungsweise Gesellschafter. Es handelt sich um ein rechtlich verselbständigtes Zweckvermögen, das von mindestens zwei sogenannten Stiftungsräten – entsprechend dem Vorstand einer deutschen Stiftung – verwaltet wird. Diese einzigartige Eigenschaft ohne privates Eigentum erfordert eine langfristig robuste Governance-Struktur, um sicherzustellen, dass alle Stiftungsorgane ausschließlich im Interesse der Stiftung und gemäß den Wünschen des Stifters handeln. Dabei kann zwischen externen und internen Maßnahmen differenziert werden.

Externe Governance

Externe Governance umfasst die Aufsicht durch Regulierungsbehörden und gerichtliche Instanzen. In Liechtenstein ist der primäre externe Governance-Mechanismus die Stiftungsaufsicht, die Teil des Amtes für Justiz ist.

Stiftungsaufsicht

Die Stiftungsaufsicht in Liechtenstein überwacht insbesondere das Stiftungsmanagement gemeinnütziger Stiftungen. Privatnützige Familienstiftungen unterliegen nicht generell der Aufsicht, es sei denn, der Stifter will die Stiftung freiwillig der Aufsicht unterstellen.

Wenn sich der Stifter einer Familienstiftung für die Aufsicht entscheidet, erhält die Behörde insbesondere die folgenden Rechte:

  • Informationsrecht
    Die Behörde kann detaillierte Informationen über die Aktivitäten der Stiftung anfordern

  • Einsicht in die Bücher
    Die Stiftungsaufsicht hat das Recht, die Bücher und Geschäftspapiere der Stiftung einzusehen

  • Prüfung des Prüfberichts
    Die Behörde kann entweder selbst die Prüfung der Tätigkeit des Stiftungsrates übernehmen oder eine Revisionsstelle damit beauftragen. Die Behörde überprüft die Prüfberichte, die von der Revisionsstelle der Stiftung erstellt wurden.

Obwohl die Aufsichtsbehörde Maßnahmen empfehlen und Untersuchungen einleiten kann, fehlt ihr die Befugnis, Maßnahmen direkt im Wege des Verwaltungszwangs durchzusetzen. Stattdessen kann die Stiftungsaufsicht in einem zweistufigen Prozess ein gerichtliches Verfahren beim Landgericht in Vaduz einleiten, das dann Sonderprüfungen anordnen, Beschlüsse aufheben oder sogar Stiftungsorgane abberufen kann.

Interne Governance

Interne Governance umfasst die internen Kontrollmechanismen, die sicherstellen, dass das Stiftungsmanagement im Einklang mit den Statuten der Stiftung und den Wünschen des Stifters handelt.

 

Rechte der Stiftungsbeteiligten

Alle Beteiligten – Stifter und Begünstigte – haben nach dem liechtensteinischen Stiftungsrecht bestimmte Rechte, sofern sie nicht spezifisch durch die Statuten der Stiftung eingeschränkt sind. Diese Rechte umfassen:

  • Einsichtsrecht:
    Beteiligte können die Bücher und Aufzeichnungen der Stiftung einsehen, entweder persönlich oder durch einen Vertreter

  • Gerichtliche Maßnahmen:
    Wie die Stiftungsaufsicht können Beteiligte beim Landgericht in Vaduz gerichtliche Maßnahmen beantragen, um den Stifterwillen sicherzustellen. Dies umfasst Anträge auf Sonderprüfungen, die Aufhebung von Beschlüssen und die Durchführung von Korrekturmaßnahmen

Es hat sich in der Praxis bewährt, diese Rechte insbesondere durch einen sogenannten „Protektor“ oder „Kurator“ wahrzunehmen und sicherzustellen. Als Protektor wird dabei regelmäßig ein oder mehrere Vertraute(r) des Stifters beziehungsweise der Stifterfamilie eingesetzt.

Best Practice zur Gestaltung der Foundation Governance

Als Grundlage einer langfristig stabilen Governance Struktur empfehle ich die folgenden Maßnahmen:

  • Klarer Stifterwille
    Grundlage der gesamten Stiftungstätigkeit ist ein sorgfältig reflektierter und präzise formulierter Stifterwille. Die Entwicklung eines klaren Stifterwillens sollte in der Beratungspraxis der zentrale Aspekt sein

  • Sorgfältige Auswahl eines professionellen Stiftungsmanagements
    Stifter sollten einen „Dienstleister“ im wortwörtlichen und besten Sinn auswählen. Jemanden, der nach seinem Selbstverständnis der dauerhaften Verwirklichung des Stifterwillens dient

  • Kontrolle durch einen Protektor
    Etablierung eines kompetenten Protektors, der mit Informations- und Vetorechten den Stifterwillen absichert

  • Kontinuierliche Treffen mit dem Stiftungsmanagement
    Sinnvoll sind regelmäßige Treffen der Begünstigten mit dem Stiftungsrat und dem Protektor, um auf diese Weise stetig die Entwicklung des Nachfolgekonzepts zu diskutieren

In Liechtenstein besteht Rechtssicherheit zur Durchsetzung des Stifterwillens und der Foundation Governance

Ergänzend wird in dem von mir anfangs erwähnten Gastbeitrag generell die Rechtssicherheit des Stiftungsstandorts Liechtenstein in Frage gestellt. Angegeben wird das Beispiel eines Begünstigten einer von einem Deutschen in Liechtenstein errichteten Stiftung, der sich gerichtlich gegen seine Abberufung als Stiftungsratsvorsitzender zur Wehr gesetzt und verloren hatte.

Aus diesem singulären Vorgang eine Generalkritik an der Rechtssicherheit der liechtensteinischen Stiftung abzuleiten, ist nach meiner Praxiserfahrung nicht überzeugend. Der qualifizierte Treuhänder ist in Liechtenstein zunächst der Finanzmarkaufsicht (FMA) unterstellt. Die Zulassungskriterien sind analog einer Wirtschaftsprüfungs- oder Anwaltskanzlei und deren ständige Einhaltung wird kontinuierlich überwacht.

Ihn treffen zudem umfangreiche Sorgfaltspflichten, insbesondere zur Verhinderung der Geldwäsche, welche die Prüfung der Vertragspartner, Herkunft der Vermögenswerte sowie ständige Kontrolle der Transaktionen beinhaltet. Auf der Website der FMA finden Interessierte hierzu umfangreiche Informationen.

Gerade die strengen Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung in Liechtenstein tragen zu einem robusten rechtlichen Rahmen bei, der in meinen Augen internationale Standards übertrifft und für Vertrauen bei allen Beteiligten sorgt. Diese internationalen Standards werden kontinuierlich von unabhängigen internationalen Organisationen geprüft.

 

Probleme bei „Altstiftungen“

Ein Verstoß gegen den Stifterwillen und die Foundation Governance hat zudem zivilrechtliche Konsequenzen. Die Verletzung der treuhänderischen Pflichten kann schließlich zum Entzug der Lizenz führen und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Maßgebliche Grundlage einer wirksamen Foundation Governance und der gesamten Stiftungstätigkeit ist ein klarer Stifterwille. Hier liegt auch ein zentrales Problem bei „Altstiftungen“, die ohne einen dokumentierten Stifterwillen gegründet und geführt wurden. In diesen Fällen kommt es nicht selten nach dem Tod des Stifters zu Unklarheiten und Diskussionen. Es fehlt der Kompass.

Diesen Kompass zu reflektieren und festzulegen, ist die Hauptaufgabe des Stifters.

Der Stifter legt die Begünstigten der Erträge aus dem Stiftungsvermögen fest

Artikel 552 §§ 1 bis 41 PGR regelt eindeutig den privatnützigen Stiftungszweck: „Eine privatnützige Stiftung im Sinne dieses Abschnitts ist eine solche, die nach der Stiftungserklärung ganz oder überwiegend privaten oder eigennützigen Zwecken zu dienen bestimmt ist. Das Überwiegen ist nach dem Verhältnis der den privatnützigen Zwecken zu den gemeinnützigen Zwecken dienenden Leistungen zu beurteilen. Steht nicht fest, dass die Stiftung in einem bestimmten Zeitpunkt ganz oder überwiegend privatnützigen Zwecken zu dienen bestimmt ist, so ist sie als gemeinnützige Stiftung anzusehen.“

Als privatnützige Stiftungen kommen laut PGR insbesondere zwei Arten von Stiftungen in Betracht. Bei reinen Familienstiftungen dient das Stiftungsvermögen ausschließlich der Bestreitung der Kosten der Erziehung oder Bildung, der Ausstattung oder Unterstützung von Angehörigen einer oder mehrerer Familien oder ähnlichen Familieninteressen. Gemischte Familienstiftungen wiederum sind Stiftungen, die überwiegend den Zweck einer reinen Familienstiftung verfolgen, ergänzend hierzu aber auch gemeinnützigen oder anderen privatnützigen Zwecken dienen.

Der Stifter legt die Begünstigten der Erträge aus dem Stiftungsvermögen fest. Als Begünstigter gilt laut PGR diejenige natürliche oder juristische Person, die mit oder ohne Gegenleistung tatsächlich, unbedingt oder unter bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen, befristet oder unbefristet, beschränkt oder unbeschränkt, widerruflich oder unwiderruflich, zu irgendeinem Zeitpunkt während des Rechtsbestands der Stiftung oder bei ihrer Beendigung in den Genuss eines wirtschaftlichen Vorteils aus der Stiftung (Begünstigung) kommt oder kommen kann.

Sinnhaftigkeit und erforderliche Erstausstattung bei Gründung

Der langfristige Erfolg einer Stiftung hängt entscheidend von ihrer rechtlichen und organisatorischen Struktur ab. Strukturen, die gegen andere gerichtet sind, erweisen sich unabhängig vom Standort als angreifbar und instabil. Eine sinnvolle Familienstiftung wirkt nicht gegen, sondern langfristig für die begünstigte Familie.

Die teilweise in Medien in überspitzten Überschriften unterstellte Annahme, dass nur „superreiche“ Stifter in Liechtenstein tätig werden können, ist offensichtlich unzutreffend. Bereits mit einem überschaubaren Gründungskapital von etwa 30.000 Euro beziehungsweise Schweizer Franken oder US-Dollar lässt sich eine Stiftung mit Sitz in Liechtenstein ins Leben rufen, die den individuellen Wünschen und Zielen des Stifters entspricht.

Bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit steht weniger die Vermögensgröße als vielmehr der klare Wille des Stifters und eine wirtschaftlich durchdachte Strategie im Vordergrund. Entscheidend ist, dass die Stiftung eine langfristige Vision verfolgt, die auf den Kernideen und Werten des Stifters basiert, um Stabilität und Flexibilität gleichermaßen zu gewährleisten. Insbesondere zur Gestaltung der Vermögensnachfolge und zum generationenübergreifenden Vermögensschutz.

 

Liechtenstein bietet dafür nicht nur ein solides rechtliches Fundament, sondern auch eine wirtschaftsfreundliche Umgebung, die den Aufbau und die Verwaltung von Vermögen über Generationen hinweg ermöglicht. Vor diesem Hintergrund ist auch ein schrittweiser wirtschaftlicher Aufbau möglich, indem zum Beispiel eine zu Lebzeiten errichtete Stiftung als Erbin für bestimmte Vermögenswerte eingesetzt wird.

Aufwand und Nutzen

Neben den flexiblen stiftungsrechtlichen Mechanismen hat eine Stiftungserrichtung in Liechtenstein auch steuerliche Vorteile. Die liechtensteinische Familienstiftung unterliegt mit ihrem Reingewinn einer Ertragsteuer von 12,5 Prozent, während in Deutschland eine Körperschaftssteuerhöhe von 15 Prozent erhoben wird. Dividenden, ausländische Erträge aus Land- und Forstwirtschaft, ausländische Betriebsstättenergebnisse sowie ausländische Kapitalgewinne aus der Veräußerung von Grundstücken sind steuerfrei.

In Liechtenstein unterliegt die Stiftung keiner der deutschen Gewerbesteuer vergleichbaren Steuer. Quellensteuern auf Ausschüttungen an Begünstigte werden nicht festgesetzt. Eine Erbschafts- und Schenkungsteuer wird in Liechtenstein nicht erhoben. Damit erfolgt in der liechtensteinischen Familienstiftung Vermögensaufbau außerhalb der Erbschaftsteuer – ein großer Unterschied zu Deutschland, wo alle 30 Jahre mit der Erbersatzsteuer ein steuerpflichtiger Vermögensübergang auf zwei Kinder fingiert wird.

Sicher, die Bestellung des Stiftungsrats erscheint etwas aufwändiger als in Deutschland, und auch einwandfreie Dokumente sind wichtig für einen rechtssicheren Rahmen. Aber dieser Aufwand ist durch die möglichen positiven Folgen der Stiftungserrichtung in dem Alpenstaat durchaus gerechtfertigt.

Aufgrund der hochsoliden Staatsfinanzen drohen in Liechtenstein keine Steuern auf die Vermögenssubstanz und generell steht Liechtenstein als liberaler Staat für ein etabliertes Rechtssystem mit starkem Eigentumsschutz. Schließlich kann ein professionelles Stiftungsmanagement auch eine erhebliche administrative Entlastung für die begünstigte Familie bewirken.

 

Es stellt sich also die Frage der Abwägung zwischen Aufwand und Nutzen. Der Stiftungsstandort Liechtenstein sollte daher keinesfalls von vornherein aufgrund einzelner Faktoren aus den Überlegungen von (potenziellen) Stiftern ausscheiden. Es hängt immer von Einzelfall und den entsprechenden Wünschen und Zielen ab.

Über den Autor

Thorsten Klinkner ist Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Gründer und Geschäftsführer der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft Unternehmerkompositionen. Das Unternehmen ist auf die Errichtung und Beratung von Stiftungs-Strukturen zur Unternehmenssicherung und Vermögensnachfolge in Deutschland und Liechtenstein spezialisiert.

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