Mark Pawlytta von KPMG Stiftungsrechtsreform: „Der flexible Einsatz des Vermögens wird leichter“

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Mark Pawlytta von KPMG
Stiftungsrechtsreform: „Der flexible Einsatz des Vermögens wird leichter“
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Mark Pawlytta von KPMG über das neue Stiftungsregister

Mark Pawlytta von KPMG über das neue Stiftungsregister: „Gerade weil diese Informationen für einen häufig geforderten Nachweis der Vertretungsberechtigung nicht erforderlich sind, empfiehlt es sich, Stiftungsdokumente so zu gestalten, dass nur zwingend notwendige Informationen enthalten sind.“ Foto: KPMG

Anstelle der bisherigen Landesstiftungsgesetze der Bundesländer schafft der Gesetzgeber jetzt bundeseinheitliche Rechtsvorschriften für Stiftungen. Dabei sind diese für zukünftige und bereits bestehende Stiftungen bedeutsam. Der noch verbleibende Zeitraum bis zum 1. Juli 2023 bietet ihnen und den Stiftern die Gelegenheit, sich auf das neue Recht vorzubereiten. Neben veränderten Gründungsvoraussetzungen wird es neue Regeln zum Vermögen, zur Satzungsänderung, zur Haftung der Gremien, zum Fusionsrecht und zur Transparenz von Stiftungen bringen. Dieses neue Recht gilt für gemeinnützige Stiftungen und Familienstiftungen sowie für Unternehmensträgerstiftungen und unternehmensverbundene Stiftungen.

Da Satzungsänderungen regelmäßig einige Vorlaufzeit benötigen – Abstimmung innerhalb der Stiftungsgremien, mit der Stiftungsaufsicht und gegebenenfalls mit dem Finanzamt –, ist Eile geboten, wenn Stiftungen ihre Satzungen an die Reform anpassen möchten. Belassen sie ihre Satzung unverändert, könnte diese ab dem 1. Juli 2023 im Widerspruch zum neuen Gesetzesrecht stehen. Es ist noch unklar, ob dann stets das Gesetzesrecht – wie es schon manche Stiftungsaufsicht behauptet – oder die Satzungsbestimmung maßgeblich sein wird. Ein für Stiftungsvorstände misslicher Zustand, der verhindert werden sollte.

Einheitliches Vermögenskonzept

Das bundeseinheitliche Konzept des Stiftungsvermögens besteht aus dem Grundstockvermögen, also dem „unantastbaren Kernvermögen“, und dem sonstigen Vermögen. Zum Grundstockvermögen gehören das bei Errichtung der Stiftung gewidmete Vermögen und spätere Vermögenszustiftungen. Positiv zu bewerten ist die gesetzliche Klarstellung, dass Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens – sogenannte Umschichtungsgewinne – nun grundsätzlich zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden können. Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn die Verwendung in der Stiftungssatzung ausdrücklich ausgeschlossen wird oder die Erhaltung des Grundstockvermögens nicht gesichert ist.

 

 

 

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Der flexible Einsatz des Vermögens wird für viele Stiftungen damit leichter möglich und eine Fehlerquelle, die in der aktuellen Praxis des Vermögensmanagements zu beobachten ist, ausgeschlossen. Viele Satzungen bestehender Stiftungen enthalten jedoch keine eindeutigen Angaben darüber, wie Umschichtungsgewinne zu behandeln sind, also ob, wann und in welchem Umfang diese für die Erfüllung der Stiftungszwecke eingesetzt werden dürfen. Um ab Juli 2023 Diskussionen mit der Stiftungsaufsicht und dem Finanzamt über die Satzungen bestehender Stiftungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, eine klarstellende Regelung in der Satzung zu treffen.

Die Business Judgement Rule

Zukünftig gibt es neue Handlungsspielräume hinsichtlich der Haftungsmaßstäbe für Stiftungsorgane. Neben den bislang geltenden Grundsätzen wird ergänzend die Business Judgement Rule eingeführt, welche einen haftungsfreien Ermessensspielraum der Organmitglieder gewährt. Danach liegt zukünftig keine Pflichtverletzung eines Stiftungsorgans vor, wenn dieses bei der Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben die gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben beachtet und auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Stiftung handelt.

Das Haftungsrisiko von Stiftungsorganen, die oftmals ehrenamtlich tätig sind, wird dadurch reduziert. Im Übrigen ist eine Anpassung und Beschränkung von Haftungsmaßstäben der Organmitglieder zukünftig per Satzung möglich. Dies gilt bei der Errichtung einer Stiftung und für bestehende Stiftungen. Erfahrungsgemäß bewegt viele Vorstände und Kuratoriumsmitglieder die Frage, in welchen Situationen es zu einer Haftung kommen könnte. Die neuen Handlungsspielräume sollten deshalb geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden.